Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 85
fördern können. Wir legen unsere Vorschläge in diesem
Haus auf den Tisch.
Wir wollen erstens neue Kundengaragen, die wir den Kunden
kostenlos zur Verfügung stellen können, um eben den wichtigsten Vorteil der
großen Einkaufszentren, den kostenlosen Parkraum, auszugleichen.
Wir wollen zweitens neue Ladenöffnungszeiten für die
Kleinen in Wien, damit eben die Kleinen wie bei dem französischen Modell länger
offen haben können und in diesen längeren Öffnungszeiten und in diesen
Zeitnischen dann auch zusätzliches, neues Geschäft machen können.
Und wir wollten drittens auch eine neue Förderung der
Nahversorger, die finanziert werden soll aus der Kommunalsteuer der Großen, aus
der Kommunalsteuer der Einkaufszentren, eine neue Förderung, die so hoch sein
soll, wie sie früher bei uns in Wien war, nämlich wieder 50 000 EUR.
Herr Stadtrat! Herr Kollege Schieder! Schaffen wir
daher doch eine Arbeitsgruppe, bestehend aus allen Fachleuten, aus den
betroffenen Interessensvertretungen, aber auch aus Experten der Parteien, wie
wir hier ein Maßnahmenbündel zusammenstellen können, um den Kleinen tatsächlich
zu helfen, und beschließen wir bis dahin keine neuen Widmungen. Schaffen wir
eine solche Arbeitsgruppe, um neue Ideen für die Nahversorgung zu finden.
Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren! Es haben ja
eigentlich alle Fraktionen bisher ihre Zustimmung zu diesem Antrag angekündigt.
Es hat das Bündnis diese Zustimmung angekündigt, es hat die ÖVP die Zustimmung
angekündigt, und es hat sich auch der Herr Chorherr von den Grünen vehement für einen solchen
vorläufigen Widmungsstopp eingesetzt.
Herr Stadtrat, ich fordere Sie daher auf: Kommen Sie
hier heraus, nehmen Sie Stellung zu diesem Widmungsstopp und unterstützen Sie
vor allem auch mit Ihrer Fraktion diese Idee. Die freiheitliche Fraktion bietet
Ihnen hier die Zusammenarbeit an. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge ZANKL:
Danke.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist
der Herr GR Mag Schieder.
GR Mag Andreas Schieder (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich halte die Diskussion insofern für wichtig, weil
auch uns die Entwicklung des Einzelhandels und die Entwicklung der Wiener
Einkaufsstraßen eine wichtige Frage ist, die wir im Rahmen der Stadtentwicklung
und des Stadtentwicklungsplans intensiv diskutieren.
Unsere Vorstellung ist eine Stadt der kurzen Wege,
und auch die Sicherung der Nahversorgung sind strategische Ziele der
Stadtpolitik und der Stadtentwicklungspolitik. Allerdings bedarf es für eine
sinnvolle Debatte, eine ehrliche Debatte auch einen Blick auf Fakten, auf
Details und auf die Rahmenbedingungen, die es in diesem Bereich gibt.
Wir haben eine Veränderung der Bevölkerungsdichte zum
Beispiel in den Gründerzeitvierteln im Westen der Stadt, eine Veränderung der
Bevölkerungsdichte, die verursacht wird durch Veränderungen in der Wohnungsgröße,
in den Lebensformen, in den Familiengrößen, in all dem. Das bringt auch eine
Veränderung der Kaufkraft mit sich, die in einem Gebiet vorhanden ist. Wir
haben andererseits im Süden und im Nordosten der Stadt eine Zunahme der
Bevölkerungsdichte und eine Zunahme der Bevölkerung, die auch Kaufkraft genau
in diese Gebiete verschiebt.
Die Maßnahmen, die man hier setzen kann, sind nicht
sehr viele, aber es ist zum Beispiel die sanfte Stadterneuerung und die Innere-Stadt-Erweiterung
auch ein Dämpfer für diese Entwicklung.
Des Weiteren können wir hier eine Veränderung im
Konsumverhalten beobachten. Es gibt eine Veränderung seitens der Konsumentinnen
und Konsumenten in der Güternachfrage, in der Nachfrage nach dem Branchenmix,
eine Veränderung im Tagesrhythmus der Konsumenten und eine Veränderung in ihrem
Einkaufsrhythmus und in ihrem Lebensrhythmus. Es gibt veränderte Ansprüche an
die Auswahl und auch an die Bequemlichkeit und die Erreichbarkeit von Einkaufsmöglichkeiten.
Andererseits gibt es ja auch bei den Unternehmern
Veränderungen, was die Präsentation betrifft, was die Werbung betrifft, was zum
Beispiel die Maßnahmen der Lagerhaltung betreffen, die immer kürzer vorhanden
ist. Und damit gibt es natürlich auch veränderte Anforderungen an
Räumlichkeiten und Geschäftslokale, die sie erfüllen können müssen, um sinnvoll
wirtschaften zu können.
Es gibt eine Veränderung in den
betriebswirtschaftlichen Faktoren. Es gibt geänderte Preisstrukturen, mit denen
Kleine oft schwer mithalten können, weil Große eben auch andere Preis- und
Gewinnstrukturen haben.
Es gibt auch einen betriebswirtschaftlichen Faktor,
der von der Politik beeinflusst und geschaffen ist, negativ geschaffen ist. Es
gibt ein Mietrecht, dass leider nicht den Bestand von Unternehmen und
Geschäften fördert, sondern die haben ein Mietrecht, das leider einen sehr
hohen Spielraum einräumt, dass man die Mieten erhöhen kann, dass der Hausherr
die Mieten erhöhen kann und damit auch eingesessene kleinere und mittlere
Betriebe, so genannte Nahversorger, aus den Geschäftsstraßen mitunter
vertrieben werden. Wir sehen ja diese Entwicklung zum Beispiel auch in der
Wiener Innenstadt, wo große internationale Ketten die heimischen angesessenen
alten Unternehmen aus den Geschäften vertrieben haben. Und es spielt sich
natürlich auch auf den Einkaufsstraßen mitunter ab, wenn der Hausherr zum
Beispiel glaubt, er muss eine höhere Rendite ziehen. Und da ist, muss ich ganz
ehrlich sagen, die Politik aufgefordert, ein Mietrecht wieder zu schaffen, das
den Bestand sichert, den Fortbestand für Unternehmerinnen und Unternehmer, vor
allem für die Kleineren und Mittleren.
Wir haben aber auch eine schwache Konjunktur, und
eine schwache Konjunktur bedeutet eine schwache Kaufkraft, und eine schwache
Kaufkraft heißt letztendlich, dass weniger im Konsum ausgegeben wird.
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