Gemeinderat,
4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 119
Gutsherrenart und im Gießkannensystem zur Düngung der
Kulturszene verwendet. Das kann es doch wohl nicht sein!
Es gibt hier viele Beispiele, und wir werden heute
noch darüber diskutieren. Neue Medien: 490 000 EUR für verschiedene
Vereinigungen. Es wird heute noch zu diskutieren sein, nach welchem System
diese Gelder letztlich vergeben werden.
Neben der mangelnden Transparenz - und meine
Vorrednerin hat das auch schon angesprochen - ist diese Konzeptlosigkeit
bemerkenswert. Eine Theaterreform, die die Oppositionsparteien mittragen,
stockt, sagt der eine Kollege; sie ist in Gefahr, weiter mitgetragen zu werden,
sagt die andere Kollegin. Ja, weil hier Beschlüsse unterlaufen werden aus einer
Selbstherrlichkeit, die nicht nachvollziehbar ist. Und dann sollen wir
zustimmen? - Das wird's nicht geben!
Im Filmbereich ist es ähnlich. Da gibt es den
Filmfonds - und was sonst? Was sind die weiteren Konzepte zur Förderung des
Films? Alle freuen sich, dass "Caché" internationalen Erfolg hatte,
dem Regisseur ist zu gratulieren und auch dem Produzenten, aber was gibt es
darüber hinaus an Konzepten? Wie schaut es mit der Kinoförderung aus? Da gibt
es seit 2004 einen vertragslosen Zustand. (Amtsf StR Dr Andreas
Mailath-Pokorny: Ist ja nicht wahr!) Wann wird sich der ändern? (GRin
Inge Zankl: Stimmt ja gar nicht!) Wann wird es eine andere, wann wird es
eine ordentliche, zukunftsorientierte Kinoförderung geben? (Amtsf StR Dr
Andreas Mailath-Pokorny: Wer schreibt Ihnen diese Reden? Der soll sich
informieren!)
Wie ist das mit der Museumsfinanzierung? Wie werden
die Museen in Zukunft finanziert werden? Wie ist es mit der Musikförderung? -
Vieles von dem wurde ja in der Budgetdebatte in den vergangenen Tagen
angesprochen, Antworten hat es keine gegeben.
Musikförderung: Seit 2003 um 17 Prozent gekürzt.
Wie ist es mit der gesamten Konzeption zu den Musicals? Das ist ein eigenes
Thema. Wir wissen, dass es demnächst zwei hoch subventionierte
Musical-Standorte oder -Theater in Wien geben wird; über den Subventionsbedarf
ab 2007 wissen wir noch nichts. Ich vermute, Sie werden dann mit Rahmenbeträgen
kommen und sagen: Wir müssen das abdecken. So kann die Kulturpolitik in der Tat
nicht funktionieren.
Ein Beispiel, das auch an dieser Stelle noch einmal
erwähnt werden muss, ist das Musical “Wake Up“. Da waren 10,9 Millionen EUR
Verlust konzipiert oder vorgesehen. Dann hat man trotz aller Bemühungen, Karten
zu verschenken und die Leute hinzubringen, es leider nicht geschafft. Schuld
war der Irak-Krieg, wie man den Unterlagen entnehmen kann, oder schuld war das
zu diesem Zeitpunkt turbulente Privatleben des Herrn Rainhard Fendrich.
Jedenfalls sind die Leute ausgeblieben, mit dem Erfolg, dass
1,8 Millionen EUR zusätzlich gezahlt werden mussten, womit diese eine
Produktion 12,7 Millionen EUR verbraten hat. (GR Dr Matthias Tschirf: Ordentlich!) Das ist viel Geld, das ist
vor allem öffentliches Geld.
Herr Woller sagt: Na, das kann schon einmal
passieren, es kann schon etwas schief gehen, wenn man etwas tut. - Eine
interessante Variante! Es kann nicht schief gehen, sondern es muss
schief gehen, wenn man diese Form der Kulturpolitik betreibt. (Beifall bei
der ÖVP.)
Konzeptlosigkeit, mangelnde Transparenz, keine
nachvollziehbaren Regeln, vor allem keine Definition eines rechtlichen
Anspruches auf Subventionen: Man könnte ja einmal überlegen, Herr Stadtrat, ob
man nicht das System umstellt und definiert, wer was warum bekommen muss, und
zahlt das dann aus. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Es gibt keinen
rechtlichen Anspruch auf Subvention!) Eben! Sie haben völlig Recht, Sie
vergeben Subventionen in Form von Almosen. (Amtsf StR Dr Andreas
Mailath-Pokorny: Subvention ist per definitionem kein Anspruch!) Ja, genau
das ist es, und dieses System gehört umgestellt! (Beifall bei der ÖVP.)
Es sollen nicht Subventionen vergeben werden nach der Art... (Amtsf StR Dr
Andreas Mailath-Pokorny: Tun Sie sich einmal ein bisschen einarbeiten in die
Materie!)
Lieber Herr Stadtrat! Ich kenne Ihren Stehsatz: Man
soll sich einarbeiten. Sie haben das in fünf Jahren nicht getan. (Beifall bei
der ÖVP.) Ich bin nach wenigen… (GR Mag Thomas Reindl: Für einen neuen
Abgeordneten reden Sie ganz schön frech, muss ich sagen!) Ich habe das
leider nicht gehört, sonst würde ich Ihnen auch etwas sagen. Wenn Sie gesagt
haben, das sei ein bisschen frech für einen Jungabgeordneten, dann würde ich
Sie bitten, sich ein bisschen zu überlegen, was Sie sagen. Es ist zwar viel
verlangt, aber tun Sie es trotzdem. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Man könnte, wie gesagt, das gesamte Subventionssystem
einmal überdenken und hier vielleicht zeitgemäße Regeln aufstellen, damit diese
Vergabe nach - und ich sage es noch einmal - Gutsherrenart sich endlich aufhört
und zu Ende ist. Nachvollziehbare Regeln, Definition von rechtlichen Ansprüchen
und nicht die Vergabe von Subventionen - das wäre eine moderne,
zeitgerechte Kulturpolitik. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: So wie im
Bund!) - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Nächster Redner ist Herr GR Woller. - Bitte.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und
Herren!
Es sind jetzt viele Themen angesprochen worden. Ich
werde versuchen, in aller Kürze darauf einzugehen; ich glaube, das ist
notwendig, weil doch so viel im Raum steht, was einfach unrichtig ist.
Die Theaterreform ist natürlich
nicht ins Stocken gekommen. Die einzige Verwunderung ist, wenn die FPÖ meint,
sie sei ins Stocken gekommen, denn die FPÖ ist aus eigenen Stücken - nicht auf
unseren Wunsch, sondern aus eigenen Stücken - aus dem Kreis der
Kultursprechergespräche ausgeschieden und hat damit die Theaterreform nicht
mehr mitgetragen. Das war die Entscheidung der FPÖ. Es ist ein bisschen
komisch, wenn sich die FPÖ hier über das Stocken der Theaterreform aufregt,
weil die FPÖ hier seit Jahren jeden Theaterakt
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular