Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 87
sich international, wie
entwickelt es sich in Österreich, ist diese Kunstgattung überhaupt
zukunftsweisend, oder ist sie nicht in Wirklichkeit bereits auf dem
absteigenden Ast - was den Anschein hat -, wie entwickelt sie sich qualitativ,
sind große Produktionen gefragt, kann ich hier mit weniger Geld auskommen, wie entwickeln
sich die Zuschauer. Das heutige Potential von 700 000, wie wird sich das
entwickeln, wenn die nächste Generation heranwächst, die ins Theater drängt.
Darüber gibt es überhaupt
keine Untersuchungen und dafür könnte man aber genug Geld aufwenden, um so eine
Studie zu erstellen. Wenn man weiß, dass man pro Jahr zumindest
14 Millionen EUR ins Musical hineinsteckt, da kann man ja wohl einmal
ein paar Tausend oder von mir aus auch 10°000 EUR dafür verwenden, hier
eine Studie zu erstellen, um in Zukunft die Mittel gezielt einzusetzen. Denn
das muss ja Aufgabe der Kulturpolitik sein - eine wesentliche Aufgabe -, die
Mittel des Steuerzahlers effektiv zu verwenden. In keiner oder in kaum einer
anderen Kunstgattung kann ich so relativ genau voraussehen wie sich etwas
entwickelt als bei der Unterhaltung und bei populären Musicals. Im
Avantgardebereich, im Theaterbereich, ist es viel schwieriger abzuschätzen, was
die Zukunft bringen wird.
Hier könnte ich das relativ
genau abschätzen, wie viele Zuschauer habe ich, wie bekomme ich sie in die
Theater, wo muss ich es bewerben, wie muss ich es bewerben und wie viel Geld
muss ich dafür aufwenden.
Und dann könnte ich zu einer
bedeutend höheren Auslastung kommen, da könnte ich zu einer bedeutend geringeren
Mittelaufwendung kommen und dann wäre ich endlich dort, wo wir schon immer hin
wollen, nämlich zu einer betriebswirtschaftlich geführten Institution, die
nicht in einem ungeheuren Ausmaß Subventionen verschlingt, sondern die auch
Gewinne abwirft.
Und genau in diesen Punkt
hinein passt natürlich auch der Umbau des Ronacher. Hier werden ohne Konzept
47 Millionen EUR für den Umbau des Ronacher verwendet.
Wir haben auch die Intendantin - und da gibt es im
Kulturausschuss auch Zeugen - gefragt, wie wird es denn weitergehen, was wird
denn ihn Wien gemacht im Musical. „Ja, das wissen wir noch nicht, wir wissen
noch nicht, welche Produktionen kommen.“
Sind es Eigenproduktionen, werden sie zugekauft, wie
schauen sie aus? Diese Antworten wurden uns nicht gegeben und wer etwas anderes
behauptet, der muss hellseherische Fähigkeiten haben. (GR Ernst Woller: Das gibt es aber in keinem Theater in Wien, weder in
der Staatsoper noch sonst wo!) Aber es werden auch in kein Theater
47 Millionen EUR hineingesteckt, ohne zu wissen, was damit letztlich
passieren soll.
Und genau darum geht es, um den vollkommen
ineffektiven Mitteleinsatz. Und es ist unverständlich, warum hier soviel Geld
hineinfließen muss, ohne dass tatsächlich erkennbar ist, was in Zukunft damit passiert.
Und dazu passt natürlich auch die mangelnde
Information über den Geschäftsgang. Natürlich wissen wir alle, dass man sich
Bilanzen einer Kapitalgesellschaft anschauen kann. Wir wissen aber auch, das
stimmt schon, dass sie üblicherweise erst 9 Monate später beim
Handelsgericht vorgelegt werden. Also, mit der Bilanz alleine fange ich nichts
an. Deswegen bitten wir, haben wir ersucht und haben wir gefordert, dass wir
laufende Informationen bekommen, denn nur damit kann man etwas anfangen.
Alles in allem, das ist kein Ruhmesblatt der
sozialdemokratischen Kulturpolitik und ein weiteres Zeichen dafür, wie
Steuergelder in Wien ineffektiv und nicht zielführend eingesetzt werden. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr
GR Woller.
GR
Ernst Woller (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Gemeinderats und Landtags): Sehr geehrte Damen und Herren!
Zum Thema “Musical ist ohne Zukunft“ habe ich hier
eine interessante Zeitungsmeldung von der “Sunday Times“ in London am 25.°Juli
dieses Jahres. Die “Sunday Times“ schreibt hier, dass in der English National
Opera nun neben Oper auch Musicals gespielt werden, da Oper als Kunstform
offensichtlich nicht mehr so gut geht und zu sterben droht.
Zur Zukunft des Musicals empfehle ich, gehen Sie
einen Abend bitte in “Elisabeth“, 100 Prozent Auslastung das ganze Jahr
über und ein begeistertes Publikum. Das spricht eine ganz andere Sprache, das
beweist mehr als Ihre Worte, dass Musical in Wien nach wie vor Zukunft hat. (Beifall
bei der SPÖ.)
Das Musical hat in Wien ein großes Publikum. Auch in
weniger guten Jahren gibt es 450°000 Besucher im Jahr, und sogar nicht so
gut laufende Produktionen wie “Wake Up“ haben mehr als 305°000 Besucher angelockt.
Diese Zahlen beweisen einfach, dass wir als vielfältige Kulturstadt Wien diesem
Publikum - und das ist vor allem ein junges Publikum - ein in der Qualität
hochstehendes Musical-Angebot machen müssen, und wir tun das auch.
Von diesen 450°000 Besuchern und Besucherinnen
sind 30 Prozent aus dem Ausland, 40 Prozent aus den Bundesländern.
Von den immer so angegriffenen 14,5 Millionen EUR Jahresförderung
kommen 92 Prozent, nämlich 13 Millionen EUR, an Steuern direkt
wieder an die Stadt und den Staat zurück. Eine vierfache Summe, nämlich
60 Millionen EUR, werden jedes Jahr von den BesucherInnen, die nach
Wien kommen, um ein Musical zu sehen, in dieser Stadt ausgegeben. Das ist mehr
als eine vierfache Umwegrentabilität. (GRin
Mag Heidemarie Unterreiner: Das ist ja nicht wahr!)
Mit diesen 14,5 Millionen EUR an
Förderungen wird ja nicht nur Theater gemacht, zwei Drittel dieser Gelder
werden für das Personal verwendet. Die Vereinigten Bühnen Wiens sichern damit
700 hochstehende Arbeitsplätze, 150 künstlerische Arbeitsplätze und
87 Arbeitsplätze im Orchester. Das ist eine Tatsache, die man hier
erwähnen muss, das muss man hier sagen, dass hier einfach Kunst und
Künstlerinnen und Künstler in dieser Stadt gefördert werden.
Die Vereinigten Bühnen Wien
erhalten mit den hier genannten 14,5 Millionen EUR drei hochwertige
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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