Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 85
Der Greißler am Eck, der auch in dieser Debatte hier hoch beschworen wird, ist eben oft nur mehr ein Gegenstand von Reden, nämlich in den Reden, in denen er hochgehalten wird. In der Realität ist allerdings das Einkaufsverhalten, sowohl der Einkäufer als auch derer, die ihn oft in Reden hochhalten, ein ganz anderes, nämlich dass man natürlich aus Gründen der Bequemlichkeit, unter anderem der Preise, ja dann doch in die großen Geschäfte und nicht zum Greißler am Eck geht.
Wir wissen aber auch, dass die Lage in Wien gar nicht
so schlecht ist. 67 Prozent der Wiener ist die Nahversorgung und hier vor
allem mit Lebensmitteln in der Nähe ein wichtiges Thema. Wir wissen auch aus
den Studien, dass, wenn nach Schulnoten bewertet würde, die
Versorgungssituation mit diesen Gütern des täglichen Bedarfs in der
unmittelbaren Wohnumgebung zwischen 1 und 2 eingeschätzt wird von den
Wienerinnen und Wienern.
In den 90er Jahren, denn diese Veränderungen in den
wirtschaftlichen Grundbedingungen sind ja eine Voraussetzung, gab es
unterschiedliche Entwicklungen. So haben sich ja auch Zentren positiv
entwickelt, wie zum Beispiel der Graben, die Mariahilfer Straße, und zwar die
äußere und die innere Mariahilfer Straße, die Neubaugasse, das Donauzentrum,
die Meidlinger Hauptstraße.
Es wurden ja auch Maßnahmen gesetzt, wie zum Beispiel
die Neugestaltung der Oberfläche, erfolgreiche Maßnahmen, die gegriffen haben
auf der inneren und äußeren Mariahilfer Straße, in der Neubaugasse, auf der
Landstraße, auf der Simmeringer Hauptstraße, in der Wipplingerstraße, auf der
Favoritenstraße, auf der Praterstraße, wo übrigens nach letzter Zählung von
gestern vier Geschäftslokale leer stehen. Das muss man auch sagen, dass hier
die Leerstandsraten nicht in dieser Höhe sind, wie sie in diesem Dringlichen
Antrag behauptet werden.
Es gibt aber auch Initiativen, die Leerstehungen zu
vermindern, zu verbessern, die Situation in den Einkaufsstraßen, zum Beispiel
das Projekt SOHO in Ottakring oder das Projekt Unternehmen Capricorn oder auch
zukünftige Initiativen im Bereich der Creative Industries, im Bereich von
Kulturinitiativen hier Zwischennutzungen für die Geschäftslokale zur Verfügung
zu stellen.
Aber ich möchte auch sagen: Hier ist vor allem auch
die Initiative der Einkaufsstraßen selbst gefordert und die Unterstützung
seitens der Handelskammer gefordert, denn man merkt schon einen Unterschied.
Dort, wo die Einkaufsstraße dahinter ist, sobald ein Geschäftslokal leer ist,
die anfangen zu telefonieren und was hineinbringen wollen, dort sind die
Leerstandsraten wesentlich geringer als in jenen Einkaufsstraßen, wo
offensichtlich keiner danach geht.
In der Bauordnung gibt es nur eine Maßnahme, und die
ist ja auch gesetzt worden, dass es im Rahmen der EKZ-Widmung einer
Raumverträglichkeitsprüfung bedarf. Die Prüfung bezieht sich auf die
Stadtentwicklung, auf die Anbindung an den öffentlichen Verkehr, auf die
Wechselwirkung auf städtische Zentren und auf die Geschäftsstraßen.
Was nicht möglich ist, ist, im Rahmen der Wiener
Bauordnung planwirtschaftliche Systeme einzuführen, wobei die Stadtplanung
plant, welche Nachfrage und welche Geschäfte gewünscht sind und welche nicht gewünscht
sind.
Ich glaube allerdings, um auch das zu beantworten,
dass ein genereller Planungsstopp nur eines bringt, nämlich Stillstand in der
Stadt, und dass auch bestehende Projekte wie in dem 10-Jahres-Programm oder
anstehende Projekte einfach nicht mehr verfolgt werden können. Es ist, glaube
ich, in Wahrheit nicht einmal eine populistische Antwort, sondern es ist
einfach eine nicht wirklich ganz durchführbare und durchdachte Antwort auf die
Fragestellung.
Die Fragestellung ist dabei auch nicht die, dass es
hier Kleinunternehmer versus Einkaufszentren gibt, sondern die kritische
Fragestellung ist Einkaufsstraßen versus Einkaufszentren am Speckgürtel
außerhalb der Stadt. Weil genau darin liegt das Problem, dass Verkehr erzeugt
wird.
Man muss innerstädtische Einkaufszentren oder größere
Einkaufsbereiche auch als Chance begreifen. Dazu würde ich auch dringend
aufrufen, nicht immer überall nur gleich ein Problem zu sehen, sondern auch als
Chance zu begreifen, dass sie Frequenzbringer sein können, dass sie auch eine
Verbesserung für den Mix der Einkaufsstraßen und der Stadtteile bringen, und
wir wissen auch, dass sie einen Beitrag leisten zur Stadt der kurzen Wege, vor
allem dort, wo sie gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen sind.
Plastisches Beispiel: Die Millennium-City mit dem Anschluss an die U-Bahn. Um
die Millennium-City blühen die kleinen Unternehmen. Sie haben sich jetzt auch
zu einer Werbegemeinschaft zusammengeschlossen, und in Wahrheit hat das ganze
Grätzel dort, der gesamte 20. Bezirk, positiv profitiert.
Ein anderes Beispiel ist es, dass mitunter ja auch
Einkaufszentren Nahversorgung wohin bringen, wo vorher überhaupt keine
Versorgung mit irgendwas bestanden hat. Ich nenne zum Beispiel nur das
Auhof-Center. Vorher hat es dort gegeben einen Bäcker und sonst nichts, und
jetzt gibt es dort ein Ärztezentrum, ein Sportgeschäft und alle diese
Möglichkeiten, also es gibt dort auch ein zusätzliches Angebot.
Ich glaube, das ist auch nicht so schlecht, nachdem
alle Parteien, inklusive der Partei, die den Dringlichen Antrag gestellt hat,
versuchen, sich immer bei den Eröffnungen in der ersten Reihe anzustellen.
Uns ist bewusst, dass die Einkaufsstraßen und die
Sicherung der Nahversorgung eine permanente Aufgabe für die Stadtentwicklung
ist. Wir sind auch offen für neue Wege, zum Beispiel in der Frage der
Zulieferung, in der Frage von Marketing-Initiativen, in der Frage von
Kooperationen zwischen Einkaufszentrum und Einkaufsstraßen, wie zum Beispiel
die Praterstraße mit dem Stadionprojekt.
Wir wissen aber auch, dass Wien im
internationalen Vergleich eine gute Position hat in dieser Frage, und diese
wollen wir auch nicht schlecht reden lassen, sondern wir wissen auch, dass wir
gute Nahversorger haben
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