Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 119
Vorgangsweise gegenüber all jenen Kulturschaffenden, die für 5 000, 10 000, 15 000 EUR ganze Bücher an Anträgen bringen, in denen viel Liebe und Herzblut steckt, wo ausführlich erklärt wird, warum man etwas macht, warum man jemanden einlädt, auf welche theoretischen Grundlagen man sich bezieht und Ähnliches mehr.
Die Vereinigten Bühnen Wien liefern 8 Seiten ab. Und nicht nur das:
Es gibt im Bereich der Vereinigten Bühnen null Transparenz! Wir wissen nicht,
wer derzeit Intendantenverträge hat und wofür. Nach meiner letzten Zählung
waren es 8°Personen, aber es könnten auch 9°Personen sein oder vielleicht nur
7. Wir wissen es nicht und haben auch im Ausschuss keine Auskunft darüber
bekommen. Wir kennen auch keine Bilanzen. Wir wissen überhaupt nicht, was der
finanzielle Status der Vereinigten Bühnen Wien ist. Wir wissen es nicht!
Sehr geehrte Damen und Herren! Einem Unternehmen, den Vereinigten Bühnen
Wien, die uns keine Bilanzen vorlegen, die ganz offensichtlich kein Interesse
daran haben, der Opposition Rede und Antwort zu stehen,
48 Millionen EUR zu beschließen, einfach so, mir nichts, dir nichts -
dafür sind wir sicher nicht zu haben!
Es ist zynisch, 48 Millionen EUR zu beschließen, ohne der
Öffentlichkeit mitzuteilen, wofür.
Frau Intendantin Zechner hat zwar durchaus nachvollziehbar erklärt, dass
sie ungern wieder irgendetwas erzählen möchte, wofür sie dann in der Presse
geprügelt wird, wie es ihr schon passiert ist. Aber, sehr geehrte Damen und
Herren, das ist das Schicksal des Intendantentums, dass man seine Inhalte
öffentlich vertreten muss und dass man sich mit der Öffentlichkeit darüber
streiten muss, ob man Recht hat oder nicht, und andere vielleicht anderer
Meinung sein könnten. Das ist Streitkultur, das ist die Auseinandersetzung, die
den Kulturbereich lebendig macht. Und diese Auseinandersetzung offensiv nicht
zu führen, weil man angeblich dafür dann in den Medien Schläge bekommen könnte,
sehr geehrte Damen und Herren, das ist bei 48 Millionen EUR auch
zynisch!
Wir werden jedenfalls diesem Akt ganz sicher nicht
zustimmen. Wir halten die Grundsatzentscheidung für falsch, und daher können
wir natürlich auch dem Umbau nicht zustimmen.
Aber wir sind sehr wohl der Meinung, dass es
grundlegende Informationen gibt, die unbedingt notwendig sind - auch für die
Öffentlichkeit -, um diesen Umbau bewerten zu können, die nicht vorliegen, die
weder den Mitgliedern des Kulturausschusses noch jenen des Finanzausschusses
noch den Interessierten und der Öffentlichkeit vorliegen. Daher stellen wir
heute drei Anträge, die ein bisschen Licht ins Dunkel bringen sollen, und ich
hoffe sehr, dass die SPÖ diesen Anträgen zustimmen wird, denn Sie würden damit
zeigen, meine Damen und Herren von der SPÖ, dass Sie doch daran interessiert
sind, darüber zu reden, was in dieser Stadt mit viel Geld passieren soll.
Ich stelle daher folgenden Beschluss- und Resolutionsantrag:
„Der zuständige Stadtrat für Kultur und Wissenschaft, Andreas
Mailath-Pokorny, möge den Mitgliedern des Gemeinderatsausschusses für Kultur
und Wissenschaft bis 31. Oktober jene Unterlagen in schriftlicher
Ausführung zukommen lassen, die die von ihm wiederholt vorgebrachte
Argumentation der Notwendigkeit eines Ronacher-Umbaus, sowie der
Wirtschaftlichkeit desselben, insbesondere für den Bau von zwei Probebühnen
nachvollziehbar machen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses
Antrags."
Der zweite Antrag möchte Licht ins Dunkel der Bilanzen der Vereinigten
Bühnen Wien bringen:
„Die zuständigen Stadträte für Kultur und Wissenschaft, Andreas
Mailath-Pokorny, und für Finanzen, Sepp Rieder, mögen den Mitgliedern des
Gemeinderatsausschusses für Kultur und Wissenschaft und dem
Gemeinderatsausschuss für Finanzen bis 31. Oktober die Bilanzen 2003
der Vereinigten Bühnen Wien und ihrer Tochtergesellschaften in schriftlicher
Ausführung zukommen lassen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses
Antrags."
Und der dritte Antrag:
„Der zuständige Stadtrat für Kultur und Wissenschaft, Andreas
Mailath-Pokorny, möge den Mitgliedern des Gemeinderatsausschusses für Kultur
und Wissenschaft bis 31. Oktober die von Intendantin Kathrin Zechner und
Intendant Ing Roland Geyer laut Akt AZ-2004/0001-GKU; MA 07 – 3910/04
vorgelegten inhaltlichen Konzepte für ihre Arbeit im Rahmen der Vereinigten
Bühnen Wien und ihrer Tochtergesellschaften in schriftlicher Ausführung
zukommen lassen.
In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses
Antrags."
Sehr geehrte Damen und Herren! Es entspricht der politischen Kultur und
einem Mindestmaß an Höflichkeit, diese Anträge positiv abzustimmen und endlich
Licht ins Dunkel zu bringen. Ich gebe zu: Ich wage es zu bezweifeln, dass die
SPÖ sich dazu durchringen wird, aber ich wünsche es mir sehr. Und ich hoffe
auch, dass jene Anträge der FPÖ, die einen sofortigen Stopp dieses Unterfangens
beantragen, ebenfalls eine Mehrheit erhalten. - Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Nächster Redner ist
Herr GR Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wie gesagt, das Ronacher ist ja
nur ein Symbol für die Vereinigten Bühnen, und ich möchte hier einmal die Frage
ansprechen: Was sind die Vereinigten Bühnen eigentlich wirklich? Sind sie ein
Privatunternehmen, oder sind sie ein öffentlicher Betrieb? Das ist so ein
bisschen wie Dr Jekyll und Mr Hyde, denn wenn es um Investitionen und
um Verlustabdeckung geht, dann sind sie ein öffentliches Unternehmen, ein
Kulturversorgungsunternehmen, und wenn es um Transparenz und Kontrolle
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