Gemeinderat,
42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 76
Museen, in Bäder oder bei Konzerten und Veranstaltungen ist. Alles das sollte einkommensabhängig gestaffelt werden und wäre eine weitere gute kommunale Begleitmaßnahme zu einer Arbeitslosenanwaltschaft.
Meine Damen und Herren, abschließend noch einmal
zusammenfassend: Wenn wir uns in dem Punkt einig sind, dass Arbeitslose eine
Lobby brauchen, wenn wir uns in dem Punkt einig sind, dass sie derzeit keine
ausreichende haben, dann sind wir als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte
aufgefordert zu handeln und nicht nur zuzuschauen oder an irgendjemand anderen
Forderungen zu richten. In diesem Sinne bitte ich Sie, es sich noch einmal zu
überlegen. Richten wir in Wien eine Arbeitslosenanwaltschaft ein! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr StR DDr Schock.
StR DDr Eduard Schock: Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Die freiheitliche Fraktion
steht diesem Vorschlag – der Herr
Präsident Römer hat das schon ausgeführt – sehr reserviert, sehr skeptisch gegenüber. Wir würden damit eigentlich
den bisherigen falschen Weg fortsetzen, durch neue Institutionen und durch die
Gründung neuer Instanzen diese Probleme lösen zu wollen.
Meine Damen und Herren,
wir haben – und das als
einziges Bundesland – bereits
jetzt drei Institutionen für die Arbeitsmarktpolitik in dieser Stadt. Wir haben
das Wiener Arbeitsmarktservice, wir haben die Wiener Arbeiterkammer und wir
haben nicht zuletzt den Wiener Arbeitnehmerförderungsfonds, den WAFF als
einziges Bundesland. (GR Franz Ekkamp: Ist der schlecht?) Es hat bereits
die Gründung des WAFF, Herr Kollege, diese Probleme nicht wirklich lösen
können. Es hat nur zu Doppelgleisigkeiten und zu Abgrenzungsproblemen geführt,
wofür das AMS und wofür der WAFF zuständig ist. Diese Frage hat viele
Gutachter, das Kontrollamt und den Rechnungshof beschäftigt.
Frau Kollegin Jerusalem, auch
Sie haben das in Ihrer Argumentation, so meine ich, überdehnt. Es ist zwar
sicher richtig, wie Sie gemeint haben, dass dieser Gemeinderat keinen Zugriff
auf das Wiener Arbeitsmarktservice hat, und es ist sicher auch richtig, dass
dieser Gemeinderat keinen Zugriff auf die Arbeiterkammer hat. Aber, Frau
Jerusalem, dieser Gemeinderat hat natürlich einen Zugriff auf den WAFF, auf den
Wiener Arbeitnehmerförderungsfond und es wäre Aufgabe dieses Gemeinderats, den
WAFF so zu reformieren, dass er die von Ihnen genannte Aufgabe, nämlich Lobby
für die Arbeitslosen in Wien sein zu können, auch erfüllt. Aber genau diese
Aufgabe der Reform erfüllt dieser Gemeinderat leider überhaupt nicht.
Meine Damen und Herren, es
würde daher eine Aufblähung dieser Institutionen um eine vierte, neue
Institution am Kern des Problems überhaupt nichts ändern. Wir hätten nur noch
mehr Doppelgleisigkeiten und noch mehr Abgrenzungsprobleme. Meine Damen und
Herren, ich meine daher wirklich, wir brauchen keine vierte Institution in Wien,
sondern wir brauchen einfach eine neue Arbeitsmarktpolitik – auch da liegen die Vorschläge am Tisch –, wir brauchen eine neue Lehrlingsförderung,
neue Modelle einer Lehrstellenprämie, wir brauchen eine neue
Wirtschaftsförderung (GR Godwin Schuster: Das gibt es ja!), damit unsere
Betriebe wieder neue Arbeitsplätze schaffen können, wir brauchen endlich
Gründerzentren für unsere Jungunternehmer, die es in anderen Bundesländern
längst gibt, wir brauchen eine Risikokapitalförderung für Wien, die es auch in
den anderen Bundesländern Niederösterreich oder Kärnten längst gibt, und wir
brauchen Technologiezentren, Innovationszentren, als Chance für die Wiener
Industrie, aber ganz sicherlich keine neue, vierte Institution. Wir brauchen
endlich eine neue Wirtschaftspolitik in dieser Stadt.
Aber seit 2001, seitdem es
diese neue Mehrheit in diesem Hause gibt, war man eigentlich überhaupt nicht
bereit, auf irgendwelche Vorschläge in dieser Richtung einzugehen. Dies zeigt
auch eine ganz kurze Zwischenbilanz dieser drei Jahre, seit 2001, dass man auf
die Vorschläge überhaupt nicht eingegangen ist, obwohl man mit dem eigenen
Latein offenbar völlig am Ende ist. Wien hat in diesen letzten drei Jahren
entgegen dem Bundestrend 16 000 Arbeitsplätze verloren und das WIFO
hat jetzt erst wieder festgestellt, dass genau diese verlorenen Arbeitsplätze
der Grund für die hohe Arbeitslosigkeit in Wien sind.
Meine Damen und Herren,
warum hat nur Wien diese 16 000 Arbeitsplätze in diesen drei Jahren,
seit 2001, verloren? Warum hat nur Wien diese Arbeitsplätze verloren? Wie
schauen die Meilensteine dieser Politik aus?
Meine Damen und Herren, am
1. Jänner 2002 hat die Stadt bereits die Bedingungen für all ihre
Wirtschaftsförderungsaktionen massiv verschlechtert. Mit 1. Jänner 2002
hat die Stadtregierung de facto eine Halbierung der Wirtschaftsförderung in
Wien beschlossen.
Dann kam der
Februar 2002. Da hat die Mehrheitsfraktion in Ihrer berühmten Klubklausur
in Rust damals ein Wiener Konjunkturpaket zur Ankurbelung der kommunalen
Investitionen angekündigt.
Wie schaut hier die
Zwischenbilanz aus? Wenn man sich den Rechnungsabschluss 2002 zur Hand
nimmt – wir haben diese
Debatte hier gehabt –, dann
sieht man, dass dieses Wiener Konjunkturpaket ein Ankündigungspaket war und
dass eigentlich in der Praxis davon überhaupt nichts übrig geblieben ist. Es
ist daher kein Zufall, dass Wien in diesen drei Jahren entgegen dem Bundestrend
zurückgefallen ist. Es ist natürlich kein Zufall, dass Wien seit 2001 die rote
Laterne in Österreich übernommen hat.
Wie sieht diese
Zwischenbilanz für 2003 aus? Sie ist für die Lehrlinge in dieser Stadt vor
allem ernüchternd. In allen anderen Bundesländern ist es gelungen, neue
Lehrstellen zu schaffen, vor allem in Vorarlberg mit einem eigenen Modell, aber
auch in Kärnten und in Oberösterreich mit diesem Modell des
Ausbildungsverbunds. Meine Damen und Herren, Oberösterreich hat mit diesem
Modell 3 000 neue Lehrplätze geschaffen.
Herr
Kollege Scheed, das ist ein bisschen Ihr Zuständigkeitsbereich. In Wien ist uns
das bisher nicht
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular