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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 100 von 104

 

Wenn Sie die Kritiken gelesen haben: Professionelle Kritiker sprechen auch von “so manchem Schrott in so manchem Jahr“. Es bekommen die Wiener Festwochen im Vergleich zu anderen Kulturinstitutionen auf der Welt unglaublich viel Geld, sie schöpfen aus dem Vollen, und Luc Bondy hat das ja auch in einem Interview ganz offen gesagt. Er hat gesagt, ich zitiere: „Am Theater sind von allen Künstlern die größten Scharlatane unterwegs." Das hat er ganz offen gesagt.

 

Dem heutigen Akt - das sind die restlichen Gelder der 10 Millionen EUR, nämlich 9 330 000 EUR, die ja für die Durchführung der so genannten Peter-Sellars-Schiene genehmigt werden sollen - stimmen wir Freiheitliche natürlich konsequenterweise weiterhin nicht zu. Ich habe das heute Vormittag in der Fragestunde schon ausgedrückt: Unserer Meinung nach missbraucht Peter Sellars das Mozartjahr in seinem eigenen Interesse. Über seine persönlichen Gagen haben wir auch schon gesprochen, es sind 400 000 EUR. Sein Festival entwickelt sich immer mehr zu einem völlig undurchschaubaren Kultur-Tohuwabohu.

 

Er hat es bis heute noch nicht fertig gebracht, - er hat es auch nicht für notwendig gefunden - ein Programm für das Mozartjahr zu präsentieren - der Stadtrat hat heute Vormittag gesagt, das gehöre mit zur Verkaufsstrategie dazu; sonderbarerweise weiß man sonst ganz genau, was man für die nächsten Jahre plant -, jeder Intendant weiß das. Und dass man immer noch nicht weiß, wie eigentlich das genaue Programm ist, ist unserer Meinung nach skandalös. Wir haben auch heute bei der Beantwortung wieder nur schöne Phrasen und hochtrabende Parolen gehört, Herr Stadtrat.

 

Peter Sellars, der sich ja rühmt, keinen einzigen Ton von Mozart zu spielen, hat in einem "profil"-Interview sehr wohl detailliert über seine Pläne gesprochen; auch darüber haben wir heute Vormittag schon geredet. Man weiß bis jetzt - mehr weiß man noch nicht - von einem chinesischen Filmemacher Jia Zhangke über die chinesische Kulturrevolution, man weiß von einem neuseeländischen Regisseur Lemi Ponifasio, der einen Tanzabend kreiert, um des Ladegutes Captain Cooks zu gedenken. Dann gibt es noch einen Film über einen Bürgerkrieg der Burkinabé aus Burkina Faso in Westafrika. Mehr ist nicht bekannt. (Zwischenruf von amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny.)

 

Es ist gut, dass Sie mich korrigieren. Ein Großteil der Wiener wird nicht wissen, was es ist. Das Ganze soll ja, wie Sie immer wieder betonen, mit Mozart gar nichts zu tun haben - inhaltlich ist das seine Auslegung, man kann auch sagen, geschickte Verkaufsmasche.

 

Sie, Herr Stadtrat, sind begeistert, findigen Kulturmanagern Wiener Steuergelder nachzuwerfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie nicht merken, dass Sie als Kulturpolitiker am Gängelband von geschäftstüchtigen Kulturmanagern hängen; ich kann mir das nicht vorstellen. Ihnen sollten jedoch nicht so sehr - Sie können das jetzt auch mit einer abwertenden Handbewegung abtun - die Interessen von Kulturmanagern aus dem Ausland so sehr am Herzen liegen, die einen gut ausgeprägten Geschäftssinn haben, sondern Ihnen sollten sehr wohl die Interessen der Wiener Steuerzahler und auch die Wünsche des Wiener Publikums am Herzen liegen, Herr Stadtrat.

 

Für die Abwicklung im Rahmen des Mozartjahrs ist die Wiener Festwochen GmbH verantwortlich. Die Gemeinde Wien ist ja die alleinige Gesellschafterin der Wiener Festwochen, vertreten durch Sie, Herr Stadtrat.

 

Deswegen bringe ich heute einen Antrag ein – er ist den Kollegen schon bekannt –, und zwar:

 

„Der Herr amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft wird aufgefordert, die Ergebnisse des Aufsichtsrates der Wiener Festwochen in Form von vierteljährlichen Berichten dem Kulturausschuss vorzulegen, damit ein betriebliches Controlling durch den Gemeinderat gewährleistet ist.

 

In formeller Hinsicht wird die Zuweisung dieses Antrages an den Gemeinderatsausschuss für Kultur und Wissenschaft beantragt.“

 

Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren! 10 Millionen EUR für Aktivitäten, wie ich sie vorher aufgezählt habe – mehr ist noch nicht bekannt –, zu genehmigen, ist unserer Meinung nach ein Skandal. Es ist zutiefst unverantwortlich und ist abzulehnen.

 

Ganz kurz noch zum Antrag der ÖVP. Die ÖVP weiß, dass wir die Wiener Festwochen seit vielen Jahren ablehnen. Sie weiß auch, dass wir die Bestellung des früheren Stadtrates zum Intendanten der Festwochen abgelehnt haben, und ich glaube, Sie werden verstehen, dass wir aus diesen Gründen diesem Antrag nicht zustimmen können. (GR Dr Matthias Tschirf: Auch nicht im Mozartjahr!) Nein, das ist unmöglich. Das ist konsequenterweise unmöglich. Das geht nicht. Aber damit ich mich auch Ihnen gegenüber erklärt habe, wollte ich nur daran erinnern.

 

Ganz kurz noch zum Schluss. Glücklicherweise werden Peter Sellars Aktivitäten im Mozartjahr 2006 Mozart und seinem Werk nichts anhaben können. Mozart ist auch ohne Peter Sellars bekannt und beliebt. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Woller. Ich erteile es ihm.

 

GR Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Der vorliegende Antrag betrifft die Finanzierung eines großen Teils der künstlerischen Aktivitäten im Mozartjahr 2006, die zu einem großen Teil von den Wiener Festwochen abgewickelt und durchgeführt werden. Und dass die Wiener Festwochen das hervorragend können, haben sie mit dem heurigen Festival in den ersten zwei Wochen bereits bewiesen. Sie haben heuer schon eine Neuinszenierung der Mozartoper "Lucio Silla" unter der musikalischen Leitung von Nikolaus Harnoncourt herausgebracht, und diese Mozartoper, die im Mozartjahr 2006 wieder aufgenommen wird, ist einhellig umjubelt worden, sowohl vom Publikum als auch von der Kritik.

 

Die Wiener Festwochen machen auch sonst ein erfolgreiches Programm. Die Erfolgsgeschichte der

 

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