Gemeinderat,
42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 76
dann heißt
es immer: „Arbeitsmarktpolitik ist natürlich Bundessache und keine
Landessache.“ Das wissen wir, aber wir wissen auch ganz genau, dass die Länder
natürlich immer schon direkt oder auch indirekt eingegriffen haben, weil jede
Investition et cetera Auswirkung auf den Arbeitsmarkt hat. Daher kann es nicht
so sein, dass ich sage, das Land schiebt alle Verantwortung weg, sondern im
Gegenteil, man versucht ja vieles zu machen, aber in Wien wird immer, bevor man
sagt, wir machen irgend etwas, gesagt: "Der Bund ist schuld." Und es
ist immerhin interessant, dass die Oberösterreicher sagen - obwohl ich damit ja
nichts zu tun habe - und sich hier deklarieren und in dieses Programm
hineingeschrieben haben, was sie alles für den Arbeitsmarkt tun wollen. Also
die haben sich nicht in der Aussage erschöpft „Brauchen wir nicht, der Bund ist
für alles verantwortlich“, sondern die haben auch gesagt, was sie alles wollen.
Meine sehr
verehrten Damen und Herren, dieser Antrag liegt jetzt vor und es gibt ja schon
einen Vorgänger dieses Antrags aus der Wiener Arbeiterkammer von der den GRÜNEN
verwandten Fraktion. Man sollte da ja einmal das ganze Arbeiterkammergesetz
vorlesen, nur offensichtlich ist das auch nicht mehr so richtig, aber der
§ 1 genügt fürs erste einmal. Der § 1 des Arbeiterkammergesetzes
lautet: „Die Kammern für Arbeiter für Angestellte und die Bundesarbeitskammer
für Arbeiter und Angestellte sind berufen, die sozialen, wirtschaftlichen,
beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen
zu vertreten und zu fördern.“ Okay. Also wenn wir auf die kulturellen
Interessen et cetera keine Rücksicht nehmen, dann gehen wir von den sozialen
Interessen aus.
Und dann
heißt es ja in dem Antrag, dass man unabhängig und weisungsfrei agieren soll,
arbeitslose Menschen bei der Durchsetzung ihrer Interessen unterstützen soll,
in Gesetzgebungsverfahren eingebunden werden soll, niederschwellige Beratung
bieten soll und da auch finanziell abgesichert werden soll. Die Grundtendenz
ist auch die, dass hier nicht nur die Gemeinde Wien einschreiten soll, sondern
dass neben den Initiativen natürlich auch Interessensvertretungen oder
Sonstiges eingebunden werden sollen. Das kann ja nur heißen, Arbeiterkammer und
Gewerkschaft.
Jetzt
frage ich mich, wenn ich für alle diese Aufgaben schon eine gesetzliche
Institution habe, nämlich die Arbeiterkammer, wozu ich dann noch einmal einen
eigenen Anwalt installieren soll? Noch dazu wenn ich sage, ich binde dann jene
ein, die hier für diese Aufgaben sowieso zuständig wären, nämlich
Arbeiterkammer und die Gewerkschaft, die in diesem Bereich genauso tätig ist.
Daher frage ich mich, was das soll?
Gehen wir
davon aus, dass die Arbeiterkammer gesetzliche Aufgaben zugewiesen bekommen hat
und ich erlaube mir, hier nur jene vorzulesen, die auf die heutigen Anträge
replizieren. Da steht einmal im § 4 Abs 2 Ziffer 1 „Stellungnahmen
zu Gesetzesentwürfen und Gesetzesvorhaben“ und so weiter, in der Ziffer 2
„Den Verwaltungsbehörden sind Vorschläge und Berichte zu erstatten“, in der
Ziffer 7 „Wissenschaftliche Erhebungen und Untersuchen, die die Lage der
Arbeitnehmer betreffen, sind durchzuführen oder sonstwie an ihnen mitzuwirken“
und Ziffer 8 „Über alle Interessen die Arbeitnehmer betreffende
Angelegenheiten ist zu informieren.“ Daher glaube ich, dass das eine
Parallelität ist, die man an und für sich ja nicht braucht. Und ich frage mich,
warum die Sozialdemokraten, die ja sowieso die Arbeiterkammer - und jetzt gar
nicht im negativen Sinne, sondern objektiv gesehen – beherrschen, und Sie haben
dort ja eine tolle Mehrheit und wenn man Betriebsrat war, dann weiß man ja auch,
dass dort Nicht-Sozialdemokraten kaum angestellt werden, das heißt, Sie können
sich dort entfalten, Sie können für den Arbeitnehmer im Rahmen des Gesetzes
tätig werden, jetzt hergehen und hier einen Antrag stellen, wo Sie auch wieder
genauso wie die GRÜNEN einen Anwalt fordern. Und zwar fordern Sie die
Bundesregierung auf, einen Bundesanwalt mehr oder weniger einzusetzen und in
jedem Land eine Landesgeschäftsstelle, die sich mit den gleichen Problemen
befassen soll.
Vielleicht
noch ein Einschub: Man kann ja jetzt nicht sagen, diese Leute haben keine
Vertretung. Diese Leute haben ja eine Vertretung. Diese Leute sind auf jeden
Fall vorher in der Arbeiterkammer Pflichtmitglieder und zum Großteil Mitglieder
in der Gewerkschaft gewesen. Also man kann ja nicht sagen, dass die nicht
vertreten werden. Aber jetzt brauchen Sie noch eine Institution. Jetzt sage
ich, wenn man zurückdenkt, immer wenn in Wien ein Anwalt geschaffen wird - und
ich habe ja in Bereichen, wo es nichts gibt, nichts dagegen, sondern im Gegenteil,
das ist sogar sehr sinnvoll -, dann wissen wir, dass am nächsten Tag acht
Dienstposten da sind! Ich würde sagen, mit dem ganzen Geld, was das kostet,
könnte man schon wieder hundert Menschen eine Gelegenheit geben, sich besser zu
qualifizieren und mehr Chancen am Arbeitsmarkt zu haben. Ich glaube, das Geld
wäre da besser angelegt.
Aber ich
gehe jetzt davon aus, wenn die Sozialdemokraten selbst so etwas fordern, dann
müssten wir hinterfragen, wie das wirklich gedacht ist, weil Sie damit ja in
Wirklichkeit die Arbeiterkammer in Frage stellen. Und zwar stellen Sie sie in
Frage, indem Sie sagen: Es gibt eine Lücke und die Arbeiterkammer nimmt sie
nicht wahr. Na dann muss ich etwas machen. Entweder muss ich den Leuten dort
auf die Finger klopfen oder wenn es eine gesetzliche Lücke ist, dann muss ich
die gesetzliche Lücke schließen, weil die Arbeiterkammern immerhin alle
sozialen Interessen aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahrzunehmen
haben. Oder es gibt eine Lücke, weil sie nicht wahrgenommen wird. Na dann muss
man darüber reden, wieso das passiert und diese Lücke schnellstens schließen.
Das heißt, den
sozialdemokratischen Antrag verstehe ich überhaupt nicht, weil es ja wirklich
ein bisschen skurril ist, wenn ich zwei Institutionen habe - und ich gehe davon
aus, dass die Arbeiterkammer und Gewerkschaft ja mehrheitlich
sozialdemokratisch dominiert sind -, dass Sie jetzt sagen, die zwei können das
nicht oder machen das nicht und jetzt schaffen wir eine dritte Institution, nur
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