Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 116
ausgezeichnete Theater wie das Serapionstheater oder die Gruppe 80
werden aufgelöst, entmündigt und entmachtet.
Die Jury, die das alles entscheidet, wurde einseitig ideologisch
zusammengesetzt und sie hat auch gar keine Ahnung von der Wiener
Theaterlandschaft. Viele der Mitglieder sind gar nicht aus Wien. (GR Ernst Woller: Wo lebst du?) Und sie
will auch in Zukunft noch mehr ausländische Gruppen nach Wien bringen. Das ist
der Wunsch. Es steht der Jury gar nicht zu, dass sie solche Wünsche äußert. Sie
soll eigentlich nur darüber befinden, wie die Mittel vergeben werden. Aber sie
hat eine durchaus ideologische Ausrichtung. Sie wünscht, dass in Zukunft noch
mehr ausländische Gruppen nach Wien gebracht werden. Sehr geehrte Damen und
Herren, diese Missachtung des heimischen kreativen Potentials wird von uns ganz
besonders abgelehnt!
Wir finden, auch bei der Vorbereitung für das Mozartjahr 2006 ist
das ganz besonders auffallend. Wir haben darüber schon öfters geredet. Es gibt
die so genannte Peter-Sellars-Schiene, für die allein
10 Millionen EUR gewährt wurden. Diese Peter-Sellars-Schiene wird vom
Verkaufsstrategen Peter Sellars so verkauft, dass es nichts mit Mozart zu tun
haben soll. Also es wird ganz offen gesagt, das soll mit Mozart nichts zu tun
haben. Es wird ausschließlich das gezeigt, was Peter Sellars will. Es wird
sozusagen ein Peter-Sellars-Festival. Er sagt auch, er will gar nicht genau
sagen, was er eigentlich vorhat, weil auch das nicht notwendig ist. Wir haben
jetzt das Jahr 2005 und wir wissen noch immer nicht, was eigentlich
nächstes Jahr gezeigt wird. Wir wissen nur aus einem
"profil"-Interview von einem chinesischen Film über die chinesische
Kulturrevolution, wir wissen etwas von einem neuseeländischen und
kambodschanischen Tanzabend oder von einem afrikanischen Film über den
Bürgerkrieg in Westafrika.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben einen Antrag
ausgearbeitet. Da im April 2005 ein Aufsichtsrat mit dem früheren
SPÖ-Kulturminister als Präsidenten installiert wurde, fordern wir, dass die
Wiener Festwochen dem Kulturausschuss vierteljährliche Berichte vorlegen, damit
ein betriebliches Controlling durch den Gemeinderat gewährleistet ist. Wir
haben den Antrag gestellt, weil Kulturstadtrat Mailath-Pokorny selbst gesagt
hat, der Aufsichtsrat sei als Kontrollorgan notwendig geworden.
Wir Freiheitlichen lehnen die Verschleuderung von Steuergeldern für
obskure Multikultiaktivitäten ab und sind der Meinung, dass die Gelder weitaus
sinnvoller verwendet werden sollen, und zwar dort, wo in Wien wirklich schwere
Versäumnisse da sind, und zwar in Sachen Ausbildung für die Jugend. Seit vielen
Jahren zeigen wir immer auf, dass die Musikerziehung in Wien eine Katastrophe
ist. Hier ist eine Unterdotierung wirklich unverantwortlich. Wien ist, und wir
wissen das alle aus allen Analysen und allen Dokumentationen, im Vergleich zu
anderen Bundesländern, aber auch im Vergleich zum Ausland das absolute
Schlusslicht. Sie kennen die Zahlen. Ich möchte nur einen Vergleich bringen. In
Oberösterreich gibt es 67 Musikschulen mit 55 000 Kindern, die
einen Musikunterricht genießen dürfen. Dafür werden
55,5 Millionen EUR gewährt. In Wien gibt es 14,3 Millionen EUR
und es ist ganz klar, deswegen haben wir auch nur wenige Musikschulen. Wir
haben nur 17. Nicht einmal in jedem Bezirk gibt es eine Musikschule. Und wir
haben leider nicht einmal 5 000 Kinder, die unterrichtet werden
können. Das ist eigentlich den Kindern gegenüber extrem unfair, weil tausenden
Kindern etwas vorenthalten wird, was es sonst überall gibt, nämlich etwas, was
zur Grundausbildung gehört, eine musische Ausbildung. Frau Kollegin Polkorab
lächelt mich jetzt an, weil wir haben das in unserem Ausschuss wirklich schon
oft genug diskutiert und es ist unserer Meinung nach wirklich ein ganz großes
Versäumnis, dass man nicht schon längst in diesem Bereich mehr Gelder gewährt
hat.
Herr StR Mailath-Pokorny, Sie könnten natürlich jetzt sagen: „Das geht
mich nichts an, das ist nicht in meinem Ressort." - Das ist vordergründig
richtig, aber selbstverständlich kann man sich als Kulturstadtrat auch einmal
mit seiner Kollegin zusammensetzen und sagen: „Es geht jetzt um die Zukunft der
Kinder, es geht um die Zukunft des Orchesternachwuchses und es geht auch um die
Zukunft der Musikmetropole Wien. Wir müssen da etwas machen!" - Deswegen
ist es durchaus gerechtfertigt, dass man beim Rechnungsabschluss über diese
Thematik im Bereich der Kultur das Wort ergreift.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben auch hier wieder einen
Antrag gestellt. Wir haben immer wieder Anträge eingebracht. Diesmal geht es
darum, dass man diese drückende Raumnot so schnell wie möglich beseitigt, denn
wir alle wissen, die Kinder werden oft in irgendwelchen Kämmerchen unter
klimatisch schrecklichen Bedingungen oder im Werkraum zwischen Schraubstöcken
unterrichtet. Da muss auf alle Fälle Abhilfe geschaffen werden. Man hat schon
viele Jahre lang versprochen, ein Musikschulkonzept vorzulegen. Das ist bis
jetzt noch immer nicht geglückt.
Deswegen lautet unser Antrag:
„Die Frau amtsführende Stadträtin für Bildung, Jugend, Information und
Sport möge sicherstellen, dass in dem vorzustellenden Musikschulkonzept für die
drückende Raumnot eine Lösung gefunden wird."
Frau StRin Laska ist natürlich nicht da, weil ihr Ressort jetzt nicht
diskutiert wird, auch nicht Rieder und auch nicht Bgm Häupl, aber genau diese
drei Politiker hätten sich seit vielen Jahren schon mit dieser Thematik
beschäftigen müssen. Anstatt sehr viel Geld hinauszuwerfen für Events und für
riesige Feste, wäre es wirklich wichtiger, für eine profunde qualitätsvolle
Ausbildung der Kinder zu sorgen und nicht dann mit leerem Geldbeutel
dazustehen.
Einer unserer Schwerpunkte, und
wir werden nicht müde, das immer wieder zu sagen, ist die Bewahrung unseres
kulturellen Erbes. Wir haben die Meinung, wir haben die Pflicht, das Kulturerbe
an unsere Kinder unversehrt weiterzugeben. Wir sind der Meinung, dass auch
kommende Generationen das Recht auf eine unzerstörte Kulturlandschaft haben.
Wir Freiheitlichen
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