Gemeinderat,
44. Sitzung vom 29.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 95
des 69ers entstanden. Ich habe es Ihnen schon aufgezählt, ich mache es nur noch kursorisch. Wir hatten den Hochhaus-69er, wir hatten den vorauseilenden 69er - Klammer auf, das heißt, dass Bezirksvorsteher bei Flächenwidmungen betroffenen Bürgern im Planungsgebiet bereits vorhersagen, dass sie einen 69er bekommen, um den Flächenwidmungsplan dann wieder zu ändern, Klammer zu - und wir haben zum Teil auch schon exzessive 69er im Neubau, wenn ich etwa an das Arsenal denke, aber da konnte noch Schlimmeres verhindert werden. Also immer wieder taucht dieser 69er auf.
Die Volkspartei hat deshalb in den letzten Wochen mit
Experten aus verschiedenen Branchen, Architekten, Stadt- und Raumplanern,
Bauträgern sowie kleinen und größeren Immobilieninvestoren einen sehr
intensiven Dialog geführt, um einmal nicht nur im eigenen Sud der Politiker und
ihrer Experten zu kochen, sondern auch einmal ein bisschen die Meinung von den
Betroffenen zu hören, was denn die über die 69er und die Praxis sagen. Ein paar
der Anmerkungen und Argumente, die gekommen sind, möchte ich Ihnen jetzt
bringen.
Das eigentliche Hauptargument, gerade der
Architekten, war, dass es in Wien seit geraumer Zeit zu generellen Abzonungen
kommt. Natürlich sind die Neuwidmungen meistens auf den Neubau und nicht so
sehr auf den Altbestand bezogen. Wenn ein 20 Meter hohes Haus im
Altbestand 20 Meter hoch ist und auf 16 Meter gewidmet wird, dann ist
es relativ logisch, dass Änderungen im Bestand, also Dachausbau oder
Aufstockungen, nur über eine Ausnahmeregelung gehen. Das heißt, man sollte sich
vielleicht einmal überlegen, ob man wirklich in den Widmungen immer nur
hauptsächlich auf den Neubau abzielt oder ob man nicht eben auch wieder auf den
Bestand Rücksicht nehmen sollte.
Der zweite große Kritikpunkt, der in unseren
Gesprächen immer wieder gekommen ist, hätte jetzt wirklich zum StR Faymann
gepasst und war nicht ganz das Ressort hier. Es handelt sich dabei darum, dass
die Bauordnung der Stadt Wien überreglementiert ist. Das zeigt eben schon die Länge
des 69ers. Wenn man so viele Ausnahmen von der Bauordnung haben will oder haben
muss, dann ist das offensichtlich überreglementiert. Wir wissen auch, dass
gerade die Immobilienwirtschaft und die Bauwirtschaft immer wieder Probleme mit
den neuen Bauordnungen haben. Dass das nicht unbedingt zu einer Vereinfachung,
sondern zu einer Verkomplizierung von Bauverfahren führt, ist auch klar.
Zugegebenermaßen nicht eben Sache dieser Geschäftsgruppe. Also
Überreglementierung der Bauordnung, meistens auch noch in Verbindung mit einem
gewissen Kompetenzwirrwarr, das selbst für die Profis manchmal nur mehr schwer
durchschaubar ist, MA 19; MA 21, MA 37 und so weiter. Hier
könnte man durchaus eine Straffung und eine Vereinfachung des Verfahrens überlegen.
Ich meine, es ist an sich eine geradezu für die
Fachleute alte Diskussion der Raum- und Stadtplanung, wie detailliert derartige
Pläne eigentlich zu sein haben, der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, was in
so einem Ordnungsplan zulässig ist, was darin stehen und was erst in Ebenen
darunter geregelt werden soll. Ich denke, dass es wert wäre, das einmal auf
einer breiteren Ebene zu diskutieren.
Wir haben seit ungefähr zwei Jahren eine gängige
Praxis bei dem 69er, eben um diesen Wildwuchs hintanzuhalten, die verkürzt
ausgedrückt heißt, ich habe eine magistratsinterne Weisung, dass nur eine
Zehnprozentregel zur Anwendung kommen soll. Das heißt, das Ausmaß in der
Grünbebauung soll die geltenden Bestimmungen um nicht mehr als 10°Prozent
überschreiten. Es ist natürlich ein Unterschied, ob ich bei einem Hochhaus, das
180 Meter hoch ist, 10°Prozent dazugebe oder ob es im Altbestand ein
zweistöckiges Haus ist, wo ich letztendlich mit den 10°Prozent nicht viel
anfangen könnte. Bei ersterem Beispiel hätte ich fünf oder sechs Etagen
dazugewonnen. Das heißt, eine starre Zehnprozentregelung bringt uns
zugegebenermaßen, wenn man es sich wirklich in der Praxis und nicht nur hier in
der Theorie anschaut, auch nicht weiter. Das ist nicht die optimale Form, aber
es ist besser, als wenn überhaupt nichts geht. Aber es kann nicht der Weisheit
letzter Schluss sein, meine Damen und Herren.
Natürlich ist mit dem §°69-Verfahren auch verbunden,
ob man überhaupt Dachausbauten in der Stadt will oder nicht. Je strenger man
reglementiert, je weniger Aufzonungen man zulässt, desto weniger kann man die
vielen Dachböden, die noch immer ungenutzt und unausgebaut sind, heben.
Was sind nun einige Entwicklungsoptionen oder
Verbesserungsmöglichkeiten, meine Damen und Herren? Von den Architekten und
Bauträgern kam immer wieder der Einwand, dass man eigentlich für die 69er gar
keine Begründung mehr abgeben muss. Man macht das quasi automatisch und auf
Druck des Bauherren, der natürlich interessiert ist, die Nettonutzfläche und
die Dichte zu maximieren. Das heißt, interessant wäre es vielleicht, neben der
wirtschaftlichen Begründung, die immer kommt, wirklich zu hinterfragen, warum
eigentlich ein §°69-Verfahren eingeleitet und letztendlich genehmigt werden
sollte. Das wäre einmal ein interessanter Ansatz, stärker auf die Begründung
des Bauwerbers abzuzielen.
Letztlich kommen wir, und das passt sehr wohl in
dieses Ressort, Herr Stadtrat, zur generellen Philosophie über den
Planungsprozess. Man könnte etwa wieder eine stärkere Trennung zwischen
Flächenwidmungsplan und Bebauungsplan andenken. Das ist theoretisch möglich. In
einzelnen Fällen hat es das in Wien schon gegeben, aber es ist nicht die
gängige Praxis. Oder man könnte sich über ein vereinfachtes Verfahren Gedanken
machen, das irgendwo zwischen dem derzeitigen Flächenwidmungsverfahren und
einem § 69 auf der anderen Seite liegt.
Ich muss ganz offen zugeben, wir,
die Oppositionsparteien, haben uns hier sehr oft über Briefmarkenwidmungen
beschwert, über Widmungen auf Bestellung. Ich muss ehrlich sagen, wenn wir ein
starres System haben, dann wird das nicht anders gehen. Also entweder gibt es
kleinere Widmungen oder Widmungen auf Bestellung und das §°69-Verfahren. Eines
von beiden wird man
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