Gemeinderat,
42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 76
Lehrlingsausbildungsfonds diskutiert. Heute diskutieren wir die Arbeitslosenanwaltschaft. Ich denke mir, es ist müßig, hier eine Verbandrechtsdebatte oder eine Henne oder Ei-Debatte zu führen. Tatsache ist, auch wir fordern die Einrichtung einer Arbeitslosenanwaltschaft, aber da wir haben wollen, dass sie mit tatsächlichen Kompetenzen und auch mit den notwendigen Mitteln ausgestattet ist, wollen wir sie auf Bundesebene eingeführt haben und nicht zu einem zahnlosen Verein machen, sondern zu einer tatsächlichen Anlaufstelle einer Interessensvertretung für arbeitslose Menschen gegenüber einer Bundeseinrichtung, nämlich der Bundeseinrichtung Arbeitsmarktservice.
Zum Antrag der ÖVP zum Thema, die Arbeiterkammer soll
das doch machen, sage ich jetzt ganz salopp, dazu möchte ich nur hinzufügen, um
auch für die Arbeiterkammer zu sprechen, Tatsache ist, dass in der
Arbeiterkammer eine große Reform stattgefunden hat, die gerade das Beratungs-
und Serviceangebot der Arbeiterkammer unter dem Titel "AK plus" neu
strukturiert hat. Ich möchte es hier wahrnehmen, Ihnen eine Erfolgsbilanz
dessen präsentieren zu dürfen, und zwar hat es insgesamt
380 000 Beratungen in der Arbeiterkammer in Wien im Jahr 2003 gegeben,
300 000 arbeits- und sozialrechtliche Beratungen, also sprich
680 000 Beratungen wurden von höchster Qualität und auch sehr
erfolgreich durchgeführt. Nur, man muss sich die Bilanz anhören. Erstritten
wurden in dieser Arbeiterkammer Wien arbeitsrechtlich 18 Millionen EUR,
im Insolvenzrecht 28 Millionen EUR und im Sozialrecht
28 Millionen EUR. Das heißt, insgesamt gab es in der Arbeiterkammer
Wien einen Streitwert von 75 Millionen EUR. Ich denke mir, das ist
eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. "AK plus" bietet Beratung und
Service. Das tut sie mit einem großen Erfolg und dafür brauchen wir keine
Anwaltschaft! (Beifall bei der SPÖ.)
Schauen wir noch einmal auf die Situation in der
Bundespolitik, schauen wir noch einmal auf die Situation im Bund, was die
Rekordarbeitslosigkeit betrifft. Wien ist von dieser Politik ganz besonders
betroffen. Es gibt eine Halbierung der öffentlichen Investitionen, es gibt den
Personalabbau im Bundesdienst – wir haben ihn heute schon besprochen –, es gibt
eine sehr schwache Kaufkraft und Konjunktur und das AMS-Budget wurde von
197 Millionen EUR auf 191 Millionen EUR gekürzt.
Gestern hat der Herr Arbeitslosenkanzler Schüssel
eine neue Arbeitsmarktreform präsentiert, die aus seiner Sicht zielorientiert
ist, sozial ausgewogen ist und die Härtefälle beseitigen soll, ein Reformgesetz
– das sehen nicht nur wir so, sondern auch die
Arbeitsloseninteressensvertretungen wie ÖGB und Arbeiterkammer –, das kein
Reformgesetz sein kann. Es gibt kaum Beiträge für eine Neuausrichtung der
österreichischen Arbeitsmarktpolitik. Weder gibt es einen höheren Finanzrahmen
noch gibt es Verbesserungen für den Existenzbereich.
Der Kollege Tschirf hat allerdings unsere Politik
anlässlich unseres Jahrestages – drei Jahre SPÖ-Regierung – kritisiert. Er
kritisiert die triste Situation am Arbeitsmarkt. Ich kann nur, wie eingangs
schon erwähnt, sagen, ich glaube, das liegt wirklich an einer notorischen
Problematik mit dem auseinander Halten. Ich sage Ihnen eines, es gibt den Bund,
der diese Reform jetzt beschlossen hat, und es gibt Wien, das tatsächlich etwas
im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik tut.
Nicht viel einfacher ist die kleine Partnerin auf
Bundesebene, nämlich die FPÖ. Sie hat heute zum Beispiel wieder diese
Lehrstellenprämie gebracht. Ich denke mir, es muss wirklich noch einmal gesagt
werden, die Lehrstellenprämie hat überhaupt nichts gebracht, nicht eine einzige
Lehrstelle.
Jetzt frage ich Sie: Warum passiert denn nichts auf
Bundesebene? Warum passiert nichts zur Konjunkturbelebung? Warum machen Sie
diese falsche Wirtschaftspolitik? Das könnten Sie im Bund alles gut
hinbekommen. Tatsache ist, dass sich die Beschäftigung der Aktivitäten der
Regierung auf eine halbherzige Arbeitsmarktpolitik zurückführen lässt, dass es
keinerlei Impulse in der aktiven Arbeitsmarktpolitik gibt und dass das Kapitel
der ganzen Steuerreform – es sei die rechtliche Kritik dahingestellt, aber nur
in diesem einen Segment – nur erfolgreich sein kann, wenn man etwas für die
Beschäftigung tut. Eine rasche Lohnsteuersenkung wäre zum Beispiel ganz sicher
ein Turbo für diese schleppende Inlandskonjunktur gewesen. Ein weiterer Tipp,
was wir in Wien sehr aktiv machen, wäre, mehr Investitionen in
Infrastrukturmaßnahmen zu setzen.
Die Ideen von den Sozialpartnern, die heute schon ein
paar Mal in ihrer Verantwortung zur Beratung angesprochen worden sind, wie zum
Beispiel das Zukunftspaket zur Aus- und Weiterbildung oder auch das
100°Millionen°EUR-Paket für die Jugend, sind von der Bundesregierung nicht
aufgegriffen worden. Das waren zwar gute Ideen, aber bitte schön.
Die Bundesregierung sieht dieser dramatischen
Entwicklung am Arbeitsmarkt zu, hält Sonntagsreden und tut nichts.
Jetzt möchte ich die Gelegenheit wahrnehmen, einmal
mit diesen ganzen Bad Storys auf der Bundesebene aufzuhören und Ihnen zu sagen,
was wir tatsächlich in Wien tun. Wir haben unsere Arbeitsmarktförderung auf
42 Millionen EUR aufgestockt. Wir haben als einziges Bundesland den
WAFF, also eine zusätzliche landeseigene Arbeitsmarktförderung. Wien – das hat
der Kollege Scheed heute schon dargelegt – hat ein Problem mit den Einpendlern.
150 000 Arbeitsplätze sind eingependelt, aber jeder vierte
Arbeitsplatz in Österreich liegt in Wien. Wien hat ein höheres
Wirtschaftswachstum. Wien verdoppelt die Wirtschaftsförderung in den letzten
Jahren auf 200 Millionen EUR. Wien hat die höchste Forschungsquote
von allen Bundesländern. Wien ist auch noch immer die Nummer eins bei den
Betriebsansiedlungen aus dem Ausland.
Weil, im Gegensatz zur Wiener ÖVP
und zur Wiener FPÖ, der Minister Bartenstein mittlerweile vielleicht erkannt
hat, wie ernst die Lage ist, hat es ein Sozialpartnergespräch mit dem Bgm Häupl
und dem VBgm Rieder gegeben. Darin gab es einige Inhalte, die die
Arbeitsmarktsituation in Wien wieder verbessern, jeder für sich
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