Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 86 von 104
Rahmen der Bezirksvertretungssitzung am 21. April vorlagen, entsprachen unseren Vorstellungen weitgehendst, dementsprechend fiel auch der Beschluss so aus, nämlich einstimmig. Einstimmig wurde diesen beiden Plänen, so auch dem Plan 7501 zugestimmt. Parallel zur Entscheidung einer Bezirksvertretung, das wissen Sie auch, hat die Stadtverfassung die Möglichkeit zu einer öffentlichen Einsicht geschaffen. BürgerInnen, Liegenschaftseigentümer sollen so die Möglichkeit haben, sich die aufliegenden Pläne anzusehen, sich zu informieren und haben natürlich auch das Recht, Einsprüche bei der zuständigen Magistratsabteilung zu machen. Erstaunlich viele BürgerInnen haben bei diesem Plan von diesem Recht auf Einsicht und Information im Bezirk Gebrauch gemacht.
Von einem dieser Einsprüche direkt bei der
MA 21A wurde ich allerdings erst nach der Beschlussfassung der
Bezirksvertretung in Kenntnis gesetzt, und dies auf sehr interessante Art und Weise.
Ich wurde informiert, dass eine Grünwidmung in der Zollergasse 39 jetzt
nicht mehr vorgesehen ist. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass mich das ein
bisschen verwundert hat. Zum einen dachte ich bisher, dass sich am Rotdruck
nicht sonderlich viel ändern wird. Lernerfahrung ist also, es kann sich etwas
ändern, wenn es der Richtige verlangt. Der Bezirk ist es offensichtlich in
diesem Fall nicht. Zum anderen verblüfft mich natürlich die Nonchalance, mit
der eine Grünfläche auf einer Liegenschaft, die über einen selten schönen alten
Baumbestand verfügt - ich lade Sie gern ein, sich das einmal anzuschauen -,
plötzlich aufgegeben wird. Die Bezirksvertretung Neubau hatte immer wieder zum
Ausdruck gebracht, dass ihr der Erhalt von Grünflächen und gärtnerisch
auszugestaltenden Flächen sehr wichtig ist.
Wem nützt das also? Diese Frage ist für mich von
großem Interesse. Wer hat Interesse daran. Wer will hier eine bestehende
Grünfläche bebauen und hat ein Interesse daran, dass diese Grünwidmung fällt?
Warum war dieses Interesse stärker als das Interesse einer Bezirksvertretung?
Die Antworten kann Ihnen gern die MA 21 geben. Sie, meine Damen und
Herren, treffen die Entscheidung!
Faktum ist, dass in dem Flächenwidmungsplan, über den
Sie eben entscheiden, jetzt eine Grünfläche fällt, weil irgendwer die
Grünfläche als Bauplatz braucht. Es mag nicht wichtig klingen und diese
Grünfläche ist in etwa 75 m2, aber bedenken Sie, Schutz von
Grünflächen ist in einem derart dicht verbauten Gebiet von einer sehr großen
Bedeutung. Wenn diesem Vorgehen Tür und Tor geöffnet wird, dann werden unsere
Bemühungen, nämlich die Bezirksbemühungen, ad absurdum geführt. Grünflächen
sind die Lungen eines Bezirks.
Meine Damen und Herren, ich gebe mich nicht der
Illusion hin, dass das vorliegende Dokument heute abgelehnt und zur Abänderung
an die verantwortlichen Dienststellen zurückgeschickt wird, dass in Folge mit
ExpertInnen aus der Stadt, die es ganz sicher gibt, und vielleicht ExpertInnen
aus anderen Städten gemeinsam an einer sinnvollen nachhaltigen Entwicklung
gearbeitet wird. Ich halte das nicht für sehr wahrscheinlich, wenngleich sehr
wünschenswert. Aber aus Ihrer Verantwortung kann ich Sie nicht entlassen. Sie
alle sind, wie ich selbst und andere, PolitikerInnen, die der Stadt, den
Menschen und in diesem Fall nicht nur einigen wenigen Liegenschaftseigentümern
verantwortlich sind! Daran möchte ich Sie zum Abschluss erinnern. - Ich danke
Ihnen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Dr Herbert Madejski: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin
Trammer. - Bitte.
GRin Heike Trammer
(Bündnis Zukunft Wien – die Stadtpartei): Herr Vorsitzender! Herr
Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!
Die geplante Rücknahme der Schutzzone für den Bereich
Zollergasse 39 und 43 ist wohl von langer Hand geplant. Gerade haben
nur die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte der SPÖ den STEP 05 beschlossen,
in dem man sich noch für den Erhalt von Gründerzeitbauten ausspricht und schon
wird dieses Versprechen gebrochen. Die Art und Weise, wie mit Schutzzonen in
Wien herumgefuhrwerkt wird, ist skandalös! Da drängt sich schon der Verdacht
auf, dass je nach Belieben der Bauträger Schutzzonen aufgelassen und wieder
verhängt werden. "Sie wünschen, wir widmen!", unter diesem Motto
hatten wir bereits einen Untersuchungsausschuss in diesem Hause.
Herr StR Schicker, ich muss Sie leider von diesem
Platz aus berichtigen. Vielleicht haben Sie sich den alten Flächenwidmungsplan
nicht so genau ansehen können, aber darin ist eindeutig die Zollergasse mit den
Vorsprüngen der Häuser 39 und 43 als Schutzzone ausgewiesen gewesen.
Jetzt, mit Rücknahme dieser Schutzzone, kann der Eigentümer, nämlich die
Projektbau, eine Tochterfirma der Sozialbau, den Abriss vorantreiben.
Schutzzonen sollten den Bestand sichern. In diesem Fall wären Biedermeierhäuser
wohl schützenswerte Objekte, allein die Stadtplanung entscheidet anders.
Wenn der grüne Bezirksvorsteher Blimlinger in der
Zollergasse 39 ausschließlich für den Erhalt der begrünten Innenhöfe kämpft, so
kämpfen wir vom BZW für die älteren Bewohner und Bewohnerinnen, die in diesen
Häusern leben. Wir kämpfen dafür, dass sie auch in diesen Häusern bleiben
können. Ich frage Sie, ist das das soziale Gewissen der Stadt Wien, wenn man,
wie in diesem Fall einer 80-jährigen Bewohnerin, die seit 40 Jahren in
einem dieser Häuser wohnt, eine Substandardhinterhofwohnung im 3. Stock
ohne Lift als Ersatzwohnung anbietet? Diese alte Dame hat nur eine kleine
Pension und ist verzweifelt. Sie hat heute Morgen der Fragestunde beigewohnt
und ist mit Tränen in den Augen nach Hause gegangen. „Das ist mein Ende!",
hat sie gesagt, „Einen Umzug überlebe ich wohl nicht!" So kann ich nur die
Kolleginnen und Kollegen der SPÖ beglückwünschen. Ich beglückwünsche Sie, denn
Einzelschicksale scheinen in diesem Hause nicht von Relevanz zu sein. Das
Individuum ist nichts, das Kollektiv ist alles! Der gute alte Sozialismus lässt
grüßen! So wird es, nehme ich an, auch in den nächsten Jahren in Wien
weitergehen! (Beifall beim BZW.)
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