Gemeinderat,
3. Sitzung vom 13.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 80
er sein Budget mit Jahresende und die Vertreter der Opposition werden dann erst zu Beginn des nächsten Jahres im laufenden Budgetjahr gnadenhalber, da stimme ich Ihnen zu, darüber informiert. Der vorgesehene Beirat, dem ich in Zukunft auch angehören werde, hat keinerlei satzungsmäßigen Rechte und verletzt damit unserer Meinung nach die Budgethoheit des Wiener Gemeinderats.
In anderen Fonds, wie beispielsweise im Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds und im Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds,
gibt es sehr wohl für Oppositionsparteien Sitz und Stimmrechte im
budgetbeschließenden Organ. Dieses Sitz- und Stimmrecht ist unserer Meinung
nach ein Mindesterfordernis der Budgethoheit des Gemeinderats. Genau dieses
Sitz- und Stimmrecht der im Gemeinderat vertretenen Parteien fehlt im Fonds
Soziales Wien. Daher verstößt dieser Fonds nicht nur gegen das
Bundesvergabegesetz, sondern schaltet vor allem auch die Budgethoheit des
Gemeinderats aus. Das kann man nicht oft genug erwähnen, meine Damen und
Herren.
Und noch etwas ist für die Transparenz wichtig: Die
Finanzpläne. Im Jahr 1997 hat die Stadt Wien das letzte Mal einen
Finanzplan vorgelegt. Seither weigert sich die Stadtregierung, die Finanzplanung
offen zu legen. Aber ein solcher Finanzplan ist dagegen beim Bund und in den
anderen Bundesländern selbstverständlich. Mehrjährige Finanzpläne für den
gesamten Konzern Stadt Wien, sagen wir es so, sind ein Steuerungsinstrument, um
Finanzierungslücken aufzuzeigen und die Budgethoheit des Gemeinderats
sicherzustellen. In einem Finanzplan des Krankenanstaltenverbundes wäre etwa
die Finanzierungslücke der Wiener Spitäler und der Pflegeheime ersichtlich und
der Handlungsbedarf ableitbar. Aus einem Finanzplan Fonds Soziales Wien wäre
der Reformbedarf der Sozialdienstleistungen der Stadt deutlich ersichtlich. Ein
solcher Finanzplan, meine Damen und Herren, ist international üblich und würde
den Gemeinderat schon frühestmöglich in die politische Steuerung einbeziehen
und seine Budgethoheit sicherstellen. Aber das ist offenbar im sozialistischen
Wien nicht gewollt.
Aber die mangelnde Transparenz ist nur ein Punkt
unserer Kritik, weshalb wir dem Voranschlag selbstverständlich nicht zustimmen.
Darüber hinaus gibt es aber noch eine gewisse soziale Kälte, die sich in
zweierlei Art manifestiert, einerseits wann immer man über Erhöhungen von
Gebühren und Leistungen der Stadt redet, heißt es: Na ja, der Bund ist schuld,
der Bund ist immer an allem schuld. Und auf der anderen Seite werden
gleichzeitig laufend die Belastungen größer.
Kollege Wagner schaut so. Ich denke zum Beispiel an
die Kürzung bei der Aktion “Essen auf Rädern“ mit 1. Jänner 2002. Die
kräftige Erhöhung der Tarife bei den Wiener Linien ab 1. Juni 2002 um
bis zu 25 Prozent, trifft auch die sozial Schwächeren. Erhöhung der
städtischen Kindergartengebühren ab 1. September 2002 auf bis zu
200 EUR im Monat. Erhöhung des Spitalskostenbeitrags bei den Wiener
Spitälern ab 1. Jänner 2003. Erhöhung der Gaspreise ab
1. Juni 2003. Es kommen noch mehrere Erhöhungen der Gaspreise, aber
ich fange einmal so an. Erhöhung der Ambulatoriumsbeiträge in den Wiener
Spitälern ab 1. Jänner 2004 um bis zu 6 Prozent. Erhöhung der
Rettungsgebühren ab 1. Jänner 2004. Erhöhung der Pflegegebühren in
den Wiener Spitälern ab 1. Jänner 2004. Verteuerung der
Applikationsgebühr bei allen Impfungen um 25 Prozent ab
1. Jänner 2004. Kürzung der Behindertenbeihilfe,
Freizeitfahrtendienst ab 1. Jänner 2004. Erhöhung der Sonderklassegebühren
ab 5. Jänner 2005 und damit Verteuerung der privaten
Krankenzusatzversicherungen. Kürzung der MA 56-Zuschüsse für
Schulschikurse an sozial schwache Eltern um 20 Prozent ab
1. Februar 2004. Kürzung der MA 56-Zuschüsse für Schullandwochen
für sozial schwache Eltern um 20 Prozent ab 1. Februar 2004.
Erhöhung der Strompreise, trifft auch die sozial Schwachen besonders, ab
1. November 2004 um 8 Prozent, weitere werden folgen. Erhöhung
der Gaspreise in Wien ab 1. November 2004. Jetzt kommt die nächste
große Gaspreiserhöhung, eine gewaltige, wissen wir, steht uns schon ins Haus.
Verteuerung der Gebühren für die alten Menschen in den Wiener
Pensionistenwohnheimen um 5 Prozent ab 1. Jänner 2005. Erhöhung
der Pflegegebühren für die Wiener öffentlichen Krankenanstalten ab
1. Jänner 2005 um bis zu 8 Prozent. Erhöhung der Gebühren für
die Inanspruchnahme der Wiener Rettung ab 1. Jänner 2005. Erhöhung
der Gebühren für die Wiener Spitäler für die Untersuchungs- und
Behandlungskosten ab 1. Jänner 2005. Verteuerung der Spitalskostenbeiträge
von 8 auf 10 EUR ab 1. Juli 2005 und damit Anhebung des
Selbstbehalts um 25 Prozent. Man kann diese Liste beliebig fortsetzen.
All das zeigt, meine Damen und Herren, dass in Wien
die Belastungen durchaus auch auf Kosten der ärmeren Bevölkerungsschicht größer
wurden. Und wann immer man das aufzeigt, heißt es: Der Bund ist schuld. Wir
können nichts dafür. Es ist immer der Bund.
Aber im Windschatten des Bundes erhöht Wien, was es
kann. Wir jedenfalls können so einem Voranschlag nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin
Cammerlander. Bitte.
GRin Heidemarie Cammerlander (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau
Stadträtin! Meine Damen und Herren!
Wir sind jetzt nach zwei
Tagen Beratungen zum Budget fast am Ende einer sehr langen Sitzung. Wie Sie aus
den Wortmeldungen der Kolleginnen meiner Fraktion wissen, werden wir dem
Budgetvoranschlag 2006 heuer nicht zustimmen. Insofern ist die Sache
gelaufen. Dennoch ersuche ich Sie, trotz allgemeiner Ermüdungserscheinungen um
ein paar Minuten Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit.
Der
Bericht über die soziale Lage 2003/2004, den die Bundesregierung vorgelegt
hat, ist in weiten Teilen ein Armutsbericht, der neben den auch für Wien
alarmierenden Zahlen einen besorgniserregenden Trend aufweist, für den nicht
nur die Bundesregierung Verantwortung trägt, sondern der teilweise auch
hausgemacht ist. Das
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