Gemeinderat,
47. Sitzung vom 22.10.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 59 von 82
Beteuerungen, eine Biogasanlage zeitgleich mit der MVA zu errichten, gibt es in diesem Vertrag keine Terminisierungsfestlegung hierfür. Wegen des Verschweigens des Biogasprojektes kritisieren wir in diesem Vertrag noch zwei weitere Fehler. Es wird festgelegt, dass die Energieerzeugung der 3. MVA nur an die städtischen Energieversorger abgegeben werden kann. Meine Damen und Herren, das ist Energiepolitik SPÖ-alt.
Sie haben anscheinend die Liberalisierung des
Strommarktes verschlafen und ich glaube nicht, dass dieser Passus EU-konform
ist, ich kann mir das nicht vorstellen.
Und hier fehlt mir ein bisschen ein Aufseher von den
GRÜNEN. Im Vertragsteil die Obliegenheiten betreffend steht ja alles Mögliche,
aber eines steht nicht drinnen, dass diese Anlage umweltgerecht sein muss. Das
fehlt mir. Wir übernehmen aber gerne diese Aufgabe, mit aller gebotenen
Dringlichkeit darauf hinzuweisen, dass im Vertrag, auch wenn es natürlich eine
Selbstverständlichkeit sein sollte, die Obliegenheit zur Einhaltung der
Umweltstandards ausdrücklich erwähnt wird. Das fordern wir ganz einfach.
Und eine der Hauptpannen des Vertrages rankt sich um
die Tarifgestaltung, die ganz einfach auf einen späteren Zeitpunkt
hinausgeschoben wird. Und uns fällt in diesem Zusammenhang im Finanzplan eine
Post auf, in der von 14,5 Millionen EUR Planungskosten die Rede ist
für eine Fernwärmeleitung zur MVA und der Fernwärmeleitung Steinsporn. Eine
etwaige Kostenteilung mit der Fernwärme Wien wird noch besprochen, heißt es
dazu im Vertrag. Und diese Ergänzung spiegelt wirklich die Qualität dieses
Vertrages wider und sie führt uns zu den nächsten entscheidenden Kritikpunkten
an dem vorliegenden Vertrag.
Die Fernwärme Wien wird ja der Betreiber, so liest
man ein bisschen verschämt an einer Stelle aus dem Vertrag heraus und das
ergibt so ein bisschen ein komisches Dreieck zwischen WKU, MA 48 und
Fernwärme Wien, das hoffentlich nicht zu einem finanziellen Bermudadreieck
wird. Das hoffe ich ganz fest.
Aber auf jeden Fall stört uns die Tatsache, dass
nicht wirklich geklärt wird, ob die Fernwärme als dreifacher Hauptnutzer des
Vertrages hervorgeht, wie es derzeit den Anschein hat, denn Nutzen Nummer eins
wäre nämlich, ca 30 Millionen EUR pro Jahr aus der angelieferten
Müllmenge zu lukrieren, und das wäre durchaus eine realistische Kalkulation,
zumindest kennen wir aufgrund dieses Vertrages keine andere. Und jetzt kommen
noch durch den Verkauf der aus dem Hausmüll gewonnen Wärme
14 Millionen EUR dazu, also insgesamt wären das theoretische
Einnahmen von 44 Millionen EUR.
Auch wenn
wir die genaue Kalkulation der WKU nicht kennen, wundern wir uns angesichts
dieser Summe schon darüber, dass nicht mit der Fernwärme diskutiert wird, ob
sie ihre Rohrtrasse wenigstens teilweise selbst bezahlt. Es geht schlussendlich
um die Müllentsorgung dieser Stadt und nicht um eine Subventionierung der
Fernwärme Wien.
Wir wollen daher einen klaren, auch den Tarif
klärenden Abnahmevertrag, und wir wollen kein Zahlungswirrwarr mit
Doppelkassierereien, wie sie in der Abfallwirtschaft in Wien leider sehr oft
vorkommen. Ich darf nur daran erinnern, dass die MA 48 mittlerweile ihre
Einnahmen nicht nur aus den Müllgebühren der Haushalte lukriert, sondern zu
einem wachsenden Teil auch aus der getrennten Müllsammlung. Insgesamt
44,16 Milliarden EUR kommen so in die Kassen der MA 48. Man
sieht daher, die Wiener Abfallwirtschaft wird immer mehr zum großen Geschäft
für das Wiener Budget. Ich meine nun einmal, kalkulatorische Gewinne sind
durchaus akzeptabel, aber es muss auch entsprechende Rahmenbedingungen hiefür
geben. Damit diese endlich einmal geschaffen werden, muss auch einer der
wichtigsten Verträge der Abfallwirtschaft in der Stadt Wien, nämlich der
vorliegende Vertrag, in einer entsprechenden Form abgefasst sein.
Meine Damen und Herren! Die aufgezählte Pannenserie
der letzten Zeit im Zusammenhang mit der Errichtung der dritten
Müllverbrennungsanlage liegt eindeutig in der Verantwortung Ihrer
sozialistischen Stadtregierung, die es in den letzten Jahren nicht geschafft
hat, mit den wesentlichen Umweltproblemen - und dazu gehört auch die
Müllentsorgung - fertig zu werden, weil ihr die Konzeptivität und
Nachhaltigkeit in der Umweltpolitik ganz einfach abhanden gekommen ist.
Frau StRin Sima! Ihnen hat man aufgrund des Ihnen
vorauseilenden guten Rufs durchaus zugetraut, einen Kurswechsel zu ermöglichen.
Doch angesichts dieses Geschäftsstückes verflüchtigt sich diese Hoffnung wieder
ein Stückchen mehr. Um aber die Hoffnung nicht ganz aufgeben zu müssen - und
ich bitte Sie, dies als Aufforderung anzusehen, die Sache endlich in die Hand
zu nehmen -, stimmen wir bei allem Bekenntnis zur dritten
Müllverbrennungsanlage gegen diesen Vertrag. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Blind. Ich erteile es ihm.
GR Kurth-Bodo Blind (Klub der Wiener
Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich melde mich laut § 19 Abs 1 und
Abs 2 zu Wort; ich sage das entsprechend dem Wunsch unseres Vorsitzenden.
Es geht um die Müllverbrennungsanlage Pfaffenau-Simmering. Die hat man ja
deswegen nicht nur Simmering genannt, damit die Leute den Gemüsegarten
Simmering ein bisschen positiv sehen, und Pfaffenau, das ist - pfui, pfui! -
ebendiese Müllverbrennungsanlage.
Jetzt kommt dieses Aktenstück in
den Wiener Gemeinderat. Ich sage dazu immer, es ist eine geheime Kommandosache.
Um satte 180 Millionen EUR - das sollen die Baukosten sein - soll die
WKU, die Wiener Kommunal-Umweltschutzprojektgesellschaft mit beschränkter
Haftung, die vierte Wiener Müllverbrennungsanlage in Wien errichten und sodann
betreiben. Dies soll ein Vertrag, den wir heute abstimmen sollen, zwischen WKU
und MA 48 regeln. Das ist die vierte Müllverbrennungsanlage, und wenn
jemand behaupten möchte, dass es die dritte ist, werde ich ihm gerne sagen, wo
die
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