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Gemeinderat, 46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 119

 

geht, dann sind sie auf einmal ein Privatbetrieb. Frau Kollegin Ringler hat es ja schon angesprochen: Die Bilanzen der Vereinigten Bühnen, so wurde uns im Ausschuss gesagt, können wir uns beim Handelsgericht holen!

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Jede kleine Kulturinitiative in dieser Stadt macht sich die Mühe, uns ausführlichste Rechenschaftsberichte zu liefern, gute Bilanzen zu liefern, wo übrigens auch die Geschäftsführer-Bezüge angegeben sind und alles im Detail drinnen steht - und die Vereinigten Bühnen sagen uns: Holt euch das vom Handelsgericht! - Das ist wirklich jahrzehntelange Arroganz und sozialistischer Machtmissbrauch! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich glaube, für eine moderne Gesellschaft sind private Unternehmen etwas sehr Wichtiges, aber zweifellos auch eine funktionierende öffentliche Verwaltung. Nur: Die Mischform aus diesen beiden Elementen in Form der Wiener Großkolchose, dieses Betriebes, das ist natürlich das Schlimmste, was es gibt, und das lehnen wir auch zutiefst ab! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich werde Ihnen jetzt einmal sagen, wie dieses Kolchosenprinzip funktioniert. Stellen Sie sich fiktiv einen Privatbetrieb vor, wo der Vorstandsvorsitzende sagt: Wir haben 700 Millionen EUR Jahresumsatz!, und am nächsten Tag sagt der Aufsichtsratsvorsitzende: Wir haben 500 Millionen EUR Jahresumsatz! - Und dann wollen sie noch eine Investitionsentscheidung des Eigentümers für 47 Millionen EUR haben. Nun, was mit diesem Unternehmen und vor allem mit den beiden Vorständen passiert, das kann sich jeder ausmalen.

 

Genau so geht es bei den Vereinigten Bühnen zu, und das ist auch die herrschende Unternehmenskultur. Ich zeige es Ihnen jetzt anhand eines konkreten Beispiels, ich habe mir das genau angesehen:

 

In einer OTS des sozialistischen Rathausklubs sagt der Vorsitzende des Kulturausschusses am Montag, 20. September:

 

„Das Ronacher ist ein weiteres großes Vorhaben, um den jährlich 500 000 bis 600 000 Musicalbesuchern eine interessante Spielstätte zu bieten."

 

Am Tag danach, am 21. September, sagt der Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny im "Kurier":

 

„Für die bis zu 700 000 Musical-Besucher in Wien brauchen wir zumindest zwei Bühnen."

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Solange sich nicht einmal der Vorsitzende des Kulturausschusses der Stadt Wien und der Herr Stadtrat innerhalb einer Nacht darüber einig sind, welche Besucherzahlen es dort tatsächlich gibt (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Es liegt im Wesen des ..., dass es schwankt!), können Sie doch nicht im Ernst von uns verlangen, dass wir Ihnen hier eine Milliardeninvestition von 650 Millionen ATS – 47 Millionen EUR - zugestehen. Das können Sie doch nicht im Ernst machen! (Beifall bei der ÖVP. – Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Aber auch Sie werden verstehen, dass Zuschauerzahlen schwanken!)

 

Die Zuschauerzahlen schwanken - die schwanken nämlich bei Ihnen von einem Tag auf den nächsten, das ist das Problem! Und Sie investieren in diesen Bereich hinein, wo Sie sich in einer Nacht einen Zuschauerzuwachs von 200 000 Zuschauern irgendwie erträumen oder was, und auf Grund dieser konkreten Entscheidungsfindung treffen Sie eine derartige Investitionsentscheidung für die Zukunft! Das ist wirklich tiefste Kolchosenpolitik - und wir wissen ja, wie das dann ausgegangen ist. Das Problem ist nur hier, dass es der Wiener Steuerzahler zahlt. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und was kann der dafür, dass Sie sich für 47 Millionen da irgendwie ein Denkmal setzen wollen?

 

Übrigens: PR-mäßig ist das ja auch keine besondere Aktion, muss man dazusagen, denn wenn ich schon 47 Millionen EUR verbetoniere, dann würde ich mir zumindest erwarten, dass dann alle sagen: Na super! Toll! Großartig! Dann würde ich mir zumindest erwarten, dass ich von außen irgendetwas eröffnen kann. - Das Problem ist: Es wird jetzt zwei Jahre zu sein, weil es umgebaut wird - was das für das Haus bedeutet, ist Ihnen auch klar -, und nachher wird es von außen völlig gleich ausschauen. Das ist wirklich eine Public-Relations-Aktion à la Andreas Mailath-Pokorny, aber ich wünsche Ihnen viel Glück dazu. Das Problem ist nur leider: Wir zahlen es nicht aus Ihrem persönlichen PR-Budget, sondern aus dem PR-Budget der Stadt Wien und vor allem der Steuerzahler dieser Stadt.

 

Wer bisher geglaubt hat, dass die Zahlen der Stadt Wien nur ein Geheimnis sind, das die SPÖ kennt, der irrte: Diese differierenden Aussagen über Besucherzahlen zeigen, dass das offensichtlich ein Staatsgeheimnis ist. Das wissen Sie selber nicht! Sie wissen es genauso wenig wie die versprochenen Studien, Marktanalysen und so weiter - das hat Frau Ringler ohnehin alles eingefordert.

 

Und wer trägt dafür die Verantwortung? - Ich gebe im Folgenden drei Originalzitate wieder.

 

StR Mailath-Pokorny: „Ich zahle es nicht, ich beauftrage es nicht, ich nehme es aber dankend zur Kenntnis." – Übersetzt heißt das: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts, aber ich bin dankbar dafür.

 

Die zuständige Geschäftsführerin sagt: „Was und ob und wie es umgebaut wird, ist eine politische Entscheidung" - geht mich leider nichts an.

 

Und der Finanzstadtrat? - Der sagt gar nichts, denn der hat ja nur einmal etwas gesagt, nämlich dass er das eigentlich auch nicht für eine sehr intelligente Lösung hält.

 

Das heißt, die undankbare Aufgabe, das alles auch noch öffentlich zu verteidigen, bleibt unserem lieben Kollegen Ernst Woller. (GR Ernst Woller: Der das bravourös lösen wird!) „Der das bravourös lösen wird"! - Nun, was soll der schon sagen in dieser Situation? - Als alter Vorwärtsspieler orientiert er sich natürlich quasi an dem Motto: Wenn mir das Wasser bis da oben hin steht, dann sage ich einmal: Das ist natürlich typisch "die kulturfeindliche Argumentation der ÖVP"! (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Da hat er wieder einmal

 

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