Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 121
Die Tatsache, dass Sie den Donnerstag politisch
überleben könnten, hört sich wie eine gefährliche Drohung für alle Wienerinnen
und Wiener an! Noch ist es Zeit, Sie auszutauschen. Vielleicht hat der Herr
Bürgermeister bis Donnerstag eine Erleuchtung. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Zur allgemeinen Beratung des Rechnungsabschlusses für das Jahr 2003 liegt
keine Wortmeldung mehr vor.
Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe
Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke.
Zum Wort gemeldet ist Herr Dipl Ing Margulies.
Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter Herr
Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde es relativ kurz machen, weil ich das Gefühl
habe, dass das Interesse an der Rechnungsabschlussdebatte schon kurz nach
Beginn wieder abgeflaut ist, weil vor allem sehr viel, was die jetzige
Geschäftsgruppe betrifft, auch schon davor gesagt wurde.
Dennoch möchte ich beim Kollegen Serles beginnen,
weil ich mir denke, so Unrecht hat er nicht in seiner Beschreibung des StRs Dr
Rieder, insbesondere, was seine Rolle als Gesundheitsstadtrat betrifft. In
seiner Rolle als Finanzstadtrat würde ich es deshalb anders beurteilen, weil
ich glaube, dass er da sozusagen weniger in eigener Verantwortung haben will,
sondern dafür die gesamte Stadtregierung zuständig ist. Aber im Hinblick auf
seine Verantwortung als Gesundheitsstadtrat und im Gesundheitsbereich bin ich
sehr geneigt, Ihnen zuzustimmen. Wenn ich zu seiner Tätigkeit als
Finanzstadtrat komme, dann muss ich sagen, er hat auch viel Glück und
möglicherweise gute Mitarbeiter gehabt. Bei den Fremdwährungskrediten kann
niemand vorhersehen, ob der Schweizer Franken steigen oder fallen wird. Er hat
betont, über drei Jahre, irgendwann wird er fallen und tatsächlich ist er
gefallen.
Sonst wäre
das Defizit in Wien oder der Überschuss heuer in Wien um
50 Millionen EUR geringer. Nicht das Maastricht-Defizit, aber das
administrative. Man muss weniger zurückzahlen.
Was bedeutet das aber für 2004. Mit einer neuerlichen
Abwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro ist nicht zu rechnen. Ich
meine, es wurde auch insofern Vorsorge getroffen, dass der
Maastricht-Überschuss geringer angesetzt wurde. Dennoch, wenn man das im
Zusammenhang sieht mit anderen Budgetexplosionen, lässt 2004 vermuten, dass
entweder die 191 Millionen EUR, glaube ich, die budgetiert waren für
2004 an Maastricht-Überschuss, nicht eingehalten werden oder aber es kommt
tatsächlich das nächste Spar- und Belastungspaket auf uns zu.
Eine andere Ebene, wo zumindest im Sinne des
Magistrats, nicht im Sinne der Wiener und Wienerinnen, die Stadt Wien immer ein
ganz gutes Händchen hat, das ist, wenn es um die wirklich großen Summen geht,
wenn es etwa um den Verkauf der MML-Liegenschaften geht. Die Wienerinnen und
Wiener haben davon nicht sehr viel profitiert, aber die mit der Stadt Wien
zusammenarbeitenden Banken haben innerhalb von zwei Jahren eine Rendite von
217 Prozent gemacht und 66 Millionen EUR gewonnen. Die Stadt
Wien hat eigentlich kaum etwas. Ich meine, zufällig war die Raiffeisenbank
beteiligt, die ja bei Kottingbrunn, bei Eco Plus beteiligt ist, wo man
Kottingbrunn jetzt tatsächlich nicht anbringt. Wer weiß, welche Kompensationsgeschäfte
da getätigt worden sind.
Und wenn wir tatsächlich über Opel reden, Herr StR
Rieder, glauben Sie mir, Sie wären nicht froh, wenn ich Ihnen jetzt sagen
würde, warum Opel in Wien geblieben ist. Nicht, weil wir so gut
Wirtschaftspolitik machen, sondern weil Opel anderweitig profitiert hat - und
Sie können dann gerne sagen, was tatsächlich passiert ist -, es ist nicht darum
gegangen, dass wir so eine Super-Wirtschaftspolitik haben, es gibt nämlich nach
wie vor in Wien, ob man es glaubt oder nicht, immer noch die Möglichkeit,
daneben Wirtschaftspolitik zu machen.
Und was passiert denn jetzt. Als nächstes Beispiel
Stadtteilentwicklung. Jetzt lasse ich einmal Opel weg, und komme zum Flugfeld
Aspern. Da wollen wir bis zu 10 000 Wohnungen, glaube ich, bauen, was ich
prinzipiell als Stadtentwicklungsgebiet und selbst und ehrlich dazu,
architektonisch noch nicht bewerten, einschätzen et cetera, will. (GR Dr
Herbert Madejski: Aber die Autobahn!)
Was mir allerdings absurd erscheint, ist: Wenn ich mir
Gedanken mache, wie ich diesen Bereich zum Leben erwecke und erfülle, warum ich
dann handstreichartig gleich einmal das nächste Gebiet im 22. Bezirk
nehme, nämlich Süßenbrunn, Badeteiche verbauen will et cetera. Wer verdient
denn da dran.
Es gibt Geschichten, die schreibt das Leben - sagen
wir es einmal so - und jetzt gibt es Geschichten, da verdient die Stadt Wien
daran und es gibt Geschichten, da verdienen einige wenige daran, aber nicht die
Bürger und Bürgerinnen von Wien.
Und das ist das Problem meines Erachtens auch in der
Wirtschaftspolitik in Wien.
Ein zweites zentrales Problem in der
Wirtschaftspolitik ist - und da habe ich oft das Gefühl, das betrifft alle
Fraktionen -, dass es kaum jemanden gibt, insbesondere auch die Stadt Wien
nicht - und ich habe auf dem Studienmarkt nachgeschaut, es gibt dort
diesbezüglich kaum kommunale Studien, aber auch europaweit nicht -, der sich
wirklich mit den Fragen regionaler Wirtschaftspolitik auseinander setzt.
Wie
funktioniert regionale Wirtschaftspolitik, wie sind die Auswirkungen regionaler
Wirtschaftspolitik. Es wird darauf auch keine abschließenden Antworten geben
können, eben ob der Vernetzung europäischer Ebene, nationaler Ebene, kommunaler
Ebene. Allerdings gibt es ein paar Sachen, die meines Erachtens sehr wohl
herausstechen und wo ich mir erheblich mehr Initiative erwarten würde als die
sehr geringe Zusammenarbeit zwischen Wiener Wirtschaftsförderungsfonds und Eco
Plus.
Einer der wesentlichen Punkte in
der regionalen Wirtschaftspolitik ist nämlich der regionale Standortwettbewerb.
Und solange die Gemeinden darüber streiten,
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