Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 89 von 119
übrig. – Ich
bitte Sie zum Rednerpult.
GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Werte Frau
Vorsitzende! Verehrte Damen und Herren!
Ich rufe in Erinnerung: Es ging um den Verkauf des ehemaligen
Männerheims Meldemannstraße an ein Unternehmen, das uns bis auf weiteres nicht
mitteilen kann – warum sollten sie es auch, es ist ja eben ein privates
Unternehmen –, wie man denn gedenkt, das Heim später zu nutzen. Also wir haben
keine Angaben. Und ich rufe ebenfalls in Erinnerung, dass ich dabei war, einen
Brief des Herrn Bezirksvorstehers Lacina hier zu verlesen – der übrigens dem
Akt beigelegen ist und dem ich mich vollinhaltlich anschließe –, der sich
massiv beschwert hat über diese Vorgangsweise.
Ebenfalls in Erinnerung rufe ich zunächst einmal jene Passagen, die ich
bereits vorgelesen habe, die brauche ich ja jetzt nicht zu wiederholen. In
einem ersten Abschnitt beschwert sich der Herr Bezirksvorsteher darüber, dass
der Bezirk nicht eingebunden und auch nicht ausreichend informiert wurde. Im
Übrigen, wie gesagt, herrscht im Bezirk meines Wissens durchaus Einigkeit, dass
dieser Verkauf nicht begrüßt wird.
Im zweiten Bereich hat der Herr Bezirksvorsteher gemeint, die Stadt
hätte ja einerseits die Verpflichtung, den wirtschaftlichen Standpunkt zu
beachten und gewinnbringend zu verkaufen. Andererseits hätte die Stadt
allerdings auch eine gesellschaftspolitische und soziale Verpflichtung, und das
ist, älteren Generationen ein lebenswertes Altern zu garantieren.
Seine Bedenken, noch einmal gesagt, hinsichtlich des städteplanerischen
Aspekts waren ja, dass, wenn hier ein Billighotel entsteht oder auch ein großes
Fitnesscenter oder aber auch beispielsweise ein Wohnbauprojekt in dieser Größe,
durchaus eine Reihe von Schwierigkeiten auftreten könnten. Nicht zuletzt stellt
sich hier auch die Frage, ob ausreichend Parkplätze vorhanden sein könnten. Und
insbesondere im Zusammenhang mit der Option, ein Billighotel hier zu errichten,
äußert er ja auch Befürchtungen, dass es zu einer Form von besonderer
Gedenkstätte für ewig Gestrige werden könnte, angesichts der Tatsache, dass in
diesem Heim bekanntlich kein Geringerer als Adolf Hitler in seinen Jugendjahren
gelebt hat.
Nichtsdestotrotz setze ich dort fort, wo ich aufgehört hatte. Der Herr
Bezirksvorsteher kommt ja auch zum nächsten Aspekt, und das ist die Frage: Wie
sieht es aus mit dem Strategiekonzept der Stadt Wien für die Betreuung älterer
Menschen, datiert vom 16. Juni? Das heißt, das haben wir ja hier alle vor
ein paar Monaten zur Kenntnis genommen oder auch nicht, es ist unterschiedlich,
und hier gibt es klare Zielsetzungen, zu denen sich die Stadt Wien selbst
verpflichtet.
Diese möchte ich jetzt wiederholen, und hier steige ich wieder konkret
in den Brief ein. Also ich zitiere:
„Klare Zielsetzungen: Rückbau der Großeinrichtungen auf eine zumutbare
und überschaubare Größe bis 2010 unter besonderer Berücksichtigung der
Versorgungssicherheit. Das Angebot muss stärker dezentral und wohnortnah
ausgebaut werden. Das heißt, bei Neubauten oder neuen Nutzungen ist auf ein ausgewogenes
Angebot innerhalb Wiens zu achten."
In der Leopoldstadt und in der Brigittenau gibt es keine derartige
Einrichtung, meine Damen und Herren, außer drei Pensionistenwohnhäusern, die
voll ausgelastet sind. In diesen beiden Bezirken leben 13 305 Menschen,
welche 75 Jahre und wesentlich älter sind, das sind mehr als
10 Prozent der Wiener Bevölkerung in diesem Alter. Die Erreichbarkeit für
Ehepartner, Angehörige sowie Nachbarn oder Freunde ist bestens gegeben durch
die Linien U6, S1, S2 und S3, N, 31, 33 und 37A. Das alles bezieht sich auf das
ehemalige Männerheim in der Meldemannstraße, das nach Ansicht des Herrn
Bezirksvorstehers optimal wäre, um hier ein Pflegeheim zu errichten.
Der großartige Park mit einem herrlichen Baumbestand ist als öffentlicher
Park geplant, doch für diese notwendige Einrichtung würden sicherlich neue
Entscheidungen der Bezirksvertretung getroffen werden.
Ich habe mit bewährten Betreibern von geriatrischen Pflegeeinrichtungen
erfolgreich Kontakt aufgenommen. Angebote wurden vorgelegt. Das heißt, meine
Damen und Herren, es wurden Angebote vorgelegt, das Heim in dieser Richtung zu
nutzen, aber man hat sie ignoriert, man hat sich doch entschieden für eine
Firma, die das einfach kauft und nicht sagt, was sie daraus machen will.
Für den Fonds Soziales Wien ist der Standort
vorstellbar. Schau, schau. Erhebungen belegen, dass im Geriatriezentrum Am
Wienerwald sehr viele Brigittenauer leben, und das soll übrigens in ein paar
Jahren nicht mehr der Fall sein, angeblich nur bis 2010, denn wir wollen ja den
Menschen ein Leben in kleineren Einrichtungen ermöglichen. Ich frage mich, wenn
wir nicht bald beginnen, diese einzurichten: Wann wollen wir sie denn haben?
Die Betreiber dieser Einrichtungen können nicht um die Liegenschaft feilschen,
das würde sich in den Tagessätzen wiederfinden. „Ich bitte", sagt der Herr
Bezirksvorsteher Lacina, „nicht die wirtschaftlichen Interessen, sondern die
sozialpolitischen Grundsätze in den Vordergrund zu stellen." Ja, meine
Damen und Herren, das bitte ich Sie auch!
Es gibt keine weitere Liegenschaft im Bezirk, welche
alle Vorzüge für eine Pflegeeinrichtung hat. Deshalb muss ich im Interesse der
Brigittenauer Bevölkerung bitten, den Termin des Bieterverfahrens abzusetzen
und im Rahmen eines Gespräches mit allen Beteiligten eine Lösung zu finden,
welche der gesellschaftspolitischen Aufgabe entspricht.
„Lieber Vizebürgermeister", kommt er zum
Schluss, „liebe Stadträtin, lieber Stadtrat, die Brigittenau braucht eure
Hilfe. Ich auch, ein Brigittenauer seit Geburt. – Danke."
Jetzt weiß ich nicht, ob es zu
diesen Gesprächen gekommen ist. Doch angesichts der Tatsache, dass weder im
Ausschuss noch in der Landesregierung eine Auskunft zu bekommen ist, ob nun
dort eine Pflegeeinrichtung der Stadt Wien, das heißt auch nach sozialen
Kriterien et cetera et cetera, entstehen wird oder nicht, gehe
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