Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 121
oder, um es anders zu sagen, es gibt in Wien um rund 450 Prozent mehr Lehrstellensuchende als offene Lehrstellen. Das ist blamabel und eine Schande! Das ist ein armseliges Zeichen Ihrer Wirtschaftspolitik!
Beweis Nummer vier, Herr Vizebürgermeister: Sie haben
in den letzten Jahren auf Kosten der Arbeitsmarktpolitik gespart. Das hat sich
2003 fortgesetzt. Es wurde von Herrn Klubobmann Kabas bereits erwähnt, dass im
Voranschlag 2003 für wirtschaftliche Notstandsmaßnahmen noch
25,5 Millionen EUR budgetiert wurden. 5,5 Millionen EUR wurden
tatsächlich ausgegeben. 20 Millionen EUR, die immerhin noch für
arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vorgesehen waren, sind ganz einfach dem
Rotstift von Herrn VBgm Dr Rieder zum Oper gefallen. Das ist blamabel und das
werden Ihnen die Arbeitslosen in Wien zweifellos nicht danken!
Herr VBgm Dr Rieder, Beweis Nummer fünf: Sie sind für
die Krise der Wiener Spitalsfinanzierung ursächlich verantwortlich. Da trifft
Sie geradezu eine doppelte Verantwortung. Sie haben den KAV erfunden. Sie haben
diese Politik des Ausgliederns umgesetzt. Sie haben es aber verabsäumt, für
solide finanzielle Voraussetzungen zu sorgen. Leider ist unsere Voraussage
punktgenau eingetroffen. Die Wiener Spitäler, das lässt sich aus dem
Jahresabschluss 2003 ableiten, werden bereits heuer zahlungsunfähig sein,
wenn Sie nicht weitere Finanzzuschüsse an den KAV leiten. Das ist schlicht und
einfach skandalös! (Beifall bei der FPÖ.)
Herr VBgm Dr Rieder, Sie haben es zu verantworten,
das Sie die Menschen in dieser Stadt in den letzten drei Jahren mit Erhöhungen
der Wassersteuer, Kanalsteuer und Müllsteuer um weitere
120 Millionen EUR belastet haben. 120 Millionen EUR
Mehrbelastung für alle Wiener und Wienerinnen aus den Titeln der Wassersteuer,
Kanalsteuer und Müllsteuer. Von den 25 gezählten neuen anderen Belastungen, die
Sie den Wienerinnen und Wienern eingebrockt haben, rede ich erst gar nicht.
Herr VBgm Dr Rieder, letzter Beweis für Ihr
Scheitern: Die Zwischenbilanz der Arbeitsmarktpolitik ist katastrophal. Wien
war im Jahr 2003 Schlusslicht im Bereich der Arbeitslosenstatistik als
neuntes und letztes aller neun österreichischen Bundesländer.
Herr VBgm Dr Rieder, angesichts dieser
Katastrophenbilanz, die wir Ihnen anlasten und die wir hier zu verzeichnen
haben, wird der Herr Bürgermeister einen fatalen Fehler machen, wenn er am
Donnerstag zwar die Gesundheitsstadträtin in die Wüste schicken und die
Umweltstadträtin austauschen wird, Sie aber als den Hauptverantwortlichen für
diese triste Bilanz sozialdemokratischer Regierung in Wien weiterhin im Amt
belässt! Das ist ein katastrophaler Fehler, der für die Stadt Langzeitfolgen
haben wird! Je länger Sie bleiben, desto größer ist die Gefahr für die Stadt
und für alle Wiener und Wienerinnen! Sie haben bereits einen Beweis dafür
erbracht, dass jahrzehntelanges Wirken in dieser Stadt, ich meine Ihre
elfjährige Tätigkeit als Gesundheitsstadtrat, tatsächlich fatale Folgen haben
kann! Sie haben es zu verantworten, dass in Wien eine riesige
Gesundheitsbürokratie und ein ernstzunehmender fataler
Gesundheitstechnokratismus entstanden sind! Sie als ehemaliger
Gesundheitsstadtrat haben es zu verantworten, dass unter dieser
Gesundheitsbürokratie, die uns wöchentlich im Rahmen unserer Tätigkeit in der
Untersuchungskommission vor Augen getreten ist, vor allem die Interessen und
Anliegen der Patienten und der Pflegebedürftigen leiden und Patienteninteressen
tatsächlich erstickt werden! Sie haben als Gesundheitsstadtrat viele tausende
Seiten Papier produziert, Sie haben Kommissionen eingesetzt und wieder
abberufen. Sie haben die Mitglieder dieses Hauses, des Gemeinderates, der
Oppositionsparteien in vielfältige Tätigkeiten verstrickt und verwickelt und
von diesen vielen tausenden Seiten tatsächlich nichts umgesetzt! Sie haben es
zu verantworten, dass trotz einer Fülle von Kommissionen und trotz einer Fülle
von Expertenrunden, die Sie als Gesundheitsstadtrat einberufen haben,
tatsächlich nichts übrig geblieben ist!
Vom Programm "Hilfe im hohen Alter", das in
diesem Gemeinderat 1993 beschlossen wurde, wurde fast nichts verwirklicht. Der
Herr Bürgermeister hat das, was verwirklicht wurde, mit 20 bis 25 Prozent
quantifiziert. Trotzdem finden wir diese Aussage nicht in Ihrem
Mehrheitsbericht der Untersuchungskommission. Allein das ist blamabel! Allein
das wirft ein richtiges Licht auf das, was Sie niedergeschrieben haben! Das ist
das Papier nicht wert, auf dem es steht! Deswegen bin ich dankbar dafür und
freue mich darüber, dass trotz Ihrer Versuche, die Untersuchungskommission
abzudrehen, die Oppositionsparteien mundtot zu machen, Sitzungen nicht
zuzulassen, immerhin jetzt ein Minderheitenbericht diesem Gemeinderat vorgelegt
werden wird, der die Balance zwischen dem, was nachweislich nicht stimmt und in
Ihrem Bericht steht, und zwischen dem, was tatsächlich in dieser
Untersuchungskommission bewiesen worden ist, wahrt. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr VBgm Dr Rieder, Sie haben es zu verantworten,
dass die Umgestaltung von Lainz in ein modernes geriatrisches Zentrum
tatsächlich verschlafen und bis heute nicht bewältigt wurde! Sie haben es zu
verantworten, dass es im Bereich der geriatrischen Pflege in Wien nach wie vor
eine Fülle von Personalproblemen gibt! Sie, Herr Vizebürgermeister, haben es zu
verantworten, dass viele bauliche Maßnahmen andiskutiert, letztlich aber nicht
umgesetzt wurden! Sie haben es zu verantworten, dass die
Pflegeheimexpertenkommission sang- und klanglos eingeschlafen ist! Das ist
alles skandalös!
Noch skandalöser aber ist es, dass Sie im Gegensatz
zum Herrn Bürgermeister in der Untersuchungskommission und in der
Öffentlichkeit nicht Worte des Bedauerns für die schrecklichen Zustände in
Lainz gefunden haben! Der Herr Bürgermeister hat sich bei den Pflegebefohlenen
und bei den Angehörigen der Pflegebefohlenen persönlich entschuldigt. Von Ihnen
vermissen wir eine derartige Entschuldigung bis heute. Sie tragen aber dafür
die Hauptverantwortung, weil Sie waren elf Jahre lang Gesundheitsstadtrat in
dieser Stadt. Daher, Herr Vizebürgermeister, fürchte ich für Wien das
Schlimmste, wenn Sie noch länger Finanzstadtrat bleiben! (Beifall bei der
FPÖ.)
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