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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 104

 

davor gewarnt, dass diese Steuergelder von 10 Millionen EUR veranschlagt werden. Ich meine, das muss man sich einmal vorstellen, das sind - ich muss es leider in einem Schillingbetrag sagen - 140 Millionen ATS für Peter Sellars! Das muss einmal gesagt werden, weil schon 10 Millionen ATS unserer Meinung nach zu viel wären. Dass sie nicht im Sinne Mozarts ausgegeben werden, hat man von Anfang an gewusst. Das hat uns... (GRin Mag Marie Ringler: Woher wissen Sie das? Haben Sie mit ihm geredet?)

 

Weil das Peter Sellars in einigen Interviews gesagt hat (Zwischenruf von GR Ernst Woller), und auch heute: Nein, nicht im Sinne Mozarts ausgegeben. (GRin Mag Marie Ringler: Haben Sie mit Mozart geredet?) Der Herr Stadtrat wird ja auch nicht müde zu erklären, dass das auch gar nicht der Sinn der so genannten Peter-Sellars-Schiene sei. Sie zeugt also vielmehr vom Geschäftssinn Sellars, diese Multikulti‑Schiene, die man mit hochtrabenden Phrasen beschreiben kann - in meinen Augen sind das Verschleierungsparolen -, er hat es ganz gut verstanden, seinen Marktwert zu steigern.

 

Das Passwort "Internationalität" war schon immer ganz günstig, um zu Wiener Steuergeldern zu gelangen, und das hat ja auch Wien zu einer richtigen Abzocker-City gemacht. Es gibt immer findige Kulturmanager von überall auf der Welt, die herausgefunden haben, dass es in Wien sehr viel Geld gibt. Auch die Wiener Festwochen selbst, die ja für das Peter-Sellars-Festival im Rahmen des Mozartjahrs verantwortlich sind, sind so etwas wie ein Selbstbedingungsladen für findige Kulturleute geworden.

 

Die Wiener Festwochen, laut Mailath-Pokorny ein internationales Festival auf höchstem Niveau, dienen ja auch in den letzten Jahren als Lehrstück für die Vereinnahmung einer Kulturinstitution für parteipolitische Zwecke. Luc Bondy - Herr Präsident, Sie können sich genau daran erinnern, wie er damals installiert wurde -, der Chef der Wiener Festwochen, hat ja von allem Anfang an niemanden darüber in Zweifel gelassen, welche Intensionen er hat. Können Sie sich noch alle erinnern? Damals bei der Schlingensief-Aktion hat er ja gesagt: „Am liebsten würde ich jeden Tag eine Aktion gegen die Regierung machen.“ - Eindeutiger kann man ja gar nicht sagen, dass man parteipolitisch vorgeht.

 

Schon StRin Pasterk hat gesagt: „Das Kulturressort ist das Ideologieressort.“ Man hat das schon damals ganz unverhohlen ausgedrückt. Aber die konsequente Einfärbung der Kulturinstitutionen in Wien unter Mailath-Pokorny ist in den letzten Jahren kontinuierlich zu verfolgen und hat in jüngster Zeit mit dem Sowjetstern - ich nenne ihn nun einmal so, und davon steige ich auch nicht herunter -, der als neues Symbol ab September vom Volkstheater leuchten soll, eine Spitze gefunden, auch wenn Sie, Herr Stadtrat, das letzte Mal in der Gemeinderatssitzung, als ich hier eine Anfrage gestellt habe, das natürlich verharmlosen wollten, es ins Lächerliche gezogen haben und gemeint haben, das sei eigentlich ein Weihnachtsstern, ein Stern steht für vieles. (GR Christian Oxonitsch: Darüber haben sich aber alle amüsiert, außer Ihnen!)

 

Na gut, Sie mag das amüsieren. Für viele Menschen ist der fünfzackige rote Stern selbstverständlich der Sowjetstern! (GR Christian Oxonitsch: Alle amüsiert! Jede Zeitung!) Sie können alle darüber lachen, wir werden ja sehen, wie das im September auf die Wienerinnen und Wiener wirken wird. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Die heutigen Theaterleute, die Intendanten wissen auch ganz genau, was sie wollen. Kulturpolitische Entscheidungen werden nicht mehr allein von Ihnen gemacht, Herr Stadtrat. Als Sie es im Vorjahr wagten, mit Martin Kusej konkrete Verhandlungen über die Nachfolge Luc Bondys über die Wiener Festwochen zu führen, die ja auch so weit gediehen waren, dass Kusej schon mit einem Mustervertrag versorgt war, hat Luc Bondy nur ein bisschen indigniert räuspern müssen, er hat nur mit dem Finger schnippen müssen: Man hat Kusej sofort wieder fallen gelassen, man hat den Vertrag sofort bis 2010 verlängert, und quasi als Entschuldigung hat dann Bondy ab 2006 sogar eine Subventionserhöhung von 1 Millionen EUR zugesagt bekommen.

 

Das heißt, in einer Zeit, in der die Klein- und Mittelbühnen kämpfen müssen und sich zu Notgemeinschaften zusammenschließen müssen infolge dieser gescheiterten Theaterreform, dass sie überhaupt irgendwie überleben können, gewährt man Institutionen mit parteipolitischer Ausrichtung satte Erhöhungen. Die Festwochen sind schon längst zu einem Multikulti-Spektakel ohne jeglichen Wien-Bezug geworden. Heuer haben wir 37 internationale Produktionen, und diese forcierte Multikulti-Schiene lässt ja eigene, selbstständige Wiener Identität, also eigenständige Wiener Festwochen, schon lange nicht mehr zu.

 

Man weiß international ganz genau, dass es in Wien viel Steuergeld gibt, und während Künstler aus dem Ausland bedient werden, werden Wiener Künstler – höchstens sie sind mit den Wiener Sozialdemokraten befreundet - ausgehungert. Jüngst wurde Luc Bondy neben seiner Aufgabe als Intendant der Wiener Festwochen noch als zweiter Geschäftsführer installiert; das ist ja auch nicht uninteressant, dadurch hat er noch mehr Einfluss auf Budgetverteilung, Sponsorengelder, Koproduktionspartner. Stéphane Lissner, der Festwochen-Musikchef, ist bekannt dafür, in ein Netzwerk eingebunden zu sein, dass Produktionen wie etwa jene von Luc Bondy an gut subventionierten Plätzen mehrfach vermarktet werden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Obwohl die Deckungsquote der Festwochen skandalös ist - sie ist skandalös gering, sie beträgt 30 Prozent, anderswo würden die Finanziers, also würden die verantwortlichen Politiker schon längst auf die Barrikaden steigen -, schießt man, wenn Bondy das wünscht, noch Gelder zu. Das Gesamtbudget für die Festwochen sind 15 Millionen EUR, wir haben gehört, nächstes Jahr wird das um 1 Million EUR erhöht. Das Festwochenchaos im organisatorischen Bereich wird von Jahr zu Jahr auffälliger. Premieren wurden heuer mehrfach verschoben, einige sind auch ausgefallen. Bondy delegiert die Organisation, obwohl er als Intendant dafür eine Gage bekommt.

 

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