Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 104
sogenannter Beirat, den wir eingesetzt haben, der genau dafür dienen sollte, dass auch weiterhin die Möglichkeit besteht, zumindest in einen Diskussionsprozess über die wichtigste kulturpolitische Institution dieser Stadt einzutreten. Der Beirat wird seit dem Jahr 2000 von der Festwochenführung konsequent nicht einberufen, und das dafür zuständige Aufsichtsorgan, Herr StR Mailath-Pokorny, denkt auch nicht daran, dafür zu sorgen. Er denkt auch nicht daran, irgendein anderes Organ zu schaffen.
Offensichtlich ist aber der Herr Stadtrat sehr wohl
der Meinung, dass die Festwochen GesmbH der Kontrolle bedarf. Er hat jetzt auch
sozusagen einen Oberkontrolleur eingesetzt, den allseits als besonders
SPÖ-kritisch bekannten Herrn Dr Scholten, und glaubt jetzt, dass damit die
Bedürfnisse der Opposition zu 100°Prozent abgedeckt sind.
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Ich bringe Ihnen ein
anderes Beispiel aus Ihrer berühmten Bundespolitik. Jetzt kann man zum Beispiel
sagen: Die Abfangjäger und die Gegengeschäfte der Abfangjäger sind Gegenstand
eines Diskussionsprozesses, setzen wir doch einen unabhängigen Experten ein.
Und die Volkspartei sagt: Ja, wir haben da jemanden, der Erfahrung auf dem
Gebiet hat, er hat die Fachkenntnis, er hat die notwendige Unabhängigkeit -
nehmen wir doch den Dr Robert Lichal, er soll der unabhängige Vorsitzende
dieser Kommission sein! - Na, da möchte ich mir einmal anschauen, wie ihr dann
darauf reagiert. Wobei, glaube ich, Lichal und Scholten für unterschiedliche
Dinge, aber durchaus für Kompetenz in bestimmten Bereichen stehen. (GR Franz
Ekkamp: Aber meistens läuft es eh so! Es läuft eh so in der Bundespolitik! -
Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Was mich am meisten stört, ist, dass diese Forderung
der Opposition nach einem bestimmten Kontrollrecht von der SPÖ denunziert wird
als ein Versuch, parteipolitisch Einfluss zu nehmen. Das ist es überhaupt
nicht, aber es geht darum, dass die wichtigste Kulturinstitution dieses Landes
sich auch auf einen Diskursprozess einlassen muss. Noch dazu sind ja die
Festwochen über den Zeitraum der Festwochen hinaus eine wichtige Institution,
weil sie die wichtigsten Räume im Museumsquartier vergeben, weil Sie jetzt beim
Mozartjahr eine ganz wichtige Rolle spielen werden. Da einfach nur zu sagen,
bitte, es gibt ohnehin die GesmbH! - die übrigens gesetzlich nicht verpflichtet
ist, auch nur irgendetwas zu veröffentlichen, und wir sind auch nicht bereit,
darüber hinaus irgendetwas zu tun -, dafür habe ich kein Verständnis.
Aber Herr StR Mailath-Pokorny hat einfach ein
völliges Unverständnis dafür, dass die Opposition ein Recht darauf hat und auch
die Pflicht vor dem Steuerzahler hat, sich darum zu kümmern. Und dieses
Unverständnis gibt es nicht nur bei den Festwochen, sondern auch bei den
Vereinigten Bühnen, beim Ronacher und überhaupt. Für dieses Unverständnis habe
ich, ehrlich gesagt, kein Verständnis. (Beifall
bei der ÖVP und von GRin Mag Heidemarie
Unterreiner.)
Der zweite Akt ist auch ein
heikler, und der muss hier fürs Protokoll im Gemeinderat festgehalten werden.
Einmal sehr eindeutig formuliert: Ja zum Mozartjahr, Mozart ist eine
Riesenchance für diese Stadt. Ja zu Peter Sellars, aber ganz klar eine Bitte im
Mozartjahr: Es besteht die Gefahr, dass das so, wie es im Akt derzeit
drinsteht, dazu führt, dass es sozusagen ein offizielles Mozartjahr mit einem
Intendanten und einem Budget von 20 Millionen EUR gibt, und ein
Sellars-Festival mit einem Budget von 10 Millionen EUR quasi als
Gegenfestival. Das erscheint uns nicht klug. Daher ist eine Klarstellung
notwendig, nämlich die Klarstellung, dass es ein Mozartjahr mit
unterschiedlichen Zielgruppen gibt, im Rahmen dieses einen Mozartjahrs der
Stadt Wien finden unterschiedliche Teilfestivals statt, und die Trennung der Abrechnung
in Vereinigte Bühnen, 20 Millionen EUR, und Festwochen,
10 Millionen EUR - vereinfacht dargestellt -, dient ausschließlich
einer Vereinfachung der Abwicklung, darf aber nichts an der Gesamtkoordination
und an der Gesamthaftigkeit des Festivals verändern.
Ich freue mich auf das
Mozartjahr. Mozart ist für mich persönlich sicher der größte und bedeutendste
Österreicher, mit allen positiven Eigenschaften: Genial, aufmüpfig, lebensfroh
und ein Vorkämpfer der Aufklärung. Die Aufklärung ist ja nicht nur etwas
Historisches gewesen, sondern Aufklärung ist etwas, was immer notwendig ist.
Daher ist Peter Sellars geeignet für die Funktion, die Ideen Mozarts - wie es
ja der Stadtrat heute ausgeführt hat - in die neue Zeit zu tragen.
Daher auch ein
Vertrauensvorschuss für Peter Sellars und Peter Marboe; ich glaube nur, dass
man ihnen optimale Arbeitsbedingungen schaffen sollte, und daher erscheint es
mir notwendig, hier folgenden Beschluss- und Resolutionsantrag einzubringen:
„Der Wiener Gemeinderat hält
ausdrücklich fest, dass es ein Mozartfestival der Stadt Wien im Jahr
2006 geben wird. Im Rahmen dieses Gesamtfestivals finden mehrere Projekte
statt, ein wesentliches ist dabei sicher das 'New Crowned Hope'-Festival von
Peter Sellars. Die heute im Wiener Gemeinderat beschlossene Umwidmung von
9 330 000 EUR ist eine rein finanz- und abwicklungstechnische,
die nichts an der inhaltlichen beziehungsweise koordinativen
Gesamtverantwortung der Mozartintendanz ändert.
In formeller Hinsicht wird
die sofortige Abstimmung verlangt."
Ich ersuche Sie um Ihre
Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort ist niemand mehr gemeldet. (Rufe bei der FPÖ: Oh ja!)
Moment, es geht um die Postnummer 16. (GR
Heinz-Christian Strache: Mag Unterreiner!) Frau Mag Unterreiner ist
als Nächste gemeldet, das ist richtig, Herr Klubvorsitzender.
Frau GRin Unterreiner, ich erteile Ihnen das Wort.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Auch wenn Sie mich fast vergessen hätten,
trotzdem: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Seit
drei Jahren stimmen wir gegen die so genannte Peter-Sellars-Schiene des
Mozartjahrs 2006. Sie wissen das alles schon, denn von allem Anfang an haben
wir
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