Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 85
mit der DDR zu tun, deren Wappen für
die, die sich noch erinnern können, aus Hammer, Zirkel und Ährenkranz bestand.
Dafür kommt er, so werden Sie jetzt vielleicht einwenden, auf der ehemaligen
Fahne der Sowjetunion vor. Ja, zusammen mit Hammer und Sichel, die sich
übrigens auch im österreichischen Staatswappen, nicht aber im Logo des
Volkstheaters, befinden.
Ohne Zweifel besitzt aber der Stern
abgesehen von der Sowjetunion offensichtlich auch für andere Staaten rund um
den Globus eine hohe Attraktivität. Er kommt in über 80 Nationalflaggen
vor, unter anderem von Bosnien-Herzegowina, Chile, Neuseeland und Australien,
auf der amerikanischen Flagge gar fünfzigmal und auf der EU-Flagge fünfzehnmal.
Daraus ein Monopol einer politischen Ideologie auf den Stern abzuleiten, ist
vermessen.
Nicht zuletzt gibt es auch noch den
Weihnachtsstern, den Stern von Bethlehem, den Stern als Markenzeichen von
Mercedes oder den Stern als Symbol für Hollywood mit seinen Stars und
Sternchen, von denen es in der Zwischenzeit knapp 2 500 geschafft haben,
mit einem eigenen Stern am legendären Hollywood Walk of Fame in Los Angeles
vertreten zu sein. In der Weisheitslehre schließlich steht der Stern für Magie
und ich könnte noch lange fortsetzen. (GR Gerhard Pfeiffer: Wenn man sich
das anhört, sieht man die Sterne!)
Kurzum, ich teile die Ansicht von Direktor
Schottenberg, dass der Stern eine schöne und wunderbare Projektionsfläche
darstellt. Jeder sieht darin, was er gern sehen will. Er weist den Weg und hat
Strahlkraft. Ich hoffe, dass das Unternehmen Volkstheater unter seiner neuen
Leitung unter einem guten Stern steht, zumal sich dieser Stern, wenn man genau
hinsieht, in Wahrheit aus fünf Vs, die für "Volkstheater" stehen,
zusammensetzt.
Aber noch zurückkommend, und wieder
ernster werdend, auf Schottenbergs erste Premiere, die sich mit den ungeheueren
Vorgängen am Spiegelgrund beschäftigt, sehr geehrte Frau Gemeinderätin:
Angesichts der Äußerungen freiheitlicher Politiker in den letzten Tagen, die
Wehrmachtsdeserteure als Kameradenmörder bezeichnet haben und die Existenz von
Gaskammern anzweifeln, sei doch in allem Ernst noch hinzugefügt, es passt
leider ins Bild, dass Sie die Auseinandersetzung mit dem Thema
"Spiegelgrund" nicht wollen. Aber wenn Sie die neue
Volkstheaterdirektion ins kommunistische Eck stellen wollen, dann meine ich, dass
eine Partei, die sich nicht von der Auschwitz-Lüge distanziert, ihre moralische
Legitimation verloren hat, historische Vergleiche anzustellen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie sitzen so sehr im
gesellschaftspolitischen Abseits, dass Sie den Pfiff des Schiedsrichters gar
nicht mehr hören können. Sie haben das Spielfeld ernstzunehmender politischer
Auseinandersetzung längst verlassen! Diese Anfrage beweist das einmal mehr. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Die 1. Zusatzfrage,
Frau GRin Mag Unterreiner, bitte.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Stadtrat!
In einer Zeit, in einem so genannten
Gedenkjahr und Gedankenjahr, wo wir uns alle freuen, dass wir den Krieg
überwunden haben, dass Österreich einen Staatsvertrag bekommen hat und sich in
Frieden und Freiheit entwickeln konnte, aber auch in einer Zeit, als es anderen
Ländern in Europa nicht so gut ging, als sie noch jahrzehntelang, als
Österreich schon frei war, unter dem kommunistischen Joch gelitten haben, erscheint
es doch nachdenkenswert und einen aufrüttelnd, dass just zu diesem Zeitpunkt
ein Emblem, das selbstverständlich für ein menschenverachtendes Regime stand,
und zwar jahrzehntelang, der Sowjetstern, der Völker in Unfreiheit stürzte, wo
Millionen von Menschen umkamen, wo es keine Freiheit und keinen Frieden gab,
einer der wichtigsten Theaterleute Wiens auf sein Theater diesen Stern als
Emblem anbringen will und auch sagt: „Ich stehe für all das, wofür der rote
Stern steht.", ist es durchaus gerechtfertigt, dass man diese Frage
stellt, Herr Stadtrat. Man kann das alles verharmlosen, aber für viele Leute
ist der Sowjetstern genau das, worunter viele Menschen in Europa gelitten
haben. Wir haben glücklicherweise zwei Diktaturen überwunden. Warum haben Sie
diesen Skandal, diesen Sowjetstern als leuchtendes Symbol anbringen zu lassen,
jetzt eigentlich so verharmlosend vorgebracht?
Ich frage Sie jetzt, weil
Schottenberg sagt und ich zitiere ihn jetzt und habe ihn immer richtig zitiert:
„Er leuchtet vom Volkstheater als Signal all dessen, was ich unter Theater
verstehe." Stehen Sie hinter dieser Aussage Schottenbergs oder
distanzieren Sie sich davon?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin!
Ich verweise auf meine Antwort. Jawohl, ich stehe
hinter der Aussage Schottenbergs. Ich finde daran nichts Verwerfliches. Im
Übrigen halte ich diesen Stern nicht für den Sowjetstern, sondern das ist ein
Stern, der wie gesagt, aus fünf Vs besteht, V wie Volkstheater.
Ansonsten sage ich noch einmal, für den eigentlichen
Skandal in diesen Tagen, sehr geehrte Frau Gemeinderätin, halte ich nicht, dass
Michael Schottenberg ein solches Emblem aufs Volkstheater bringt, sondern für
den eigentlichen Skandal in diesen Tagen halte ich, dass Mitglieder Ihrer
Fraktion die Existenz von Gaskammern leugnen! Das ist der eigentliche Skandal! (Beifall
bei der SPÖ. - StR Johann Herzog: Der Herr Gudenus ist nicht mehr Mitglied
unserer Fraktion!)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die
nächste Zusatzfrage hat GR Dr Ludwig.
Bitte, Herr Gemeinderat.
GR Dr Michael Ludwig (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Stadtrat!
Gerade im Gedenkjahr sollte man
auch daran erinnern, dass eine ganze Reihe von kulturellen Institutionen vor
50 Jahren mit ihren Aktivitäten begonnen haben. Neben sehr bedeutenden
traditionellen Großbühnen war das auch eine Aktion, die mit dem Volkstheater
immer
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