Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 93
8. Punkt: Es wird behauptet, dass Beschwerden, die im Stadtratsbüro eingelangt sind, nicht auf deren Bearbeitung überprüft worden sind. – Falsch. Das Kontrollamt hat festgestellt, dass jeder Beschwerde nachgegangen wurde.
9. Punkt: Stichwort "freiheitsbeschränkende Maßnahmen". – Wir
haben in der vorvorletzten Sitzung einen Sachverständigen gehört, nämlich den
Chefarzt Dr Stefan Rudas als Sachverständigen, als Experten, und haben dabei
gehört, dass es eben einen Widerspruch gibt zwischen persönlicher Freiheit und
Schutz des Lebens beziehungsweise Bewahrung vor Schaden. Er als
Sachverständiger konnte und wollte hier keine Wertung abgeben. Er hat damit auf
die Schwierigkeit hingewiesen, beides zum Wohle des Einzelnen unter einen Hut
zu bringen. Und das wird unsere Aufgabe sein, dass noch ausführlich zu
diskutieren.
Es ist auch bezeichnend, dass im Minderheitsbericht
auf die Zeugin Dr Pilz vergessen wurde, die unter anderem behauptet hat, dass
gegen den Willen der Patienten Medikamente verabreicht würden. Sie beruft sich
auf eine anonyme Aussage und konnte nicht sagen, in welcher Einrichtung solche
Vorfälle vorgekommen seien. Das kann man nicht oft genug wiederholen. Sie
musste auch zugeben, dass sie schon mehrere Monate über diese Vorwürfe in
Kenntnis gesetzt war und keine notwendigen Maßnahmen gesetzt hat, nämlich zum
Beispiel eine Anzeige.
10. Punkt: Unter "Schlussfolgerungen", und
das ist der Gipfel, steht im Minderheitsbericht: "Man lässt Bewohnerinnen
und Bewohner Jahre und in manchen Fällen sogar Jahrzehnte in Großheimen
dahinvegetieren, ohne ihnen eine adäquate und sichere Unterbringung und
menschenwürdige Betreuung zu bieten." – Das ist ein pauschalierter Angriff
auf das gesamte Personal (StRin Karin Landauer: Nicht das Personal!),
das in diesem Bereich tätig ist, weil das impliziert nämlich die Unterstellung,
dass die Menschen dort menschenunwürdig betreut werden oder nicht betreut
werden. Und das ist eine Unterstellung, die vor allem das Pflegepersonal
trifft, das sich tagtäglich um das Wohl der ihnen anvertrauten älteren Menschen
bemüht. (Beifall bei der SPÖ.)
Dieser Minderheitsbericht ist geprägt durch
subjektive Einschätzungen und Befindlichkeiten, durch Spielen mit Gefühlen,
durch Schüren von Angst, durch Pauschalierungen und durch falsche Behauptungen
und Unterstellungen.
Seriös und verantwortungsvoll ist es, Fakten zu
sammeln, den Ist-Zustand zu analysieren, Ziele zu definieren und daraus
erforderliche Maßnahmen abzuleiten. Und das ist der sozialdemokratische Weg. –
Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Zu
Wort gemeldet ist die Frau GRin Mag Schmalenberg. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Heidrun Schmalenberg (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte
Damen und Herren!
Im Zuge der Untersuchungskommission wurde bestätigt,
dass es tatsächlich zu zahlreichen gravierenden Missständen im Pflegebereich
gekommen ist. Ich möchte der Verharmlosung, die hier heute stattfindet, die
sich im Bericht findet, die sich in den Ausführungen des Herrn Berichterstatters
Deutsch und in den Ausführungen von GR Wagner und meiner Vorrednerin finden,
vehement entgegen treten. (Beifall bei der FPÖ sowie der GRinnen Susanne
Jerusalem und Dr Sigrid Pilz.)
Die Leidtragenden dieser Zustände in den
Geriatriezentren, das sind die pflegebedürftigen Menschen, das sind die
Angehörigen, das sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen
Pflegeeinrichtungen. Die Bedingungen, unter denen diese Menschen leben und
arbeiten müssen, sind zum Teil unzumutbar, und das ist auch der Grund, warum
viele resignieren und warum viele die Hoffnung aufgegeben haben, dass sich an
den derzeitigen Zuständen bald etwas bessern wird.
Die Rathausmehrheit, Sie, die Sie hier sitzen, Sie
haben diese Mängel und die daraus resultierenden gravierenden Missstände zu
verantworten. Denn gewusst haben Sie alles und getan haben Sie nichts, und das
schon seit vielen, vielen Jahren.
Ich bedaure zutiefst, dass, obwohl wir wichtige Dinge
noch nicht untersucht haben und obwohl wir die Untersuchungen und Befragungen
noch lange nicht abgeschlossen haben, diese Untersuchungskommission frühzeitig
abgebrochen wurde. Die vielen Stunden in dieser Untersuchungskommission waren
für mich eine sehr interessante Erfahrung. Ich habe sehr viel gelernt, und ich
habe mit sehr vielen Menschen Kontakt gehabt, die sich mit ihren Sorgen an uns
gewendet haben.
Es hat mich wirklich sehr betroffen gemacht, dass bis
vor wenigen Monaten niemand die Qualität der Pflege in den Pflegeheimen der Stadt
Wien kontrolliert hat. Ich betone, dass wir hier im klaren Gegensatz zu dem
stehen, was der Herr GR Deutsch gesagt hat, denn er hat davon gesprochen, dass
es keinen kontrollfreien Zustand gegeben hat. Es hat keine Kontrolle in den
Pflegeheimen gegeben, keine Kontrolle durch die MA 47, wie wir wissen. Und
egal, wie Sie das interpretieren, Herr GR Deutsch, und warum Sie glauben, dass
das so ist: Fact ist, es hat keine Kontrolle gegeben.
Es hat auch keine Kontrolle durch den
Krankenanstaltenverbund gegeben. Frau StRin Pittermann wurde vorgeworfen, dass
sie mit dem Management im KAV nicht konnte. Bei den Befragungen in der
Untersuchungskommission, sehr geehrte Damen und Herren, ist ganz deutlich
geworden, dass dieses Management völlig undiskutabel ist, und es ist im
Nachhinein völlig verständlich, dass die Frau StRin Pittermann mit diesem
Management Probleme hatte, denn ihre Anweisungen wurden nicht beachtet und ihr
Versuch, Reformen durchzuführen, wurde im Ansatz zunichte gemacht, wurde im
Keim erstickt.
Wenn sich in diesem verkrusteten
System nichts ändert, dann wird sich für die Wienerinnen und Wiener nichts
verbessern. Das sagen nicht wir Freiheitlichen, sondern das sagen die
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KAV, die Tag und Nacht für die Menschen im
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