Gemeinderat,
56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 104
verschrieben hat und jenen Ideen, die von diesen Plakatwänden gesprochen haben, diametral entgegengesetzt ist.
Im Übrigen glaube ich, dass es nicht besonders sinnvoll
ist und auch nicht Übung bei Festivals und auch bei Veranstaltungen ähnlicher
Art, bereits lange im Vorhinein detailliert bekannt zu geben, was geplant ist.
Wenn Sie sich nur beispielsweise an die Kulturhauptstadt Graz 2003 erinnern.
Das Programm war selbstverständlich – so wie alle anderen Programme von
Kulturhauptstädten – ein Work in Progress, indem es verschiedene im Laufe der
Zeit sich entwickelnde Programmbücher gegeben hat, die sich natürlich
weiterentwickelt haben. Umso mehr gilt das auch für ein solches Festival, das
von seinem Wesen her ein einmaliges Ereignis ist, das aber natürlich nachhaltig
wirken soll.
Im Übrigen: Auch die Wiener Festwochen geben ihr
Programm nicht zwei Jahre im Vorhinein bekannt, sondern selbst ein etabliertes
Festival wie die Wiener Festwochen warten mit ihrer Ankündigung – schon allein
aus Publizitätsgründen und um die Spannung aufrechtzuerhalten, um das Publikum
nicht zu verwirren – bis ein dreiviertel Jahr oder manchmal nur eine halbes
Jahr vor dem Festival.
Ich habe versucht, mit dem Filmbereich zum Beispiel
anzudeuten, dass es selbstverständlich sehr wohl konkrete Pläne und Arbeiten
geben wird. So viel kann ich Ihnen heute sagen: Es werden Musiktheaterproduktionen,
deren Uraufführungen in Wien stattfinden werden, in Kooperation und
Koproduktion mit renommierten und innovativen künstlerischen Produktionsstätten
wie etwa dem Barbican Center in London oder dem Lincoln Center for the
Performing Art in New York vorbereitet. Ein weitläufiges Ausstellungsprojekt
von "New Crowned Hope" ebenso wie ein städteplanerisches Architekturprojekt
werden in verschiedenen Kooperationen zum Beispiel mit dem Museum für
Völkerkunde in Wien, der Kunsthalle Wien und der Universität für Angewandte
Kunst konzipiert.
Abschließend lassen Sie mich nur kurz richtig
stellen, dass die von Ihnen genannte Honorarsumme um einiges zu hoch gegriffen
ist. Es ist niedriger und beinhaltet im Übrigen auch das Honorar, die
Regiegagen für zwei Opernproduktionen im Rahmen von "New Crowned Hope".
Wenn man weiß, dass für Spitzenregisseure heutzutage auch Gagen von über
100 000 EUR gezahlt werden für eine Produktion, erscheint mir das
Honorar für Peter Sellars als sehr angemessen.
Ich freue mich heute bereits auf eine sehr spannende
und detaillierte Programmpräsentation, die, wenn Sie sich noch bis zum
kommenden Herbst gedulden können, im Rahmen der Präsentationsaktivitäten des
Mozartjahres 2006 auch von "New Crowned Hope" vorbereitet wird.
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke,
Herr Stadtrat. – Zusatzfrage? – Bitte.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Herr Stadtrat! Die Honorarnoten habe ich aus
einem Akt, der 2003 hier im Gemeinderat beschlossen wurde. Da wurden die
Honorarnoten, genauso wie ich das hier festgehalten habe, für das Jahr 2003 mit
70 000 EUR, für das Jahr 2004 mit 80 000 EUR, für das Jahr
2005 mit 100 000 EUR und für das nächste Jahr mit
150 000 EUR festgeschrieben, und das wurde abgestimmt. Also entweder
hat man damals falsch abgestimmt oder das, was Sie jetzt sagen, stimmt nicht.
Aber es geht mir jetzt gar nicht nur um sein Honorar,
es geht mir darum, dass Peter Sellars auch in einem Interview, das er Mitte Mai
gegeben hat, gesagt hat, dass das Programm erst im Herbst vorgestellt wird,
dass man natürlich Abstriche machen muss. Das sind jetzt seine Worte, das sind
nicht Ihre schönen, sondern seine Worte. Und wenn wir jetzt auch Ihren hehren
Ansatz einmal im Detail verfolgen, so handelt zum Beispiel der Film von diesem
chinesischen Filmemacher Mingliang Tsai, den Sie so gut beschrieben haben, wenn
man den Worten Peter Sellars trauen darf, von den letzten Jahren der chinesischen
Kulturrevolution. Oder ein neuseeländischer Regisseur, Lemi Ponifasio, macht
ein Ritual über das Ladegut Captain Cooks – das sind alles Zitate von Peter
Sellars –, oder ein kambodschanischer Regisseur wird ein Ritual mit seiner
Tanzgruppe machen.
Meine Frage jetzt lautet natürlich: Was hat das alles
mit Mozart zu tun? Was sagen Sie zu meinem Vorwurf, dass Peter Sellars sein
eigenes Festival kreiert hat, um sich selbst und seinen Interessen zu dienen,
und dass er das Jahr 2006 nur missbraucht, um dieser Intention zu folgen?
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Bitte,
Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:
Sehr geehrte Frau Gemeinderätin! Zunächst einmal noch einmal das Honorar. Es
handelt sich zum einen um Dollarbeträge – und wie Sie wissen, ist der
Wechselkurs ein ziemlich anderer –, im Übrigen ist es ja nicht verboten, ein
niedrigeres Honorar zu vereinbaren, als ursprünglich als Rahmenbetrag
ausgemacht war.
Was nun die Relevanz von
Mozart und seinen Ideen anbelangt, habe ich darzustellen versucht, dass es mir
bei der Auswahl von Peter Sellars auch darum gegangen ist, einen
internationalen Künstler zu gewinnen, der nachweislich auch über verschiedene
Produktionen im Bereich der darstellenden Kunst international, und zwar auf
allen fünf Kontinenten, einen anderen Blick auf Mo-zart geworfen hat und
versucht hat – was ja das Interessante an der Kunst ist –, nicht nur das zu
wiederholen und zu perpetuieren, was wir in Österreich bereits zur Genüge
kennen und sehen, Interpretationen, Verständnis von Mozart, von seinen Ideen,
sondern auch etwas Neues zu entwickeln, und zwar mit Künstlerinnen und
Künstlern, die hier noch nicht bekannt sind oder nicht notwendigerweise bekannt
sind, und genau diesen Blick von außen auf die Ideen von Mozart, die ja universell
sind, zu werfen.
Woher Sie nehmen, dass sozusagen
Peter Sellars, indem er seine künstlerischen Vorstellungen verwirklicht, damit
nur seinen eigenen Interessen nachkommt und andere Künstler, die das sehr wohl
auch tun, nicht, weiß ich nicht. Wahrscheinlich haben Sie Angst vor dem Blick
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