Gemeinderat,
47. Sitzung vom 22.10.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 82
Von alldem will die FPÖ nichts mitbekommen haben, kennt keine diesbezüglichen Beschlüsse und fühlt sich angeblich ach so getäuscht, wie Kollege Blind zuletzt im Umweltausschuss, vorgestern in einer Pressekonferenz und vorweg in seinem Redebeitrag zum Ausdruck gebracht hat: Eine "geheime Kommandosache" in der Wahrnehmung meines lieben Kollegen Blind! Kleine Gedächtnisauffrischungen gefällig? - In gewohnt zurückhaltender Diktion gab es folgende FPÖ-Presseaussen-dungen:
6.8.2001: Riesen-MVA liegt als Damoklesschwert über
Liesing.
18.12.2001: Freiheitliche lehnen Monster-MVA ab.
19.12.2001: FP-Reinberger kritisiert weitere
Verzögerung der Entscheidung über Monster-MVA.
18.1.2002: Bezirksvorsteher-Stellvertreter Stadler
von der FPÖ: „Simmering darf nicht die Krot schlucken.“
Am 5.2.2002, als noch nicht einmal die tatsächliche
Standortentscheidung gefallen war, spekulierte Kollegin Reinberger in einer
Aussendung mit einer Monster-MVA neben dem Obst- und Gemüsegrünmarkt.
Offensichtlich hat also die Freiheitliche Partei die Müllvermeidungskampagne
mit dem Müllmonster derart verinnerlicht, dass sie dies zwar nicht authentisch
wiedergibt, aber dafür umso herzlicher damit argumentiert.
Am 17.6.2003 einmal etwas ganz Neues bei den
Freiheitlichen: Mehr Müllvermeidung statt Müllverbrennung.
Am 6.11.2003: FP-Reinberger fordert die Simmeringer
auf, eine entsprechende Stellungnahme zur Umweltverträglichkeitsprüfung
Pfaffenau abzugeben und eine freiheitliche Bürgerinitiative zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, die hat wohl das Schicksal der Freien Gewerkschaft
Österreichs genommen: Mit Pomp und Trara angekündigt, danach hat niemand mehr
irgendwas davon gehört!
Schlussendlich eine Aussendung der Kollegin
Reinberger, die sonst nicht zum Stil der freiheitlichen Umweltsprecherin
gehört, weil sie vom Titel her wirklich problematisch und in aller Deutlichkeit
zurückzuweisen ist. In Anlehnung an den Wechsel in der Besetzung der Umweltstadträtin
gab es am 15.7. des heurigen Jahres eine Presseaussendung mit dem Titel:
Kossinas Erbe - Futter für die dritte MVA.
All das ist am Kollegen Blind anscheinend spurlos
vorbeigegangen.
Meine Damen und Herren! Ich habe wirklich Verständnis
für eine politische Partei, die von einem Wahldesaster nahtlos ins nächste
taumelt und in deren Reihen bloße Existenzangst herrscht. Aber das gibt dieser
Partei noch lange nicht das Recht, die Wiener Abfallwirtschaft so zu behandeln,
als ob man sie hier mit politischer Amnesie gleichsam strafen könnte.
Unklar ist im Übrigen auch die Haltung der Wiener
ÖVP. Wir haben das heute erlebt, es war das typische "Wasch mir den Pelz,
aber mach mich nicht nass": Ich bin zwar für die Müllverbrennung, und wir
waren es eigentlich eh immer, aber in dem Vertrag gibt es dieses und jenes, das
sind natürlich Ungereimtheiten, und deswegen können wir nicht zustimmen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Ich gebe Ihnen einen Tipp des
Herrn Dr Görg, der in einem bemerkenswert offenen Interview in der Tageszeitung
"Die Presse" vom 3. August gesagt hat: „Die ÖVP in Wien kann
halt einfach keine kraftvolle Opposition sein." Wenn das schon stimmt,
dann bleiben Sie bitte bei jenen richtigen Positionen, die Sie noch vor einiger
Zeit als Regierungspartei hier heraußen mit vertreten haben, und machen Sie
keine geistige Kindesweglegung! Das Thema Müllverbrennung und -entsorgung in
Wien ist zu wichtig, um solche taktischen Mätzchen durchzuziehen. (Beifall
bei der SPÖ. - GR Dr Matthias Tschirf: Ein gescheiter Vertrag wäre auch
wichtig!)
Das Triumvirat schließt sich; ich schaue den Kollegen
Maresch an, gar keine Frage. Die GRÜNEN wiederum erlebten mit ihrem stereotypen
Engagement gegen die Müllverbrennung Ernüchterung und schlussendlich so etwas
wie einen politischen Katzenjammer. Bei der öffentlichen Anhörung der
Strategischen Umweltprüfung, sprich der Umweltverträglichkeitsprüfung, hier in
diesem Haus im Festsaal, 21./22. Jänner, waren gerade einmal 20 bis
30 Aktivisten und grün-bewegte Freunde anwesend. Die Fragen der
Fachbeamten, der Ärzte, der Techniker, der Verkehrsplaner wurden derart
schlüssig beantwortet, dass hier wirklich keine Skepsis mehr offen blieb. Statt
zum Skarabäus der grünen Fraktion für die nächste Gemeinderatswahl ist der
grüne Mistkäfer eigentlich zu einer Art Marienkäferl geworden, das in der
Stille des Festsaals des Rathauses unter Ausschluss der Öffentlichkeit sein
politisches Ende gefunden hat. Ins Stammbuch unserer grünen Freunde ...
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Herr GR Hufnagl, darf ich Sie ersuchen.
GR Heinz Hufnagl (fortsetzend):
Der letzte Satz, Herr Vorsitzender: Die thermische Restmüllverwertung ist
hochmodern, steht völlig außer Streit, schont die Böden und die Luft und ist
daher im Sinne des Antrags, den die MA 48 im Zusammenwirken mit der WKU
heute eingebracht hat, voll zu unterstützen. Die Sozialdemokratie wird niemals
zulassen, dass die Abfallentsorgung eine Baustelle wird, über die die GRÜNEN
und die Blauen dann womöglich noch eine Bausperre verhängen.
Ich bitte Sie, diesem berechtigten und notwendigen
Vertragswerk Ihre Zustimmung zu geben, und danke herzlich für Ihre Geduld und
Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Diese Debatte ist noch nicht zu Ende. Herr GR Mag Maresch hat sich zu Wort
gemeldet, er hat noch 15 Minuten.
GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub
im Rathaus): Gleich vorweg, es wird keinen Vertagungsantrag geben. Sie können
jetzt ruhig essen gehen, trinken gehen oder sonst etwas machen. Das ist ganz
sicher versprochen. - Das ist einmal das Erste.
Aber gleich zu den Ausführungen
meines Vorredners über den grünen Mistkäfer, der zum Marienkäferl wird (GR
Günther Barnet: Skarabäus!): Als Punkt eins möchte
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