Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 121
wer letztendlich eine Betriebsansiedlung kriegt, ob sie fünf Meter auf der Gemeindegrenze oder fünf Meter auf der anderen Gemeindegrenze liegt, oder sei es eine große Firma, die darüber entscheidet, wem die Kommunalsteuer zugute kommt, wem das regionale Wirtschaftswachstum zugute kommt, solange auf diese Art und Weise gegeneinander und nicht miteinander gearbeitet wird, bleiben vor allem unerwünschte Mitnahmeeffekte für Unternehmen übrig und weniger das zentrale Ziel der wirklichen Neuansiedlung von Arbeitsplätzen durch Unternehmen, die sich ganz bewusst das Ziel gesetzt haben, nicht einen konsumtiven Markt zu befriedigen, sondern wirklich Innovation voranzutreiben.
Das ist meines Erachtens ein großes Problem und das
gehört meines Erachtens ebenso in den kommenden Finanzausgleichsverhandlungen
geregelt wie noch einige andere Punkte.
Ich gebe StR Rieder Recht, und damit komme ich zum
Finanzausgleich, und ich glaube, er war es, der gesagt hat, es ist eine
Schnapsidee – ich sage es jetzt mit eigenen Worten –, Ländern und Gemeinden
eine Steuerhoheit zuzuerkennen, insbesondere den Ländern. Ich halte das auch
für eine Schnapsidee, weil ich glaube, dass das nur dazu führen würde, dass der
Steuerwettbewerb auf Bundesländerebene transportiert wird und wir sehen
momentan auf europäischer Ebene, welch katastrophale Auswirkungen das hat.
Aber es gilt meines Erachtens, die Idee eine Nuance
weiterzuspinnen, um wegzukommen von einem Finanzausgleich, den die
Regierungsparteien - gleich welcher Fraktion sie irgendwann einmal angehören
würden - beschließen, hin zu einem kooperativen Finanzausgleich mit Ländern und
Gemeinden.
Und da stellt sich zum Beispiel die Frage, ob es
nicht vorstellbar wäre, dass die Länder via Bundesrat – das ist nur ein Beispiel,
es kann auch anders geregelt werden – die Kompetenz erhalten, Zuschläge, die
dann nur Länder und Gemeinden zugute kommen festzusetzen und auch bestehende
Steuersätze zu erhöhen. (GR Mag Helmut
Kowarik: Das wäre ein Gedanke!) Das wäre eine Geschichte, wodurch sich
sozusagen die einzelnen Bundesländer nicht mehr abputzen könnten beim Bund,
denn wenn der Bund, so wie er es jetzt macht - meines Erachtens vollkommen
verrückt -, die Körperschaftssteuer auf 25 Prozent heruntersenkt, ohne die
Bemessungsgrundlage demgemäß auch einzuschränken, und die Länder sagen, okay,
geben wir drei Prozent dazu, dann ist es eine gemeinsame Verantwortung und
nicht auf der Ebene geregelt, dass sich immer der eine auf den anderen ausreden
kann. (GR Gerhard Pfeiffer: Die wollen es
halt nicht!) Und es wäre durchaus spannend, einmal zu zeigen, ob die Länder
und Gemeinden, vor allem die Länder, tatsächlich Interesse daran haben, die
Politik der Bundesregierung zu unterstützten, so wie es vor allem die
ÖVP-dominierten Bundesländer letztendlich, wenn es ums Geld geht, immer tun,
denn da gilt das, was der Schüssel sagt und alles andere zählt nicht, oder ob
sie ob ihrer eigenen Kompetenz, wenn dies so wäre, tatsächlich im Interesse der
Bevölkerung handeln würden.
So gesagt, die Kooperation im Finanzausgleich muss
gestärkt werden. Es darf meines Erachtens, und es müsste ein zentraler Punkt
auch einer föderalen ÖVP sein, das einmal einzubringen, dass über die
Bundesländer drübergefahren werden darf. Und Sie wissen, Herr Pfeiffer, weil
Sie mich so anschauen, die Bundesländer haben nichts mitzureden, nichts
mitzuentscheiden. (GR Gerhard Pfeiffer: Die wollen gar nicht!)
Ich glaube, das kommt darauf an, welche Angebote man
macht, ob sie wollen oder nicht. Würden sie gerne wollen, dann setzen Sie sich
in der ÖVP durch und sagen, wir wollen es. Nein, Sie wollen auch nicht, Sie
interessieren die Finanzen von Wien nicht, Chef, ist in Ordnung.
Dann kommen wir weiter zu einem zweiten Punkt, was
den Finanzausgleich betrifft, (GR Johannes Prochaska: Da sollten Sie einmal
zum Städtebund mitfahren oder einen Kollegen hinschicken!) wo meines
Erachtens ein wesentlicher Punkt auch in der Struktur und in der
Aufgabenorientierung des Finanzausgleichs liegt, nämlich dahin gehend, dass
insbesondere angesichts der explodierenden Kosten im Sozial- und
Gesundheitswesen jedenfalls eine viel stärker aufgabenorientierte Komponente,
keine ausschließlich aufgaben- und aufwandsorientierte Komponente, aber eine
viel stärker aufgabenorientierte Komponente in den Finanzausgleich Eingang
findet. Dazu wäre es natürlich notwendig und auch sinnvoll, dann mit den
richtigen Zahlen in die Verhandlungen hineinzugehen.
Und, Frau GRin Korosec, ich muss ein bisschen
korrigieren, was Sie gesagt haben, bei der allgemeinen Sozialhilfe gäbe es
sogar weniger als im Rechnungsabschluss 2002. Es stimmt, wenn man sich nur
die Überschrift ansieht. Es stimmt nicht, wenn man die Prokuratiofälle
herausrechnet und gleichzeitig sofort erkennt, dass um das bisschen, was da
gespart wurde - es sind ungefähr 30 Millionen EUR im Bereich der
Prokuratiofälle - die man abziehen müsste, dann kommt man darauf, die
Sozialhilfe ist tatsächlich höher geworden und der Krankenanstaltenverbund hat
deshalb ein höheres Minus. So ist es das Spannende daran, jetzt haben wir dann
im Krankenanstaltenverbund halt ein strukturelles Minus von ungefähr 120,
130 Millionen EUR.
Wie das letztendlich wegkommen soll, nun ja,
vielleicht sperrt doch die Stadt Wien einige Krankenanstalten zu, oder aber –
und wir werden das, hoffe ich zumindest, heute noch erfahren. Der scheidende
Generaldirektor Hauke hat tatsächlich das Übereinkommen über die Finanzierung
der Krankenanstalten gekündigt, denn als Generaldirektor, dem etwas an seinem
Unternehmen liegt, müsste er erkennen, bleibt es bei den vereinbarten
Subventionen in der Größenordnung von rund 700 Millionen EUR, ein
bisschen mehr, zusammengerechnet für den Krankenanstaltenverbund, dann geht
sich das nicht aus, dann fehlen halt jährlich 120, 130 Millionen EUR.
Und wir alle wissen, dass wenn
ab 2006 tatsächlich mehr Geld vorhanden sein sollte, müsste dieses
Übereinkommen mit 30. Juni 2004 seitens des
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular