Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 104
Konferenztourismus ordentliche Infrastrukturen im hinreichenden
Ausmaß zur Verfügung haben.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke
vielmals, Herr Bürgermeister.
Wir kommen zur 2. Anfrage (FSP - 02432-2005/0004 - KFP/GM).
Sie wurde von Frau GRin Unterreiner gestellt und ist an den Herrn amtsführenden
Stadtrat für Kultur und Wissenschaft gerichtet: Für das Mozartjahr 2006
werden für das Projekt "New Crowned Hope" von Peter Sellars
10 Millionen EUR Steuergeld zur Verfügung gestellt. Obwohl Peter
Sellars seit drei Jahren mit enormen Gagen für die Vorbereitungen honoriert
wird (2003 – 70 000 EUR, 2004 – 80 000 EUR, 2005 –
100 000 EUR und 2006 werden es 150 000 EUR sein - also
insgesamt 400 000 EUR), sind bis heute bloß Ankündigungen von
Kompositionsaufträgen an internationale Künstler bekannt geworden. Wofür werden
die 10 Millionen EUR für das Vorhaben Peter Sellars verwendet?
– Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Gemeinderätin!
Sie befragen mich da zum
Mozartjahr und der Rolle des beauftragten Festivalleiters Peter Sellars und den
10 Millionen EUR Subvention, die für dieses Festival vorgesehen sind.
Wie Sie ja wissen und ich
Ihnen auch schon mehrmals persönlich zu erklären versucht habe, haben wir mit
Peter Sellars einen international renommierten Regisseur, Theatermacher gewinnen
können, der einen anderen Blick auf Mozart, und zwar vor allem auf dessen
Ideen, auf dessen Wirken, auf dessen Nachwirken in den Jahrhunderten danach
werfen kann. Er plant ein Festival im Rahmen dieses Mozartjahres, benannt nach
der Freimaurerloge, in der Mozart Mitglied war, auf Englisch übersetzt
"New Crowned Hope". Eines der Grundprinzipien dieses Festivals
besteht im engen Nebeneinander der verschiedenen Kunstsparten.
Die von Ihnen hinterfragten
Aufträge des Festivals "New Crowned Hope" an internationale
Künstlerinnen und Künstler betreffen keineswegs nur den Bereich der Musik,
sondern die Bereiche Film genauso wie Architektur und bildende Kunst. Für
dieses Festival "New Crowned Hope" hat Peter Sellars einen besonderen
Ansatz gewählt. Anstatt Mozarts eigene Werke aufzuführen, wurden neue Arbeiten
von zeitgenössischen internationalen Künstlern in den Bereichen Musik und Oper,
Architektur, bildende Künste und Film in Auftrag gegeben.
Diese Werke in den
verschiedenen künstlerischen Disziplinen betreffen weder die Person Mozart noch
verwenden sie seine Musik, vielmehr sollen sie durch jene Ideen inspiriert
werden, die drei der großen Werke aus dem letzten Lebensjahr des Komponisten
erfüllen, und sie für unser Jahrhundert neu interpretieren, nämlich "Die
Zauberflöte", "La Clemenza di Tito" und das “Requiem". Die
Oper "Die Zauberflöte" gibt für das Festival die wichtigen Prinzipien
von Magie und Transformation vor, "La Clemenza di Tito" Wahrheit und
Versöhnung und das “Requiem" öffnet nicht zuletzt den Themenkreis der
Erinnerung. Zielsetzung des Festivals ist es, Mozartthemen sowohl als
Inspiration als auch als Ausgangspunkt für zeitgenössische Arbeiten zu nutzen.
Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, wurden die ersten
Filmprojekte von Peter Sellars kürzlich in Cannes bei den dortigen
Filmfestspielen präsentiert. Am 17. Mai 2005 hat er anlässlich eines
eigenen Austrian Day in Cannes die ersten sechs Regisseure vorgestellt, die mit
Unterstützung des von ihm kuratierten Festivals "New Crowned Hope"
Filme verwirklichen werden. Er hat dabei – und das scheint mir sehr interessant
– ganz bewusst Filmemacherinnen und Filmemacher aus Entwicklungsländern
ausgewählt, aus Staaten, in denen politische und gesellschaftliche Umwälzungen
stattfinden, denn es geht darum, Themen aus Mozarts letzten drei großen Werken
in heutigen Geschichten zu erzählen.
So zum Beispiel wird eine junge Filmemacherin aus
Paraguay ihren ersten Spielfilm vorlegen. Der Kurde Bahman Ghobadi wird sich
mit Wiener Unterstützung erneut der Geschichte und den aktuellen Problemen
seines Volkes widmen. Mahamat Haroun aus Tschad zeigt mit seinem Drama anhand
der Suche eines Sohnes nach dem Mörder seines Vaters die furchtbaren Auswirkungen
von Gewalt und Bürgerkrieg auf das Schicksal einzelner Menschen. Der
chinesische Regisseur Mingliang aus Taiwan versetzt in "Circle" seine
Protagonisten in wundersamer Art und Weise in eine völlig andere Kultur, und
ein junger Regisseur aus Thailand lässt in "Intimacy in Turboland"
einen Filmemacher die Geschichte seiner eigenen Eltern rekonstruieren.
Schließlich wurde von einem Vertreter des Films aus Indonesien, Garin Nugroho,
ein Film wie eine Oper konzipiert, als Geschichte von Liebe, Treue und Tod
gemischt mit Musik und Tanz.
Diese Filmprojekte werden im Oktober 2006 in Kooperation
mit dem Filmmuseum und der Viennale präsentiert werden.
Es ist schließlich die Zielsetzung des Festivals
"New Crowned Hope", Mozarts Themen sowohl als Inspiration als auch
als Ausgangspunkt für zeitgenössische Arbeiten zu nutzen, denn es sind eben
jene Fragestellungen, die nach Peter Sellars tiefster Überzeugung Mozarts Werk
genau für unsere Zeit so besonders relevant machen. Auch sind diese
Fragestellungen ein essentieller Bestandteil des überall auf der Welt so dringend
geforderten neuen Denkansatzes. Mozart hatte die Fähigkeit, die Zukunft zu
entwerfen und vorzubereiten. Die Aufträge für das Festival "New Crowned
Hope" sind bestrebt, Künstler von heute einzuladen, das Gleiche zu tun.
Und wenn ich an Motive besonders sinnentleerter Plakate der letzten Wochen
denke, auf denen zum Beispiel "Wien darf nicht Istanbul werden" zu
lesen war, erscheinen mir die Zielsetzungen und Überzeugungen, mit denen Peter
Sellars sein Festival konzeptuell angesetzt hat, relevanter denn je.
"New Crowned Hope" ist jener Titel, den der
weltweit renommierte Theater- und Opernregisseur für das Festival ausgewählt
hat, das er auf Einladung der Stadt Wien als Teil des Wiener Mozartjahrs 2006
verantworten wird und das sich genau diesen Ideen der Aufklärung
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