Gemeinderat,
45. Sitzung vom 01.07.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 93
Die Liste ließe sich hier
fortsetzen, das habe ich aber nicht vor. Ich kann Ihnen seitens der GRÜNEN nur
versprechen: Wir werden weiterhin Missstände aufzeigen, wir werden weiterhin grüne
Konzepte vorlegen und auch vehement einfordern, und wir werden mit Spannung der
Dinge harren, die kommen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr StR Dr Hahn.
StR Dr Johannes Hahn:
Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Wir stehen also heute vor einer
Regierungsumbildung. Ich bin nicht so hoffnungsfroh wie Sie, Frau Kollegin
Vassilakou, dass dadurch der Stillstandssozialismus überwunden werden wird, aber
ich glaube, uns allen ist gemeinsam, dass diese Regierungsumbildung eine lang
erwartete, von manchen auch heiß ersehnte ist. Die Wiener SPÖ hat mit ihrem
Chef sicherlich die Via dolorosa des Selektionsverfahrens damit durchschritten,
das Ergebnis ist, wenn schon nicht schmerzhaft, so doch, gelinde gesagt,
bescheiden. Aber ich würde mich freuen, wenn ich mein Urteil in den nächsten
Monaten revidieren müsste.
Eines steht schon fest, auch
seitens meiner Fraktion: Die hundert Tage politischer Schonfrist werden Ihnen
zur Einarbeitung selbstverständlich eingeräumt. Ich hoffe, dass Ihnen der
Sommer in jeder Hinsicht die Möglichkeit bietet, das zu tun, und es möge ein
gnädiger Sommer sein.
Ich möchte aber, bevor ich zu den
Kandidatinnen oder neuen Stadträtinnen etwas sage, doch noch ein paar Worte zu
den beiden abtretenden sagen. Das doch sehr Interessante und Bemerkenswerte -
allerdings bei Kenntnis der Rathaus-Mentalität auch nicht weiter Erstaunliche -
ist der Umstand, dass anlässlich der Pressekonferenz, in der diese
Regierungsumbildung bekannt gegeben wurde, der Herr Bürgermeister gesagt hat,
er habe - so durften wir hören und lesen - den Wunsch beider zum Rücktritt zur
Kenntnis genommen. Dieser sei weder aus fachlichen noch aus Gründen mangelnder
Integrität, sondern ausschließlich aus persönlichen Motiven erfolgt.
Ehrlich gesagt, ich kann mich
nicht erinnern, dass die beiden Damen jemals zu verstehen gegeben hätten, sie
möchten zurücktreten. Ich kann mich erinnern, dass Frau Dr Pittermann vor zwei
oder drei Tagen sogar beklagt hat, dass ihr der Zeitpunkt sehr unpassend kommt,
weil sie jetzt nicht einmal auf Urlaub gehen kann. Daraus schließe ich nicht
unbedingt, dass sie das freiwillig getan hat, weder zu diesem Zeitpunkt noch zu
einem anderen. (Heiterkeit bei Bgm Dr Michael Häupl.)
Mangelnde Integrität hat nie
jemand den beiden Damen vorgeworfen, und über die fachliche Integrität oder
fachliche Qualifikation im engeren Sinn hat es auch nie eine Debatte gegeben.
Das war möglicherweise das Problem. Nicht alle Experten sind bekanntermaßen
gute Politiker, und das wurde uns ja auch wieder vorgeführt. Bleibt also
letztlich die Frage: Was waren die Motive?
Da muss man sagen, bei Frau StRin
Kossina habe ich immer wieder gehört, dass ihre mangelnde Qualität, sich zu
vermarkten und ihre Tätigkeit zu vermarkten, das Hauptmotiv gewesen sein mag.
Das erstaunt mich, weil ich glaube, neben Herrn StR Faymann gibt es kein
anderes Regierungsmitglied, das sich mit seiner Arbeit so intensiv in diversen
Beilagen, Broschüren et cetera vermarktet hat. Unser Archiv hat bei
932 Meldungen aufgehört zu zählen; ich sage auch unumwunden, wir erheben
nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Offensichtlich hat das also trotzdem
nichts genutzt, und daher musste sie gehen. Das Hauptmotiv für die neue
Kandidatin ist ja auch angeblich, dass sie ein so großes Talent hat, sich und
ihre Arbeit zu vermarkten.
Was Frau Dr Pittermann betrifft,
wurde ja diese Woche schon viel gesagt. Ich glaube, man muss unumwunden
zugeben, dass sie ambitioniert war, dass sie aber an sich und an den Strukturen
gescheitert ist. Ich möchte auch, weil ich ja viel mit ihr zu tun hatte, ihr
auf diesem Wege alles Gute für ihre weitere berufliche Tätigkeit wünschen.
Aber nun zu der Frage, was
eigentlich die Motive sind und was die Voraussetzungen für die Berufung in ein
Regierungsamt sein sollten: Ich denke, es sind zwei wesentliche Voraussetzung,
die ein Regierungsmitglied mitbringen sollte, wenn es in eine politische
Führungsposition wie die eines amtführendes Stadtrates berufen wird. Die erste
ist eine inhaltliche Kenntnis der Materie, oder zumindest, dass man irgendwie
einmal gesehen oder gehört hat, es gäbe ein Interesse für diesen
Politikbereich; und wenn dann noch ein politischer Gestaltungswille dazukommt,
ist dies auch nicht schade und durchaus begrüßenswert. Weiters meine ich, es
gehört dazu auch die Fähigkeit, einen so großen Apparat, ein in der Regel doch
so vielfältiges Ressort mit so vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu
führen, Entscheidungen herbeizuführen, aufzubereiten, sie zu treffen und
letztlich auch durchzusetzen, also eine Managementqualität, die man mitbringen
muss.
Die Frage ist nun, ob diese
Voraussetzungen durch das neue Stadträte-Trio erfüllt werden. Ich hoffe, dass
das Zitieren eines französischen Filmtitels vielleicht doch noch zu früh ist. (GR
Heinz-Christian Strache: Wie lautet der?)
Aber ich darf vielleicht zunächst
einmal zu den Damen kommen. Die neue Umweltstadträtin wurde uns ja angepriesen
als eine Person, die imstande ist, ihre Politik optimal zu vermarkten. Das ist
gut, das ist wichtig. Ich darf vielleicht den Hinweis einbringen, es handelt
sich da um ein Ressort mit 800 Millionen Umsatz, breit angelegt, vielen
Zuständigkeiten, also auf gut Wienerisch: Kein Lercherl. Es wird notwendig
sein, hier nicht nur die Bundespolitik weiterzuführen, wie sie es angekündigt
hat. Das ist lieb, das ist ehrenwert, aber es gibt kommunalpolitische
umweltpolitische Aufgabenstellungen, und ich bin schon gespannt - die GRÜNEN
sind es aus anderen Motiven -, wie schnell ihr Beitrag erfolgen wird, Frau Mag
Sima, zur Durchsetzung der Nord-Ost-Umfahrung, die wir alle ungeheuer dringend
brauchen und auf die wir warten. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wie gesagt, die Vermarktung ist
gut und wichtig.
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