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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 85

 

paar Kleinigkeiten: Den öffentlichen Raum besser auszugestalten, individuelle und öffentliche Verkehrsmittel besser an die Einkaufsstraßen heranzuführen, den Freiraum einladend zu gestalten, Park- und Ladezonen besser zu installieren und weitere Garagen, wie zum Beispiel Unterstraßengaragen zu fördern. Von all dem steht hier nichts drinnen.

 

Wenn wir uns jetzt in Wien die Zentren und Einzelhandelsstrukturen anschauen, so gibt es an sich einmal die City, die Innenstadt und die Randbereiche, dann gibt es die 23 Haupt- und ungefähr 100 Nebengeschäftsstraßen, die heute nur mehr der Nahversorgung und das nur mehr zum Teil dienen. Diese drei Zonen sind von Hauptzentren umgeben, nämlich Favoriten, Simmering, Meidling, Floridsdorf, Kagran und Stadlau. Diese Zentren wurden durch die Stadtentwicklungspläne 1984 und 1994 gefördert, aber interessanterweise haben sich zwischen 1990 und 1998 trotz der Förderung nur vier Zentren positiv entwickelt: Die innere Mariahilfer Straße/Neubaugasse, die äußere Mariahilfer Straße, das Donauzentrum und die Meidlinger Hauptstraße. Alle anderen haben nicht nur den Anteil nicht gehalten, sondern realen Kaufkraftverlust und reale Einbußen verzeichnen müssen.

 

Daher ist es umso interessanter und für mich nicht verständlich, wieso auf Seite 169 im Stadtentwicklungsplan drinnen steht: Die wichtige Funktion eines Hauptzentrums der Stadt sollen weiterhin als zweithöchstrangige Zentren – denn die City ist ersthöchstrangig – in Zukunft haben: Die innere Mariahilfer Straße, die Landstraße, die Zentren Donaustadt mit Donauzentrum, Floridsdorf und Favoriten. Wieso fehlen hier die äußere Mariahilfer Straße oder Meidling – von dort komme ich –, wenn die zu den wenigen Zentren gehören, die in Wirklichkeit in den letzten 10 Jahren gewachsen sind, die auch tatsächlich eine Kaufkraftverbesserung gehabt haben? Ich verstehe es wirklich nicht, und der Herr Stadtrat oder mein Nachredner, der Herr Kollege Schieder, wird mir das vielleicht erklären.

 

Sie machen im Stadtentwicklungsplan 2005 in Wirklichkeit an zwei Kriterien fest, warum das so schiefgelaufen ist: Erstens die Mietrechtsnovelle 1997. Sie sagen, die Mieten, vor allem die Geschäftsmieten, sind so gestiegen und die Verdrängung der traditionellen Geschäfte durch Verkauf an internationale Ketten ist vorangeschritten. Na ja, da möchte ich nur in Erinnerung rufen, wer die Mietrechtsnovelle 1997 hier beschlossen hat, nur damit man sich daran erinnert, wer 1997 Bundesgesetze gemacht hat: Das waren die ÖVP und die SPÖ.

 

Der zweite Grund, schreiben Sie hinein, ist die starke Konkurrenz – das geben Sie zu – durch Einkaufszentren, die die Gefahr in sich bergen, den Handel aus den Geschäftsstraßen sukzessive abzuziehen. Weiters schreiben Sie hinein, dagegen kann man nichts machen, es wird sich halt unterschiedlich entwickeln, in der heutigen Form werden die Geschäftsstraßen nicht mehr bestehen bleiben und die Attraktivität wird sinken.

 

Jetzt frage ich mich ernsthaft: Was bieten Sie an, damit man das ändern kann, damit man die Tendenzen in den Griff kriegt und stoppen kann?

 

Im Großen und Ganzen haben Sie hier auch wieder zwei Punkte. Zum einen sagen Sie, die Bezirke sollen im Rahmen ihrer dezentralen Budgetverantwortung Mittel für die Erneuerungsmaßnahmen der Geschäftsstraßen zur Verfügung stellen. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren – wir haben ehemalige Bezirksvorsteher hier, die mir Recht geben werden –, von welchen Budgetmitteln sollen denn die Bezirke hier auch noch Erneuerungsmaßnahmen machen? Aus welchen Budgetmitteln? Es sind ja 96 Prozent auch der Bezirksbudgets gebunden, und mit den restlichen 4 Prozent wird man die Geschäftsstraßen nicht auf Vordermann bringen können. Außerdem ist es nicht ureigenste Aufgabe der Bezirke, außer man gibt ihnen mehr Geld, außer man gibt ihnen mehr Kompetenz. Man gibt ihnen weder mehr Geld noch mehr Kompetenz, im Gegenteil, man wird ja versuchen, in Zukunft – davon bin ich überzeugt – die Kompetenzen wieder einzuschränken und auch das Geld nicht mehr zu erhöhen. Also das geht meiner Ansicht nach vollkommen ins Leere.

 

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie selbst schreiben hinein – und das ist auch durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt –, dass die Großmärkte, die Einkaufszentren natürlich sehr negative Auswirkungen haben – das haben wir zuerst schon gesagt –, und Sie sagen, es wurden in den letzten Jahren weitere großflächige EKZ am Stadtrand – Klammer: aber auch in Stadtumlandgemeinden – gewidmet und realisiert. Na bitte, wem machen Sie den Vorwurf? Sie selbst haben sie gewidmet, Sie selbst haben sie installiert, Sie selbst haben sie dort geplant.

 

Meine Damen und Herren! Da Sie immer vom Speckgürtel gesprochen haben, Herr Stadtrat – das war so ein Lieblingswort von Ihnen; als wir den Strategieplan und den STEP 05 behandelt haben, haben Sie immer vom Speckgürtel gesprochen; man kann außen nicht herumfahren, denn da, ich kann mich noch gut erinnern, entstehen Speckgürtel, da bauen dann alle ihre Einkaufsmärkte in Niederösterreich und die Kaufkraft wird weggehen von Wien und und und –, frage ich Sie: Der Westbahnhof, der Zentralbahnhof, der Gasometer, Aspern, die SCN, das Prater-Stadion, Millennium und und und, das ist ja alles nicht im Speckgürtel, das liegt ja alles in der Stadt. Das haben Sie selbst gewidmet, das haben Sie ja forciert, meine Damen und Herren. Daher brauchen Sie sich jetzt nicht zu beschweren, dass in den letzten Jahren in Wien diese Widmungen stattgefunden haben.

 

Die Auswirkungen sind folgende: Es gibt in Wirklichkeit durch diese Erhöhung der Einkaufsflächen keine zusätzlichen Konsumausgaben. Das ist nachweislich so. Die Stellung des innerstädtischen Einzelhandels ist auf jeden Fall geschwächt worden. Die großflächigen Verkaufseinrichtungen zeichnen sich durch wesentlich weniger Beschäftigte pro Quadratmeter aus, und auch die Umsatzeinheiten pro Quadratmeter und Mitarbeiter sind geringer. Es entstehen aber – und das ist der entscheidende Punkt – erhebliche Mobilitätskosten, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Infrastruktur, die

 

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