Gemeinderat,
57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 136
Wiedervereinigungskosten, die ja den größten Anteil
an der Misere der deutschen Wirtschaft tragen."
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dem ist nichts
hinzuzufügen. Sie sehen, ein unabhängiges Blatt macht einen Vergleich. Den soll
man sich auch zu Gemüte führen, den kann man ja auch einmal würdigen.
Meine Damen und Herren! Zurück zu Wien. (GR Kurth-Bodo Blind: Aha, sind Sie auch
schon draufgekommen?) Fakten, Fakten. Investitionen sind schon angesprochen
worden. Es sind fast 1,4 Milliarden EUR nur im Kernbereich,
2 Milliarden mit den Unternehmen. Die Investitionsquote ist heute auch
schon genannt worden. Sie ist bei einem geringeren Budget auf 14,2 Prozent
gestiegen. Also ich frage mich nur, wo der Bund seine Investitionen hat. Da
könnten wir wieder einen Vergleich anstellen. Benchmarking ist ja zulässig. Es
ist ja heute schon angesprochen worden, dass er so viel in die Infrastruktur
investiert.
Ich werde Ihnen sagen, wie das im Budget ausschaut.
Die Ausgaben der ausgegliederten Gesellschaften für den Hochbau – das ist der
Bund, bitte – werden von 429 Millionen EUR im Jahr 2005 auf 389 Millionen
EUR gekürzt. Die Ausgaben der ausgegliederten Gesellschaften für die Schiene
bleiben 2006 schon im dritten Budgetjahr konstant bei 1 200 Millionen
EUR eingefroren. Die Ausgaben der ausgegliederten Gesellschaften für die Straße
werden von 1 798 Millionen EUR im Jahr 2005 auf
1 626 Millionen EUR gekürzt. Insgesamt werden daher die Infrastrukturausgaben
des Bundes um 223 Millionen EUR gekürzt. Also man wirft jemandem anderen
etwas vor, aber wenn man selber in der Regierung sitzt, dann geht das meistens
anders. Solche Zahlen sollte man meines Erachtens auch nicht verschweigen,
meine sehr verehrten Damen und Herren.
Schulden: Seit dem Jahr 2000 haben wir eine halbe
Milliarde EUR abgebaut. Wir hatten Ende 2004 – das soll man auch nicht
verschweigen – noch 1 565 Millionen EUR Schuldenstand der Stadt Wien.
Die Schuldenquote beträgt 16,5 Prozent. Aber ich glaube, das kann sich
trotzdem sehen lassen. – Und das, meine sehr verehrten Damen und Herren, soll
schlecht sein?
Wieder ein kleiner Sidestep zum Bund. Seit 2000 gibt
es eine schwarz-blaue Regierung. Da wurde viel versprochen, vor allem keine neuen
Schulden mehr. Aber 14,8 Milliarden EUR neue Schulden, meine sehr
verehrten Damen und Herren, sprechen eine andere Sprache.
Weitere Fakten, die für den
Wirtschaftsstandort Wien sprechen. Bruttoregionalprodukt: Wien: 27 Prozent
mit 60 932 Millionen EUR, pro Kopf sind das 39 300 EUR;
Niederösterreich: 16 Prozent mit 35 429 Millionen EUR oder pro Kopf
25 600°EUR; und Kärnten, das Wunderland Kärnten, das immer so zitiert
wird, hat 12°687 Millionen EUR, das sind 5,7 Prozent, pro Kopf bedeutet
das, wenn man es herunterbricht, 22 700 EUR. Ein sehr deutlicher
Unterschied zum Bruttoregionalprodukt in der Pro-Kopf-Messung.
Anzahl der Unternehmen – auch ein Gradmesser der
wirtschaftlichen Attraktivität: Wien hat 76 279 Unternehmen, das sind
immerhin 22 Prozent aller in Österreich angesiedelten Unternehmen,
Niederösterreich hat 17,7 Prozent, Kärnten gar nur 6,6 Prozent.
Unternehmensneugründungen – nicht attraktiv, hören
wir immer, obwohl auch die Medien etwas anderes behaupten: Wien: 8 248;
27,8 Prozent aller Unternehmer, die ein Unternehmen neu gründen, tun es
hier in Wien; in Niederösterreich sind es 19,3 Prozent; in Kärnten sage
und schreibe nur 6 Prozent. Wunderwirtschaftsland. Außer den Plakaten
"Kärnten blüht auf" gibt es dort nichts, was aufblüht.
Ein weiterer Indikator einer gut florierenden
Wirtschaft ist die Kaufkraft. Die ist heute totgeschwiegen worden, meine sehr
verehrten Damen und Herren. In Wien beträgt sie 115,5 Prozent, in
Niederösterreich 103,7 Prozent und in Tirol, im Heiligen Land Tirol 89,1
Prozent.
Die Zahlen sprechen eine eigene Sprache, und diese
Parameter und noch viele andere mehr – es sind 39 Parameter, das ist heute
schon gesagt worden – sind eben gewisse Qualitätskriterien für eine Bewertung
in der Mercer-Studie, laut der Wien an dritter Stelle im Bereich der
Lebensqualität landet. Das kommt doch nicht von irgendwo her. Und das soll
schlecht sein, meine sehr verehrten Damen und Herren?
Bevor ich zu einem ganz wichtigen Thema, nämlich zum
Thema der Arbeitslosigkeit überleite, darf ich auch noch den Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds erwähnen. Dass dieser Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds ein Motor für Modernisierung und
Internationalisierung der Wiener Wirtschaft ist, ist, glaube ich, heute schon
angeklungen. 45 Millionen EUR direkte Wirtschaftsförderung lösten
345 Millionen EUR zusätzliche Investitionen aus, und das bedeutet –
man braucht sich nur den Bericht anzusehen – 4 800 neue
Beschäftigungsverhältnisse. Jeder einzelne Arbeitsplatz in der heutigen Zeit
ist wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, und jeder einzelne
Arbeitslose ist zu viel. Ich glaube, da gibt es einen Konsens von allen
Parteien hier in diesem Hohen Haus.
Es soll niemand für sich in Anspruch nehmen, dass er
das perfekte Patentrezept zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit besitzt, aber es
gibt schon politische Grundregeln, um sich einer Arbeitslosigkeit
entgegensetzen zu können.
Eine Grundregel ist: Man muss die Kaufkraft erhalten
beziehungsweise erhöhen und nicht kürzen.
Zweite Grundregel: Man muss investieren, und sowohl
die öffentliche Hand als auch die Privatwirtschaft brauchen ein freundliches
Investitionsklima.
Drittens muss man Finanzmittel in die Hand nehmen, um
Qualifizierung und Weiterbildung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sicherzustellen.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist heute schon
einige Male diskutiert worden, in diesem Bereich hat der Bund leider doch
gewisse Versäumnisse und Defizite aufzuweisen. Da brauchen wir nicht lange zu
diskutieren. Wenn von den 4 Milliarden EUR, die wir mit unseren
Arbeitslosenversicherungsbeiträgen einzahlen, nur 620 Millionen EUR
in eine aktive Arbeitsmarktpolitik gehen, da bleibt relativ wenig über, weil
das meiste die
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