Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 93
geehrte Frau Stadträtin, natürlich muss ich auch sagen, Sie sind seit acht Jahren in der Stadtregierung. Sie kommen nicht neu herein und bringen jetzt Ihr Programm. Sie sind acht Jahre in der Stadtregierung. Seit acht Jahren vertreten Sie selbstverständlich die Anliegen der Wienerinnen und Wiener, zugegebenermaßen allerdings in einem anderen Ressort, aber ich nehme doch an, dass man als Stadtsenatsmitglied über alle Agenden informiert wird.
Da frage ich Sie: Warum haben Sie nicht mitgewirkt,
dass die Vorschläge 1993, "Hilfe im hohen Alter", umgesetzt worden
sind? Sie wissen, wie wenig davon realisiert wurde. Sie waren
Personalstadträtin. Sie wissen, dass die Geriatriezulage jahrelang hier
diskutiert wurde. Warum haben Sie nicht mitgeholfen, dass das zum Beispiel realisiert
wurde, wenn Ihnen die pflegebedürftigen Menschen in dieser Stadt so viel
bedeuten? Warum haben Sie nicht mitgewirkt, dass manches rascher geht, dass
Prioritäten gesetzt werden?
Sehr geehrte Frau Stadträtin, natürlich enttäuscht
mich das, ich hoffe aber sehr, dass Sie mich und alle anderen in Zukunft mit
positiven Akzenten überraschen. Die heutigen Ausführungen haben mich noch nicht
beeindruckt. Ich hoffe aber, dass in Zukunft die Taten kommen.
Sie können, Frau Stadträtin, mit unserer und meiner
persönlichen Unterstützung rechnen. Wir sind sicher Verbündete für Sie, wenn
Sie tatsächlich das, was zugesagt wurde, mit einem wirklichen Zeithorizont, mit
Terminen, versehen. Da ist mir auch, was Sie heute für das Jahr 2010 gesagt
haben, zu wenig. Das muss rascher gehen.
Ich habe mich früher mit der Situation von
Pflegebedürftigen nicht auseinander gesetzt. Ich habe politisch damit nichts zu
tun gehabt. Aber ich habe in den letzten Jahren so viel gesehen und es hat mich
so beeindruckt, dass ich wirklich sagen muss, dass ich alles, was ich
persönlich unternehmen kann, tun werde, um mitzuhelfen, dass die Situation
dieser alten pflegebedürftigen Menschen, die ihren Lebensabend teilweise so
verbringen, dass man nicht von Leben sprechen kann, sondern von Vegetieren sprechen
muss, raschest geändert wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Frau Stadträtin, Sie werden die Verantwortung auch in
Zukunft auf niemanden abschieben können, zum Beispiel nicht auf den Krankenanstaltenverbund,
denn Sie sind in einer Alleinregierung und daher auch allein verantwortlich für
den Krankenanstaltenverbund! Sie werden die Verantwortung auch nicht auf die
MA 15 abschieben können, denn Sie sind mit der Alleinregierung auch für die
MA 15 allein verantwortlich! Sie werden die Verantwortung ebenso nicht auf
das Pflegepersonal abschieben können, denn Sie sind mit der Alleinregierung
allein verantwortlich! Sie werden die Verantwortung auch nicht auf das
Kontrollamt abschieben können, denn Sie sind mit Ihrer Alleinregierung allein
dafür verantwortlich, dass die Kontrollamtsberichte gelesen und daraus die
Konsequenzen gezogen werden! (Beifall bei der ÖVP.)
Sie werden die Verantwortung auch nicht auf den
Rechnungshof abschieben können, denn Sie sind mit Ihrer Alleinregierung auch
dafür verantwortlich, dass die Berichte gelesen werden und dass daraus die
richtigen Schlüsse gezogen werden! Sie werden die Verantwortung nicht mehr auf
mangelnde Dokumentation der Pflegevorsorge in einem Geriatriezentrum abschieben
können, denn auch da sind Sie mit der Alleinregierung allein verantwortlich,
dass das Pflegepersonal vollständig und richtig dokumentiert! Und Sie werden
die Verantwortung auch nicht auf eine Disziplinarkommission abschieben können,
denn Sie sind mit Ihrer Alleinregierung allein verantwortlich, dass die Pflege
dokumentiert wird, dass alles funktioniert und dass es überhaupt keiner
Disziplinarkommission bedarf!
Sie werden, sehr verehrte Frau Stadträtin, auch die
Verantwortung für den Pflegeskandal in Lainz und anderswo, dass so etwas nie
mehr passiert, nicht abschieben können, denn Sie sind mit Ihrer Alleinregierung
auch allein verantwortlich! Sie sind auch allein verantwortlich, dass diese
Untersuchungskommission abgebrochen wurde, bevor wir zu einem gemeinsamen
Bericht kommen konnten!
Frau Stadträtin, Sie haben gesagt, Sie bedauern das.
Wir bedauern es auch, dass wir keinen gemeinsamen Bericht zu Stande gebracht
haben. Aber die Schuld liegt nicht bei der Opposition, sondern die Schuld liegt
eindeutig bei der Mehrheitsregierung! (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, als die Wiener SPÖ die
Gesamtverantwortung nach den Wahlen erhalten hat, meinten Sie, Herr Bgm Häupl,
Demut ist angesagt. Demut heißt aber vor allem, etwas zu tun. Da hätten Sie,
Frau Stadträtin, auch in den letzten Jahren schon Gelegenheit gehabt,
Pflegepläne auszuarbeiten, Strukturpläne zu erstellen, Ausbildungspläne zu
konzipieren beziehungsweise anzuregen und mitzuhelfen. Die sozialdemokratische
Alleinregierung hätte längst aus Wien eine Weltmusterstadt für sinnvolle
Geriatrie machen können. Niemand hätte Sie daran hindern können. Aber es wurde
nicht gemacht. Sie haben zugeschaut und der Herr Bürgermeister hat es
dankenswerterweise als Einziger zugegeben, dass von den Vorschlägen von 1993
letztendlich sehr wenig umgesetzt wurde und dass vor allem die Kontrolle total
versagt hat beziehungsweise ignoriert wurde.
Ich möchte Ihnen nur ein Beispiel sagen, was ich für
einen Skandal halte: Es ist nach wie vor so, dass ein erwachsener Mensch für
seine Körperpflege in 24 Stunden 23 Minuten zugebilligt bekommt, 23 Minuten an Tätigkeit des
Pflegepersonals. Schauen Sie doch einmal auf die Uhr, wenn Sie morgens in Ihr
Badezimmer gehen. Wenn Sie nach 23 Minuten Zähne geputzt, gebadet, Haare
gepflegt, eingecremt, Nägel gepflegt haben und als Mann möglicherweise auch
rasiert herauskommen, dann, würde ich sagen, waren Sie sehr flink unterwegs! (Beifall
bei der ÖVP.)
Und Sie
können sich noch selbst versorgen. Sie müssen nicht gedreht, gesetzt und
geputzt werden. (GRin Erika Stubenvoll schüttelt den Kopf.) - Frau
Präsidentin, Sie schütteln den Kopf, aber leider ist das eine
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