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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 13.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 80

 

fragen!)

 

Welchen Problemen sehen sich die Frauen in Wien am öftesten ausgesetzt? Den niedrigsten Richtsatz für Sozialhilfe gibt es in Wien. Bei der Liste an Gebührenerhöhungen für Frauen ist besonders tragisch, dass die Kosten für einen Kindergartenplatz um 130 EUR im Jahr steigen. Die Armutsgefährdung ist besonders hervorgerufen durch die steigende Frauenarbeitslosigkeit in Wien. 70 Prozent der geringfügig Beschäftigen in Wien sind Frauen. Nur jede Zweite schafft den Wiedereinstieg. (GRin Martina LUDWIG: Ja, leider! Kindergeldfalle!) Frauen verdienen in Wien um ein Drittel weniger als Männer. Das zieht sich durch bis ins Alter, sodass die durchschnittliche Frauenpension um vieles geringer ist als die der Männer. Das heißt, das Armutsrisiko bei Pensionistinnen betrifft größtenteils alleinstehende Frauen. Alleinerzieherinnen sind auch mit Erwerbstätigkeit zu 28 Prozent armutsgefährdet.

 

Das heißt, es ist essenziell, dass in Wien Frauen mit Familie ausreichend erwerbstätig sein können und damit die verbundene Kinderbetreuung ermöglicht wird, um die Kinder, die Familie und die Frauen vor Armut zu schützen. Wir fordern seit langem eine verbessere Kinderbetreuung, um die Gleichstellung der Frauen überhaupt möglich zu machen und ihre Chancen, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren, zu gewährleisten, eine kostenlose Halbtagsbetreuung, flexible Öffnungszeiten, ausreichende Nachmittagsbetreuung an den Pflichtschulen - wir wissen, das ist besonders tragisch - und Vereinbarkeitspolitik von Familie und Beruf. (GRin Martina LUDWIG: Von welchem Bundesland sprechen Sie?)

 

Ich spreche hier von Wien. Ich kann Ihnen aber gerne aufzählen, was die Bundesregierung im Gegensatz für wesentliche Schritte getan hat: Frauenberatungsstellen für Migrantinnen, Kinderbetreuungsgeld, Verdreifachung der Zuverdienstgrenze, gesetzlicher Anspruch auf Elternteilzeit, Familienhospizkarenz, Frauenbeschäftigungsquote, Pensionsharmonisierung. (Beifall bei der ÖVP. - GRin Martina LUDWIG: Ist an Ihnen die Diskussion zum Kinderbetreuungsgeld vorbeigegangen? Ihre eigene Partei zweifelt mittlerweile die Sinnhaftigkeit an!)

 

Die Bundesregierung schnürt ein Beschäftigungspaket in der Höhe von über 780 Millionen EUR. Allein 101,1 Millionen EUR stehen für Wiedereinstiegs- und Qualifizierungsmaßnahmen von Frauen zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP. - GR Godwin Schuster: Wir haben dazu Vorschläge gemacht! Die liegen noch immer beim Bartenstein, weil er nicht zustimmen will! Es ist leider so!)

 

In Wien gibt es sehr viele Versäumnisse. Wir haben es gehört, nur 14 Prozent der Magistratsabteilungen werden von Frauen geführt. In Wien verdienen Frauen noch immer ein Drittel weniger als Männer. In 13 Prozent erfolgt an Sonderschulen Nachmittagsbetreuung, in 33 Prozent an Hauptschulen. Wie sollen Frauen am Nachmittag arbeiten, wenn sie Kinder haben, wenn die Kinder nicht ordentlich betreut sind? (GR Godwin Schuster: Das simmt nicht! Das ist das große Problem!) - Bitte, der Bund hat 99,8 Prozent Nachmittagsbetreuung an den Bundesschulen! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dann haben wir noch die Rekordarbeitslosigkeit und die steigende Frauenarbeitslosigkeit. (GR Godwin Schuster: Ja, genau!)

 

Ich sage Ihnen, Wien hungert den Bund aus. (GR Godwin Schuster: Das haben wir schon fünfmal gehört!) Wir sagen es so oft, bis Sie es sich merken! Dieses Budget bremst nicht nur Wien, sondern das ganze Land! (Beifall bei der ÖVP. - GRin Martina LUDWIG: Durch Wiederholen wird es nicht wahrer!)

 

Das stimmt bekanntlich. Darunter leiden alle Österreicher und Österreicherinnen! Deshalb kann ich diesem Budget leider nicht zustimmen! - Danke. (Beifall bei der ÖVP. - GRin Martina LUDWIG: Ich glaube, ich bin im falschen Film! Das ist ja unglaublich!)

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Frauenberger.

 

GRin Sandra Frauenberger (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beginnen möchte ich damit, dass ich sehr positiv berichten kann, dass Wien als Kommune aktiv Politik gestaltet, und zwar aktiv Politik auch für Frauen gestaltet. Wir setzen wesentliche Akzente in der Frauenpolitik. Wir möchten, und das tun wir, glaube ich, auch sehr erfolgreich, eigentlich eine Avantgarde-Rolle in der Frauenpolitik in diesem Land übernehmen. Was wir nicht tun, ist, dass wir die Versäumnisse der Bundesregierung wettmachen. Das geht nämlich gar nicht mehr, und zwar aus zwei Gründen: a) reichen dafür die finanziellen Mittel längst nicht mehr aus und b) ist mittlerweile viel zu viel kaputtgekürzt worden! Außerdem, möchte ich sagen, haben wir in Wien ein ganz anderes Politikverständnis! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wenn es aber in der Frauenpolitik um Arbeitsmarktpolitik, Aus- und Weiterbildung, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Frauenförderung, aber natürlich auch wichtige Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen geht, dann ist Wien die Partnerin für Frauen. Wir kämpfen für die Gleichberechtigung und wir kämpfen für die Unabhängigkeit von Frauen. Frauenpolitik ist eine Angelegenheit, das haben wir schon gesagt, Kollegin Vana, der gesamten Stadtregierung. Jeder einzelne Bereich leistet seinen Beitrag zur Gleichstellung. Darüber hinaus gibt es die MA 57. Es ist uns in dieser Situation, in der wir uns befinden, gelungen, trotzdem eine Erhöhung des Budgets der MA 57 zu erreichen, und zwar stehen wir jetzt auf 7,5 Millionen EUR.

 

Das oberste Ziel unserer Frauenpolitik in dieser Stadt ist nach vor die eigenständige Existenzsicherung von Frauen. Das erreichen wir, indem wir gerechter aufteilen, indem wir neu aufteilen und indem wir umverteilen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, wenn es darum geht, Gleichstellung zwischen den Geschlechtern tatsächlich zu erreichen. Hinter diesem Konzept steckt die Individualisierung der Frauen. Das ist ein sehr konträres Konzept gegenüber dem, das die Bundesregierung fährt, weil das ganz weit von dem weg ist, was wir uns unter eigenständiger Existenzsicherung vorstellen, zum Beispiel Ihre

 

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