Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 85
Alten und Jungen ausgleichen – wir können darüber sicherlich auch morgen noch weiter sprechen –, doch Faktum ist auch, dass die Geburt eines Kindes vor allem für Frauen den Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit bedeutet. Die Dauer der Berufsunterbrechung ist also das wesentliche Kriterium, und da kommt es jetzt darauf an: Wie gut sind die Kinderbetreuungseinrichtungen, um einen Wiedereinstieg zu ermöglichen? Zwei Drittel der Frauen haben bei der Geburt des Kindes ein aufrechtes Dienstverhältnis. Wir wissen aber, dass sehr viele davon nicht oder nicht in derselben Form wieder zurückkehren können. Und gerade Alleinerzieher oder hauptsächlich Alleinerzieherinnen – davon gibt es 66 000 in Wien – haben besonderen Bedarf an einer ordentlichen Betreuung.
Das heißt, Faktum ist: Hier ist Handlungsbedarf. Das
kann man jetzt nicht einfach damit abtun, dass man sagt, in Wien ist es eh ganz
gut, sondern gerade wenn man die Sensibilität aufbringt und sagt, jede
Verbesserung der Betreuung von Kindern – und zwar jetzt nicht nur ein
Abschieben oder ein irgendwo Abstellen, sondern eine qualitätsvolle
Verbesserung – ist sinnvoll und gut, dann muss man sich mit diesen Fragen
auseinander setzen.
Das hat immer auch etwas mit der Relativität zu tun,
und das ist ein bisschen locker hier gesagt worden. Man kann natürlich nicht
die Studiengebühren und den Beitrag für den Kindergarten eins zu eins
vergleichen, aber dass Bildung gratis sein soll, dass Studiengebühren einen
Bruchteil dessen ausmachen, was Familien für Kinderbetreuung ausgeben müssen,
das ist dennoch nicht einzusehen. Denn auch der Staat wendet enorme Beträge für
das Studium auf. Auch wenn er jetzt vielleicht keine Jause oder sonst etwas
bietet, dann bietet er zumindest höchst ausgebildete Vortragende und so weiter.
(GRin Claudia Sommer-Smolik: Aber die
Kinder im Kindergarten sind ja noch klein!) Die sind vielleicht klein, das
ist schon richtig, aber ich nehme nicht an, dass Sie eine Kindergartenbetreuung
auf der Uni wollen. Also ich zumindest glaube schon, dass es Unterschiede darin
gibt, was ein Zwanzigjähriger und was ein Dreijähriger braucht. Das werden Sie
auch wissen. Das kann man nicht gleichsetzen. Es geht um die Relativität des
Kostenaufwandes, und die ist nicht gegeben.
Es ist daher schon lange eine Forderung der FPÖ, dass es einen kostenlosen
Kindergartenplatz – das haben Sie ja vorher gesagt, warum wir nicht darüber diskutieren
– der Drei- bis Sechsjährigen geben soll. Für das Alter bis zum dritten
Lebensjahr ist dank des Kinderbetreuungsgeldes ja doch weitgehend gesorgt.
Die Finanzierung wäre auch insofern möglich, als sich
die Gemeinde Wien durch das Kinderbetreuungsgeld erhebliche Kosten erspart und
im Bereich des Familienzuschusses Geld eben nicht ausgeben muss, das sehr wohl
dafür herangezogen werden sollte, dass damit wiederum Familien gefördert
werden. Und es gibt auch mehrere Missstände, die noch aufzuheben wären. Es ist
ja interessant, dass die Gemeinde Wien die Kosten für die Kinderbetreuung in
den letzten Jahren auch noch erhöht hat; zuletzt im Jahr 2002 zum Beispiel.
Auch die so genannten Gutwochen wurden aufgehoben. Das heißt, wenn Kinder nicht
in den Kindergarten gegangen sind und das mehrere Wochen im Jahr betragen hat,
musste dafür nicht bezahlt werden. Jetzt müssen Kinder vier Wochen in einem Zug
nicht in den Kindergarten gehen, damit es einen Abzug gibt.
Also das sind lauter Verschlechterungen, und es ist
nicht einzusehen, dass man in einer Zeit, in der man erkannt hat, wie wichtig
es ist, dass man Kinder gut betreut, und in der man immer mehr erkennt, wie
sehr sich die Armutsfalle gerade für Familien auftut, gegenteilige Maßnahmen
setzt. Es ist natürlich wichtig, dass man eine flächendeckende Kinderbetreuung
macht, und es ist vor allem auch sehr wichtig, dass man flexible
Kinderbetreuungszeiten einführt. Auch hier besteht ein großes Manko in dieser
Stadt.
Ein wesentlicher Punkt ist auch – das ist schon
angesprochen worden –, dass der Kindergarten natürlich auch eine
Integrationsstätte ist oder, besser gesagt, sein sollte. Daher haben wir auch
ganz bewusst immer gesagt, wenn ausländische Kinder während des Kindergartens
einen Deutschkurs besuchen oder Deutschunterricht bekommen und dieses Angebot
annehmen, dann soll natürlich auch für sie der Kindergarten gratis sein.
Zusammenfassend ist jedenfalls zu sagen, dass dieses
Thema sehr wohl eine Relevanz in dieser Stadt hat. Verantwortung für die Zukunft
der Stadt bedeutet, dass man sich ganz bewusst der Kinder annimmt und dass man
damit den Wiener Nachwuchs fördert. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
nächster Redner ist Herr GR Vettermann gemeldet. Ich gebe ihm das Wort.
GR Heinz Vettermann (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Meine
sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist schon sehr viel gesagt worden, und es ist ja
auch tatsächlich ein alter Hut, denn diese Forderung kommt ja stereotyp und,
ich sage einmal, wider besseren Wissens von der ÖVP. Aber eines ist ja unbestritten: Dass ein Drittel einmal gar
nichts bezahlt in Wien, und zwar nicht nur für das letzte Kindergartenjahr,
sondern für die ganze Kindergartenzeit. Das ist auch das Drittel, das es
wirklich braucht, das es am dringendsten braucht und für das wir eben auch
einen kostenlosen Kindergartenbesuch sichergestellt haben in Wien. (Zwischenruf von GR Walter Strobl.) Ja, die Forderung mit den
60 EUR hätten wir sogar dann erfüllt, wenn man es rein mathematisch
rechnet vom Mikrozensus. 60 EUR wären mikrozensusmäßig genau das, was in
Wien herauskommt, wann du alle gestaffelten Beiträge und die, die nichts
zahlen, einfach dividierst. Wir sind übrigens durchaus auch mit Oberösterreich
in der Mitte und auch mit den Niederösterreichern. Ich habe mir das angeschaut.
Also auch das wäre erfüllt.
Wir gehen aber eben einen sozialen
gerechten Weg. Wir lassen das oberste Drittel zwar die vollen Kosten bezahlen,
das unterste Drittel zahlt aber gar nichts, und die in der Mitte werden sozial
genau gestaffelt. Das ist
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular