Gemeinderat,
3. Sitzung vom 13.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 80
Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Stadtplanung
ist als Geschäftsgruppe im Budget zwar ziemlich knapp bemessen – da gibt es
andere Budgetposten, die deutlich mehr an Mitteln zur Verfügung haben –, aber
ich glaube, es ist uns allen klar, dass stadtplanerische Entscheidungen höchst
relevante Entscheidungen für das Wiener Budget sind. Wenn man beispielsweise
Siedlungen abseits von Entwicklungsachsen errichtet, kommt das die
Allgemeinheit sehr teuer. Das heißt, Fehlentscheidungen in der Stadtplanung
sind sehr budgetrelevant.
Ich
möchte deshalb an drei Projekte der Wiener Stadtplanung des letzten Jahres
erinnern, um Ihnen ungefähr zu zeigen, wohin sich die SPÖ-Stadtplanung bewegt.
Das
erste ist der Beschluss des Stadtentwicklungsplans. Der ist hier auch schon
ausführlich diskutiert worden. Ich möchte nur noch einmal grob unsere Kritik
anbringen. Und zwar war das so, dass im Stadtentwicklungsplan irgendwie ein
Brief ans Christkind, eine Wunschliste geschrieben wurde, wie man sich die Stadt
vorstellt, aber mit keinem Satz erwähnt wurde, mit welchen konkreten Maßnahmen,
Instrumenten, Förderungen diese Ziele erreicht werden wollen.
Eine
Lieblingsstelle möchte ich Ihnen zitieren. Im Zusammenhang mit dem Zielgebiet
City, Weltkulturerbe, heißt es zum Beispiel, Attraktivierung durch Belebung.
Was immer das heißen mag, wie immer man das erreichen will, ist offen. Ich
meine, die entscheidende Frage wäre gewesen: Wie kommt man dorthin? Welche
Instrumente braucht man? Sind die Instrumente, die die Stadtplanung zur
Verfügung hat – also Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan –, noch zeitgemäß, um
auf die jetzige dynamische Entwicklung der Stadtplanung in Wien zu reagieren?
Ein
großer Fehler war sicher auch, dass bei der Erstellung nicht geschäftsgruppenübergreifend
diskutiert wurde. Es ist eigentlich ein Papier, das vor allem aus der Feder der
MA 18 stammt, jedoch die Exekutive sozusagen, die MA 21, war schon
viel weniger einbezogen, ganz zu schweigen von einer anderen Geschäftsgruppe,
Wohnbau zum Beispiel, die Baupolizisten oder auch der Wohnfonds von Wien hätten
sicher Interessantes beizutragen gehabt. Die Bodenpolitikthematik zum Beispiel,
wie man eben Ziele erreichen kann, ist nicht einmal gestreift worden.
Ein
zweites großes Problem ist sicher auch, dass man Trends zwar kurz angerissen,
aber die wirklich großen Probleme wie zum Beispiel die dynamische Entwicklung
der Einkaufszentren eher verharmlost hat und sich irgendwie mit dem Satz
begnügt hat, wir machen irgendwann ein überregionales Einzelhandelskonzept,
ohne darauf hinzuweisen, wann genau das sein soll und mit welchen KollegInnen
aus welchen anderen Bundesländern et cetera.
Etwas,
was ich auch für ganz besonders wichtig halte, ist die Bevölkerungsprognose für
die innerstädtischen Bezirke, die von einem deutlichen Bevölkerungsrückgang
spricht. Das ist auch sehr budgetrelevant, denn gerade in den innerstädtischen
Bezirken gibt es gut ausgebaute Infrastruktur, öffentlichen Verkehr, Schulen,
Kindergärten et cetera, aber man tut wenig bis gar nichts, um zu verhindern,
dass die Menschen in die äußeren Bezirke beziehungsweise in das Stadtumland
abwandern.
Die budgetrelevanteste Sache, bei der es total
verabsäumt wurde, sie auch nur anzudiskutieren als eines der Instrumente, wäre
der Planwertgewinn gewesen. Wir haben auf unsere Anregung, warum diskutieren
wir nicht über die Instrumente, immer nur gehört, im STEP wird keine
Instrumentendiskussion geführt. Keine Ahnung, warum, aber jedenfalls meine ich,
dass das eine Chance gewesen wäre. Das müsste eigentlich auch den
Finanzstadtrat sehr interessieren, dass man in anderen Städten, zum Beispiel in
Deutschland, jahrelang schon mit so genannten städtebaulichen Verträgen
arbeitet oder eben dem Planwertgewinn, wo Grundstückseigentümer, deren
Grundstücke durch die Umwidmung aufgewertet werden, über Gesetze dazu
angehalten werden, sich an den Infrastrukturkosten zu beteiligen. Das heißt,
der Gewinn, den wir hier durch Umwidmung schaffen, wird besteuert, was aber
wieder direkt dem Gebiet zugute kommt.
In München beispielsweise werden Investoren die
Herstellungskosten für Erschließungsanlagen oder auch für die soziale
Infrastruktur angerechnet. Kosten für Gutachten, Wettbewerbskosten werden
mitgetragen, oder es gibt auch eine Bindung an den sozialen Wohnungsbau. Dennoch
ist es nicht so, dass deshalb alle Investoren von München davonlaufen und
sagen, oh, wie schrecklich, wie wirtschaftsfeindlich, sondern da gibt es eine
berechenbare Größe. Man weiß, worauf man sich einlässt, man weiß, dass man
mindestens ein Drittel des Wertzuwachses behalten kann, und es herrscht
Rechtssicherheit.
Das wäre doch eine wirklich wichtige Maßnahme, dieses
Instrument einzuführen, um Rechtssicherheit in der Stadt zu schaffen. Es gibt
keine Antwort, warum diese Diskussion nicht einmal ernsthaft geführt wird in
Wien.
Das zweite Thema, das letztes Jahr doch ziemlich
stark war, waren diese Feierlichkeiten zu "100 Jahre
Grüngürtel". Da möchte ich auch auf den Rechnungshofbericht verweisen, den
wir morgen diskutieren werden. Da braucht man eigentlich nur zu zitieren: Bei
der Ausgestaltung der Maßnahmen, die wir hier gemeinsam beschlossen haben,
wurde maximal ein Viertel, beim Ankauf erst 8 Prozent und im Nordosten
Wiens sogar erst 3 Prozent tatsächlich umgesetzt. Da frage ich mich dann
schon: Wie ernst nehmen Sie sich und Ihre Beschlüsse selbst? Ich meine, die
Beschlüsse müssen verbindlicher werden, so wie es auch der Rechnungshof in
seiner Kritik anmerkt. Beispielsweise müsste man die Siedlungsgrenze, die im
STEP nur eingezeichnet wurde, auch per Gesetz verordnen.
Abschließen möchte ich noch mit
dem dritten Thema, dem so genannten Architekturjahr 2005, das StR Schicker
letztes Jahr plötzlich ausgerufen hat. Ich denke, wohl deshalb, weil er vor der
Wahl die Unzufriedenheit
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular