Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 104
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben den
Eindruck, die SPÖ hat sich nur mehr zurückgezogen in die Diskussionen um den
Wahlkampf und ist nicht bereit, sich mit den Fragen auseinander zu setzen, die
eigentlich die Zukunft dieser Stadt ausmachen. (Beifall bei der ÖVP.)
Wo sind die Zukunftsfragen angesprochen und die
Probleme, die wir heute haben, etwa was die Situation der Stadt Wien im Bereich
Wirtschaft betrifft, die Entindustrialisierung, mit der wir es zu tun haben,
was geschieht mit den rund 99 Prozent KMUs, also den bis
250 Arbeitnehmer beschäftigenden Klein- und Mittelbetrieben Wiens.
Wenn man dann so die Praxis sieht - und das werden ja
einige Rednerinnen und Redner nach mir noch tun - und eingeht etwa auf die
Widmungspraxis im Bereich von Einkaufszentren, dann merkt man vieles, aber
sicherlich nicht eine Wirtschaftsfreundlichkeit in der Planung dieser Stadt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, so zieht sich
das durch. Es zieht sich vor allem auch die Situation durch, dass man eben keine
Antworten gibt, keine Antworten, was etwa die Arbeitsmarktsituation betrifft.
Wien hat mit 10 Prozent die höchste Arbeitslosigkeit in Österreich und die
einzige Antwort, die gegeben wird, ist, dass man mittlerweile 35°000 Leute
in Schulungsmaßnahmen schickt. Aber das kann doch nicht die Zukunft dieser
Stadt bedeuten. Da erwarten wir uns ganz andere Schritte, da erwarten wir uns
ein entsprechend wirtschafts-freundliches Klima, da erwarten wir uns eine
Arbeitsmarktverwaltung und nicht riesige Moloche, wie etwa den WAFF, der viel
Geld verschlingt und wenig anderes tut, als nur Arbeitslosigkeit zu verwalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das sind die
Fragen, auf die wir Antworten einfordern. Und etwas, was wir auch an dieser
Stelle kritisieren, ist, dass man auch an diesem Stadtentwicklungsplan merkt,
wie wenig man bereit ist, Zukunft anzugehen, die Stadt zukunftstauglich zu
machen. Und da könnten Sie sich ein Vorbild nehmen beim Bund, ein Vorbild bei
Wolfgang Schüssel, der in den letzten Jahren gezeigt hat, dass er auch
unangenehme Themen angeht. Und wenn Sie sich in diesen Tagen etwa deutsche
Zeitungen anschauen, deutsche Zeitungen durchlesen, etwa gestern “Die Welt“, dann
werden Sie sehen, wer gefragt wird dazu, wie man die Zukunftsfragen Europas
löst.
Da wird Wolfgang Schüssel gefragt, und Beispiel... (GR
Mag Andreas Schieder: Von wem, von Molterer!) Nein, lesen Sie deutsche
Zeitungen, möglicherweise überschreitet das den Horizont des einen oder anderen
hier, aber man könnte hier doch einiges erfahren. Ich weiß, die Artikel sind
ein bisschen länger, und man muss vielleicht ein bisschen nachdenken, aber es
würde Ihnen allen nicht schaden, weil da wird eben das alles angesprochen, wie
man den Wirtschaftsstandort Europa festigt. Und nicht umsonst treten auch
österreichische Regierungspolitiker in Talkshows in Deutschland auf, wenn es
darum geht, wie man zukunftsdeutlicher wird. Und die österreichische
Bundesregierung ist eben nicht wie die deutsche Bundesregierung hergegangen und
hat einfach kapituliert, sondern Wolfgang Schüssel geht die Zukunftsfragen
dieses Landes an. Und um das geht es, und das erwarte ich mir auch in dieser
Stadt, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich verstehe es, dass Sie da zwischenrufen, weil dieser
Stadtentwicklungsplan, der - und ich sage das - recht schön ausschaut, der auch
fachlich sicherlich recht brauchbar vorbereitet ist, aber was wir vermissen,
sind tatsächlich die konkreten Umsetzungsschritte.
Denn ein Stadtentwicklungsplan sollte zweierlei beinhalten:
Er sollte die Ideen aufgreifen, um die es geht, aber gleichzeitig auch
operationell zeigen, wie man dort hinkommt, und das vermissen wir. Und wenn
Herr StR Schicker vor allem davon gesprochen hat, dass sogar der Kritik des
Rechungshofs Rechnung getragen wird, dann hat er sich möglicherweise nicht die
Kritik des Rechnungshofs angesehen auf das, was im Stadtentwicklungsplan
drinnen steht. Weil beispielsweise steht in diesem Stadtentwicklungsplan
drinnen, dass eingefordert wird - etwas, was von der Österreichischen
Volkspartei schon länger gefordert wird - eben eine Verbindlichkeit. Eine
Verbindlichkeit der Ziele, und das ist etwas, was wir leider auch in diesem Stadtentwicklungsplan
wiederum vermissen, weil dieser Stadtentwicklungsplan steht für Beliebigkeit,
und da gibt’s jede Menge an Beispielen.
Etwa das hehre Ziel, dass man nicht so viele Einkaufszentren,
dass man keine neuen riesigen Einkaufszentren schafft.
Der Herr Stadtrat hat ja bei diesem Thema zwar nur
von den ungarischen Einkaufszentren gesprochen, aber irgendwie doch
angesprochen und doch darauf hingewiesen, dass es eigentlich darum ginge, eines
der wertvollsten Güter in Wien, nämlich die Nahversorgung, sicherzustellen.
Nur, wo ist hier die Umsetzung, die konkrete Umsetzung, wo ist hier die
Verbindlichkeit in diesem Stadtentwicklungsplan. Meine sehr geehrten Damen und
Herren, wir vermissen sie.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir vermissen
aber auch die Kooperationsstrategien. Wo erfolgt tatsächlich die politische Kooperation
außerhalb einiger Experten- oder Beamtengremien, in denen das eine oder andere
diskutiert wird, wo ist die politische Kooperation zwischen Wien und
Niederösterreich, vor allem aber auch mit dem neu entstehenden Raum? Wenn wir
uns vorstellen, wie der erste Stadtentwicklungsplan vorgelegt wurde, da war
eben Wien die östlichste Stadt des freien Westens und heute sind wir in einer
pulsierenden Region und stellen fest, dass es an anderen Stellen dieser Region,
also beispielsweise in der Slowakei, fast eine nullprozentige Arbeitslosigkeit
gibt. Gott sei Dank, aber trotzdem sollten wir daran denken, was das für uns
heißt und wie wir die Chancen nutzen. Und von dem lesen wir nichts, von dem
merken wir nichts. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das fordern wir ein. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es zieht sich durch
die verschiedensten Bereiche eine Fortschreibung von Themen, von denen wir schon
in den
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