Gemeinderat,
54. Sitzung vom 01.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 67
verbunden sind. Sie stehen für unser Kulturleben, Sie stehen für unsere Theater, Sie sind so wichtige Persönlichkeiten, die mit ihrem Leben die Theater und die Theaterlandschaft in Wien geschrieben und geformt haben, dass diese Ehrung ganz besonders wichtig ist. Ich habe mich damals sehr gefreut, dass Sie das gesagt haben, weil ich das natürlich genauso sehe.
Wenn man sich aber anschaut, was Sie politisch machen
- und die Theaterreform ist da einer der Schritte -, wenn man das näher
verfolgt, dann kommt genau das Gegenteil heraus. Denn diese Reform, die Sie
jetzt machen, schützt solche Traditionen nicht! Sie schützt nicht die Eigenart
typisch wienerischen Theaters, sie schützt nicht das, was Wien im Kulturleben
ausmacht und unterscheidet, gerade eben von Tokyo und von Los Angeles, sondern
ganz im Gegenteil: Diese Theaterreform hat etwas ganz anderes vor. Ich habe
schon das letzte Mal dazu geredet. Auch diesmal sind es wieder einige Gruppen,
die eigentlich gar nichts von Wien an sich haben. Die jetzt geförderten
Gruppierungen kommen aus Bochum, New York, Zürich, Berlin, Düsseldorf. Das
heißt, einer der Schwerpunkte der Theaterreform - und das steht ja auch in dem
Gutachten der Jury drin - ist selbstverständlich derjenige, dass
internationales Theater gefördert werden soll, dass multikulturelles Theater
gefördert werden soll. Das wird auch eingefordert, was ja eigentlich gar nicht
die Aufgabe der Jury wäre.
Das heißt, unsere Meinung ist, dass diese
Theaterreform nicht bewahrt, schützt und auch jungen Leuten die Chance gibt,
dass sie das lernen, dass sie diese Schauspielkunst - ich sage es ganz bewusst
- auch erlernen können, sondern ganz im Gegenteil! Wo soll jetzt ein junger
Mensch hier etwas lernen, was die beiden zum Beispiel repräsentiert haben? Wo
das typisch Wienerische? Wo die Musik eines Michael Heltau, von diesen jungen
Gruppen, die jetzt gefördert werden? Ich nehme ganz bewusst die heraus. Die
Tendenz ist also ganz eindeutig, dass es davon weggeht. Das heißt, unserer
Meinung nach zerschlägt diese Theaterreform jahrzehntelang gewachsene
Traditionen in der Wiener Theaterlandschaft.
Wenn man sich zum Beispiel anschaut, dass einer der
Geförderten Yosi Wanunu ist: Er hat einen Streit begonnen, das war ganz
interessant nachzulesen. Eine seiner Sachen wurde nämlich kritisiert, nicht nur
in der "Presse" oder so, sondern auch im "Falter", und der
"Falter" ist ja wahrlich nicht so eine "Lederhose oder
Dirndl"-Zeitung, sondern ich würde sagen, er ist, wenn man kulturpolitisch
interessiert ist, eine Zeitung, die garantiert nicht irgendwo rechts
angesiedelt ist. Dort haben sie es gewagt, ihn zu kritisieren, und er war ganz
empört. Die ganze Auseinandersetzung wurde ja nicht einmal in deutscher Sprache
gehalten.
Wenn ich also jetzt die Wiener Theaterlandschaft
fördern will, und den Reichtum der Theaterlandschaft, und ich fördere von neun
Projekten eigentlich ausschließlich nur solche, dann ist dies unserer Meinung
nach eine Zerschlagung.
Es ist ja auch so, dass diejenigen, die jetzt leider
keine Förderung bekommen - und das sind die vom Andi angeführten mittleren
Bühnen -, sich schon zu einer Art Notgemeinschaft zusammengefunden haben: Der
Wiener Theaterverband, 28 Theater und Spielräume, haben sich
zusammengeschlossen, weil sie nicht mehr in den Genuss der Förderung kommen,
oder nicht mehr in der Art und Weise wie in den letzten Jahrzehnten. Zwölf von
diesen Theatern haben sich zusammengefunden und haben die Hoffnung bekundet,
dass man vielleicht doch noch mit dem Herrn Stadtrat reden könnte. Es war zum
Beispiel eine Diskussion geplant, der Stadtrat war eingeladen - er kommt nicht!
Auch ihre Vorstellungen, ihre Ziele - zum Beispiel
wünschen sie, dass die kulturelle Vielfalt gewahrt bleibt. Sie wünschen auch,
dass der Kulturstadtrat noch einmal mit ihnen spricht. Alle diese Vorstellungen
sind meines Erachtens natürlich längst begraben und sind schon zu spät
formuliert, weil die Sache eigentlich gelaufen ist. Denn ein Antrag, der etwas
ganz Ähnliches vorhatte, wurde auch in der letzten Sitzung abgelehnt. Da habe
ich eigentlich nur dasselbe gefordert: Es möge der Herr Kulturstadtrat sich
noch einmal mit den betroffenen Bühnen zusammensetzen und noch einmal darüber
nachdenken, wie es weitergehen könnte. Das wurde abgelehnt, also die ganz Sache
ist in der Hinsicht gelaufen.
Wenn ich nun
sage, dass das Gutachten zur Wiener Theaterreform, also das, was die Jury
ausgearbeitet hat, einen Schwerpunkt setzt - und ich sage jetzt, einen
ideologischen, einen kulturpolitischen Schwerpunkt -, so behaupte ich das nicht
einfach so. Denn das ist aus dem Gutachten zur Wiener Theaterreform sehr leicht
herauszulesen. Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele bringen, damit Sie sehen,
dass das selbstverständlich eine parteipolitische Reform ist. Das heißt, es
sind parteipolitische Werte verankert, und es werden jetzt parteipolitische
Förderungsmaßnahmen eingeführt. (GRin Mag Marie Ringler: ...zur
Multikulturalität bekennen!)
Ich weiß, dass die GRÜNEN sich dazu bekennen. Aber
die Freiheitlichen zum Beispiel finden das nicht für richtig. Ich stehe eben
nicht als GRÜNE hier, sondern als Freiheitliche, und ich vertrete natürlich
einen in unserem Spektrum auch möglichen Gedanken. (Beifall bei der FPÖ.)
Zum Beispiel sagt die Jury, es fiele ihr zu ihrem
Bedauern auf, dass nur wenige der Einreichungen aus dem Ausland oder von nicht
in Wien ansässigen Gruppen gekommen sind. - Das ist in meinen Augen eine
Bewertung. Ich meine, wie kann der Jury auffallen, dass zu wenige aus dem Ausland
kommen? Das ist in meinen Augen eine politische Ausrichtung, eine Sache, die
der Jury eigentlich nicht zusteht.
Oder weiters: „Kulturpolitisch
wünschenswert sind in- und ausländische Co-Produktionen, man muss
internationale Strahlkraft anstreben.“ - Es steht jetzt nicht drin, schauen
wir, dass wir unsere ureigenste Wiener Theaterart fördern und dann nach außen
gehen, sondern ganz im Gegenteil: Holen wir von außen Leute herein, geben wir
denjenigen, die hier jahrzehntelang gute Theaterarbeit geleistet haben, kein
Geld mehr, aber
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