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Gemeinderat, 42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 48 von 76

 

um dem heutigen Thema hier auszuweichen.

 

Daher werden wir beide Anträge mit der Feststellung ablehnen, dass es in Wirklichkeit unsere Aufgabe wäre, dass man diesen Themen gar keine Beachtung schenkt und es etwas viel Wichtigeres gibt, nämlich dass wir dafür sorgen, dass es in Wien keine Arbeitslosen gibt, weil wir diese Diskussion dann nicht hätten. Dann bräuchten wir nicht befürchten, dass wir Menschen schützen müssen, die in einer leider Gottes unangenehmen Situation sind, weil sie nämlich arbeitslos sind. Daher muss man weiter darüber nachdenken, was Wien machen kann, um den Arbeitsmarkt hier so zu gestalten, so zu unterstützen, dass es rechtlich möglich ist und auf der anderen Seite die Arbeitslosigkeit in Wien so herabsenkt.

 

Wenn ich nur denke, dass Oberösterreich in seinem Programm stehen hat, es will die Arbeitslosenrate unter vier Prozent senken, dann sind wir davon weit entfernt. Aber ich glaube, das ist in Wirklichkeit die große Aufgabe, deren Anstrengung es bedarf, damit man solche Diskussionen über Dinge, die man in Wirklichkeit schon im Ansatz verhindern muss, nicht führen muss. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist der Herr GR Scheed, bitte.

 

GR Norbert Scheed (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Meine geschätzten Damen und Herren des Wiener Gemeinderats!

 

Einmal mehr ist hier das Thema Arbeitslosigkeit Gegenstand einer Diskussion, wo man sich teilweise nur wundern kann. Also ich gebe ehrlich zu, dass mir vor allem beim Debattenbeitrag der Frau Abg Korosec fallweise die Luft weggeblieben ist, weil ich mich noch gut daran erinnern kann, was für Positionen die Abg Korosec, als sie noch nicht Abgeordnete war und - wenn ich mich richtig erinnere - Betriebsrätin beim ADEG war und in der GPA aktiv mitgearbeitet hat - ich glaube besonders aktiv in der Frauenabteilung der GPA -, dort zu den geringfügig Beschäftigten und zu prekären Arbeitsverhältnissen vertreten hat. Und wenn sie heute hier auf den Einwand, dass ein Teil des Beschäftigungswachstums, sofern es überhaupt eines gibt, auf prekäre Dienstverhältnisse zurückzuführen ist, die in Wirklichkeit Armut bei Arbeit bedeuten, sagt: Das ist mir lieber als überhaupt nichts - also da wird ein abgehobener Zynismus für mich spürbar, über den ich mich wirklich nur wundern kann und der mich auch erschreckt! Ich denke mir, die Gewerkschaftsfunktionärin Korosec von damals hätte sich gewunden wie ein Regenwurm, wenn das jemand in ihrer Gegenwart gesagt hätte! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich möchte die Statistik nicht allzu sehr strapazieren, aber nachdem ein paar immer wiederkehrende Auszüge aus Statistiken immer wieder bewusst fehlinterpretiert gebracht und wiederholt werden, jetzt nur zwei Daten, wo ich weiß, dass sie unangenehm sind. Schaut man sich die Entwicklung der Beschäftigung in Österreich in den letzten vier Jahren der SPÖ-geführten Bundesregierung 1996 bis 99 an, dann ist in diesem Zeitraum die Arbeitslosenzahl um 9 000 gesunken. Seit FPÖVP am Werk ist, ist sie um 33 000 gestiegen und das sind Fakten, die nicht wegzudiskutieren sind!

 

Wir haben auch das Faktum, und das hat nichts mit Ausreden auf den Bund zu tun, sondern das ist ein nachweisbares Faktum, dass im Zeitraum von 2000 bis 2002 durch den Bund in Wien 13 000 Stellen abgebaut worden sind. Das hat natürlich einen unmittelbaren Effekt auf die Arbeitslosenrate in Wien. Aber nicht nur diese 13 000, sondern natürlich auch die Folgewirkungen durch die damit ausgelöste sinkende Kaufkraft sind zu beklagen. Also das heißt, man kann sich nicht auf den Standpunkt stellen, hier jetzt auch wieder so zu tun, als gäbe es an den Wiener Grenzen Glasmauern und herinnen würde sozusagen alles ohne Korrespondenz mit der Außenwelt passieren. Sieht man die Korrespondenz mit der Außenwelt - weil das Kärntner Beispiel strapaziert worden ist -, dann weiß in diesem Raum, glaube ich, auch jeder, dass Wien 200 000 Einpendler auf dem Arbeitsmarkt hat und 50 000 Auspendler. Das heißt, saldiert man die Pendlerrelation, dann sieht man, dass Wien nicht nur Vollbeschäftigung hätte, sondern ganz im Gegenteil noch 60 000 Leute zu wenig hätte! Also das heißt, die Arbeitslosenrate muss man im Zusammenhang mit dem Pendleraufkommen sehen und mit der Tatsache, dass jeder vierte Arbeitsplatz dieser Republik in dieser Stadt ist! (Aufregung bei der FPÖ.)

 

Und dass diese Stadt eine leistungsfähige ist, nur so nebenbei, sieht man auch daran, dass die Wirtschaftsleistung Wiens immer noch 50 Prozent über dem Bundesschnitt liegt. Also das heißt, die Wiener Wirtschaftspolitik und die Wiener Arbeitsmarktpolitik ist unter diesen extrem schwierigen Bedingungen, die diese Bundesregierung der Stadt setzt, eine erfolgreiche und herzeigbare! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zur Frage des konkreten Themas der Arbeitslosenanwaltschaft. Also ich kann die Aussage der Abg Vana, es gäbe hier keine Vertretung und keinen Zuspruch, so nicht ganz akzeptieren. Es ist ihr vielleicht entgangen, dass der ÖGB bei seinem letzten Bundeskongress auch in seinen Statuten seine Vertretungszuständigkeit erweitert hat, also dass auch Arbeitslose nicht nur im ÖGB sowieso verbleiben können und von ihm vertreten werden, sondern dass Arbeitslose dem ÖGB auch neu beitreten können und der ÖGB von einem manchmal vielleicht nicht ganz unberechtigten Vorwurf, nur eine Arbeitsplatzbesitzerlobby zu sein, längst in ein Verständnis gewechselt ist, dass auch die Fragen der Arbeitslosigkeit Kernfragen der gewerkschaftlichen Interessensvertretung sind. Das heißt, auf der einen Seite gibt es hier eine Institution, die auf der freiwilligen Ebene die Interessensvertretung wahrnimmt, auf der anderen Seite - keine Frage - ist auch in der Tätigkeit der Arbeiterkammer die Arbeitsmarktpolitik ein ganz wesentlicher Bestandteil.

 

Es gibt in der Wiener Arbeiterkammer den Ausschuss für Arbeitslosenversicherung und Arbeitsmarktpolitik, der sich hier mit diesen Fragen auch beschäftigt. Ausgehend von der Beschäftigung mit diesen Fragen kam es auch zu einer Klärung der Schnittstelle mit dem AMS und des Umgangs mit der Beratung und Vertretung von

 

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