Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 105
Altstadterhaltung und der
Ortsbildpflege eigentlich auskommen? 4,7 Millionen weniger, als im
Jahr 2004 tatsächlich verbraucht wurden! Wollen Sie die Erhaltung
wichtiger Kulturdenkmäler gefährden? Ist das das Konzept? Aber dazu wird mein
Kollege Bernhard Dworak ohnehin noch im Detail Stellung nehmen.
Warum kürzen Sie den Ansatz
für Forschung und Wissenschaft um 29 Prozent? Ich dachte, Wien muss
Wissenschafts- und Wissensstadt werden!
Ich erlaube mir daher,
gemeinsam mit GR Dr Wolfgang Aigner gemäß
§ 27 Abs 4 der Geschäftsordnung des Gemeinderats einen
Beschlussantrag einzubringen:
„Der Gemeinderat der Stadt
Wien spricht sich dafür aus, dass jene jährlichen Mittel, die von Seiten des
Bundes und seiner Institutionen für die Förderung der Forschung und
Wissenschaft in Wien bereitgestellt werden, von der Stadt Wien verdoppelt
werden.
In formeller Hinsicht wird
die sofortige Abstimmung beantragt.“ (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf von
amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny vom Berichterstatterplatz aus.)
Ich
habe es leider nicht gehört oder vielleicht ist es besser, wenn ich es nicht
gehört habe.
Und
was, Herr Stadtrat, ist Ihnen eigentlich die Musikpflege wert, deren Mittel
seit 2003 um 17 Prozent gekürzt wurden? Wann endlich wird die Stadt
Musikschulen entsprechend fördern, damit Wiener Kinder im Konzert der anderen
Bundesländer auch mitspielen können? Niederösterreich ist in allen Kategorien
der Musikschulen um eine Zehnerpotenz besser.
Haben
Sie vielleicht deshalb zu wenig Geld für Kultur, Herr Stadtrat, weil der
Finanzstadtrat fast 47 Millionen EUR für den Umbau des Ronacher
benötigt, damit Wien dann zwei hochsubventionierte Musical-Standorte hat? Haben
Sie sich im Sinn einer mittelfristigen Budgetplanung über den Subventionsbetrag
der drei Wiener Bühnen ab 2007 eigentlich schon Gedanken gemacht? Das
finanzielle Desaster des hochgerühmten Musicals "Wake up" haben wir
erst vor wenigen Tagen zur Kenntnis nehmen müssen: 12 Millionen EUR.
Und schließlich: Wie sieht,
Herr Stadtrat, Ihr Engagement für die neuen Medien aus? „Wien für die
Zukunftskompetenzen eines zusammenwachsenden Europas fit zu machen“ sagten Sie
in Ihrer bereits zitierten Gemeinderatsrede wörtlich. Gut. Nur der sozialdemokratische
Realismus ist ein anderer. Seit Jahren besteht der untragbare Zustand, dass für
neue Medien weder adäquate Antrags- noch Förderrichtlinien bestehen. In Wien
gibt es keine grundsätzliche Auseinandersetzung mit diesem komplexen
Themenbereich der Medienkunst und auch keine Auseinandersetzung mit ihren
Möglichkeiten.
Die Forderungen der Wiener
ÖVP an den Kulturstadtrat, endlich ein Förderkonzept zu entwickeln und die
Subventionsvergabe transparent zu gestalten, werden seit Jahren erhoben, aber
verhallen ungehört. Sogar die Szene selbst revoltierte und was taten Sie? Sie
überantworteten die Vergabe der öffentlichen Gelder an die Medienkünstler
selbst. Jetzt kommt man durch Mausklick zu Subventionen. Konzepte, Kontrolle,
Transparenz der Subventionsvergabe - alles Fremdworte für den Herrn Stadtrat.
Die Wiener Volkspartei
bekennt sich zur Förderung von Kunst und Kultur auf der Basis von
kulturpolitischen Konzepten, von nachvollziehbaren Richtlinien und von
kompetenten Entscheidungen. Kunst muss gefördert und gefordert werden. Das
ideenlose Verteilen von Geldern an pragmatisierte Subventionsempfänger ist zu
wenig. Verwalten statt Gestalten ist keine zeitgemäße Kulturpolitik.
„Kulturförderung ist keine Subvention, sondern eine Investition in die Zukunft.“
Dieser schöne Satz steht im Koalitionsabkommen, das die deutsche
Sozialdemokratie mit der CDU/CSU abgeschlossen hat. Nicht Wien, Berlin ist
anders!
Ich lade Sie ein, mit uns in
einen Zukunftsdialog einzutreten. Reden wir ernstlich über die Fortführung der
Theaterreform, die gezielte - die Betonung liegt auf gezielte - Förderung des
Films, die ausreichende - die Betonung liegt auf ausreichende - Finanzierung
der Museen, die Förderung der neuen Medien, die bessere - die Betonung liegt
auf bessere - Dotierung der Wissenschaft und eine umfassende - die Betonung
liegt auf umfassende - kulturelle Standortpolitik für Wien.
Das Budget, meine Damen und
Herren, ist bekanntlich die in Zahlen gegossene Regierungserklärung. Ich frage
Sie: Was wollen Sie uns mit diesem Budget eigentlich sagen? Kürzungen dort, wo
es die Leute brauchen, Erhöhungen, wo es die SPÖ für ihre Leute braucht. Ist
das die Erklärung dieser Stadtregierung?
Im Übrigen bin ich der
Meinung, so wie Matthias Tschirf, dass Wien den Bund aushungert. Eben dieses
Budget bremst das Wirtschaftswachstum nicht nur in Wien, sondern im ganzen
Land. Darunter leiden alle Österreicher. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Zum Wort
gemeldet ist Herr GR Woller.
GR Ernst Woller (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Damen und
Herren!
Wir stehen nun am Beginn einer neuen Funktionsperiode
des Wiener Gemeinderats. Da stellt sich natürlich die Frage: Was hat sich
geändert? Was ist neu geworden?
Nun, durch das Wahlergebnis ist einmal erstens klar:
Die SPÖ ist gestärkt aus dieser Wahl hervorgegangen, der Andreas
Mailath-Pokorny ist auch für die kommenden Jahre der für Wien verantwortliche
Stadtrat für Kultur und Wissenschaft. Das Wahlergebnis ist eine Bestätigung der
Kulturpolitik, die wir gemacht haben und die Bestätigung der Reformen, die wir
begonnen haben und die wir in den kommenden Jahren weiter umsetzen werden. Ich
sage da nur einmal: Die Umwandlung des Theaters an der Wien in ein Opernhaus,
die Theaterreform, das Projekt “Kunst im öffentlichen Raum“ und die
Realisierung des Kunstplatzes Karlsplatz, um ein paar Beispiele zu nennen.
Nun, der klare Verlierer dieser Wahl ist auch eindeutig
klar: Das ist die FPÖ, die nur noch mit zwei Mitgliedern im Kulturausschuss
vertreten ist. Das ist durchaus
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular