Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 89
unter dem Druck, der dann entsteht, wenn die Kinder dem Unterricht nicht im nötigen Ausmaß folgen können. Denn sie müssen die Unterrichtssprache vor dem Schuleintritt erwerben und nicht erst dann in der Schule, wo sie dem Unterricht nicht mehr folgen können.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben auch schon
vor vier Jahren gefordert, dass der Gratiskindergartenplatz für die Kinder vom
dritten bis zum sechsten Lebensjahr kommt, und zwar für alle Kinder; auf der
einen Seite, um soziale Härten abzufedern und auf der anderen Seite, um für die
Kinder von Zuwanderern einen Anreiz zu schaffen, eine Möglichkeit zu schaffen,
Deutsch schon vor der Schule zu lernen.
Sie sagen immer, es gibt jetzt schon so viele, die
nur ermäßigte Beiträge zahlen. Das stimmt, aber es sind gerade ... (GRin Martina LUDWIG: Genau ein Drittel
zahlt überhaupt nichts! – GR Godwin Schuster: Nehmen Sie einmal Ihre verdammte
parteipolitische Brille weg. Das ist verrückt, was Sie da machen. Sie halten
die Kinder für dumm!) Es gibt auch viele, die nichts bezahlen, aber es gibt
auch welche, die bezahlen, und ich bin der Meinung, dass es für alle jungen
Familien gerade in der Phase der Familiengründung finanzielle Engpässe gibt und
dass es vor allem für Familien mit mehreren Kindern notwendig wäre, den
Kindergarten gratis zu machen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Wohlhabende Eltern
geben ihre Kinder sowieso nicht in öffentliche Einrichtungen, sondern in
Privatschulen. Vor allem hochrangige sozialistische Funktionäre geben ihre
Kinder in private Einrichtungen.
Wenn ich mir die PISA-Studie anschaue, so gibt es in
Finnland wenig MigrantInnen, und vor allem – weil Sie immer von der
Gesamtschule reden – ist es nicht die Gesamtschule, die Finnland ein besseres
Schulsystem verleiht, sondern die Tatsache, dass die Kinder, die in Finnland in
die Schule gehen, keine Angst vor der Schule haben. Durch die Versäumnisse der
sozialistischen Bildungspolitik seit über 50 Jahren haben in Österreich
die Kinder in der Schule noch immer Angst und deshalb lernen sie auch nicht so
gut. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. –
GR Heinz Hufnagl: Das ist grotesk!) Nehmen Sie sich das zu Herzen und
ändern Sie endlich Ihre Politik! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als
nächster Redner ist Herr GR Vettermann gemeldet.
GR Heinz Vettermann (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Zuerst einmal zur Kollegin Schmalenberg: Ich meine, wenn
man sich die Kinder auf der Galerie anschaut, dann sieht man, wie die
Wirklichkeit ist. Und Sprachprobleme kommen ja auch bei FPÖ-MandatarInnen vor.
So gesehen sollte man sich da nicht zu sehr fürchten vor dem, was in der
Wirklichkeit in Wien passiert. (Beifall bei der SPÖ.)
Zum Kollegen Strobl: Wenn PISA etwas bewiesen hat, so
ist es doch das, was die eigene Zukunftskommission schon x-fach gesagt hat –
nur hört die Frau Ministerin, obwohl sie sie eingesetzt hat, nicht zu –,
nämlich dass die frühe Selektion zwischen Hauptschule und AHS eines unserer
Hauptprobleme ist. Das wurde nachgewiesen. Dagegen gibt es Konzepte, aber die
werden eben auch dementsprechend abgelehnt. Wir wollen eben alle fördern, je
nach Begabung, ohne soziale Selektion und keine Sozialeliten herausbilden. Das
geschieht an den Wiener Schulen.
Diesen einjährigen vorher von Ihnen geforderten
Defizittest, um irgendwelche Maßnahmen zu setzen, den lehne ich ab. (GR
Walter Strobl: Das haben Sie erfunden! "Defizittest" habe ich nicht
gesagt!) Ich nenne ihn so, denn so kommt das herüber, was Sie da tun
wollen. Denn eines ist doch klar: Im letzten Jahr entwickeln sich Kinder
weiter, und unser, wenn man so will, Test oder unsere Darstellung ist doch: Ist
das Kind schulreif oder nicht? Das ein Jahr vorher zu machen, würde allen
entwicklungspsychologischen Intentionen widersprechen. (Zwischenruf von GR
Walter Strobl.) Ja, stimmt schon. Das einzige – und da gibt es eine
Arbeitsgruppe im Stadtschulrat –, was man tun kann, ist dass man Eltern berät,
dass man schaut, wo es Möglichkeiten gibt und dass Wien auch etwas anbieten
wird. Das ist aber etwas ganz anderes, als ein Kind ein Jahr vorher für nicht
schulreif zu erklären. Das ist abzulehnen, und es wäre auch inhaltlich falsch. (Beifall
bei der SPÖ.)
Wir werden dort, wo es etwas gibt, auch Unterstützung
anbieten. Wir bieten sie auch jetzt schon an. Ich wollte mich eigentlich auch
bei den MigrantInnen zwar nicht entschuldigen, denn ich kann nichts dafür, aber
eigentlich hat es mir Leid getan, dass sie von der Frau Ministerin als
Mitschuldige genannt worden sind. Ich will ihnen nur sagen, sie sind nicht die
Einzigen: Zuerst war es die SPÖ, dann waren es die MigrantInnen und
ausländischen Kinder. Als man dann gesehen hat, dass beides nicht greift, sind
die Eltern drangekommen. Das waren zu viele, jetzt ist man bei den Lehrern
gelandet. (StRin Karin Landauer: Das ist
relativ einfach, denn die Sprache ist das Wichtigste für die Kinder!) Alle
sind schuld, nur nicht die Frau Ministerin, die sich in einer Art kreisförmigen
Rundumbewegung einmal dreht und alle, die sie erblickt, zu Schuldigen erklärt.
Aber dass die, die wirklich schuld ist – denn alle Kinder sind unter der
Ministerin Gehrer überhaupt in die Schule gekommen, die kennen keine andere
Bildungsministerin –, die Schuld derart wegschiebt, ist wirklich ein starkes
Stück. (Beifall bei der SPÖ.)
Trotzdem gibt es natürlich
Probleme. Aber sind wir denen hilflos ausgeliefert? Gibt es keine Konzepte?
Nein! Es gibt ja die Konzepte! Wir praktizieren sie in Wien. Aber ich finde,
das ist eine Ressourcenfrage. Wir brauchen die Lehrerinnen und Lehrer. Wir
haben begleitende Stützlehrer, wir hätten muttersprachliche BegleitlehrerInnen.
Wenn man die Ressourcen hat, dann kann man auch integrieren. Aber wenn man sie
nicht lässt, wenn man am letzten Schnapper arbeiten muss, dann werden Probleme
auftreten, und die soll man nicht verschweigen. (StRin Karin Landauer: Reden Sie von den arbeitslosen Lehrern?) Man
muss nur auch sagen, wer
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