Gemeinderat,
42. Sitzung vom 28.04.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 76
Mindereinnahmen im Ausmaß von 87,9 Millionen EUR gibt. Diese Mindereinnahmen müssen einerseits von der Gebietskrankenkasse verkraftet werden, andererseits müssen sie von den Versicherten auch aufgebracht werden.
Es ist auch keine Frage, dass auch die
Gebietskrankenkasse ihre Hausaufgabe gemacht hat, was die Frage der
Verwaltungskosten und die Frage des Personalstands betrifft: Allein durch die
derzeit niedrigste Verwaltungskostenquote in der Geschichte der Wiener
Gebietskrankenkasse - es gab noch nie so eine niedrige Verwaltungskostenquote!
- und durch den um 12,3 Prozentpunkte massiv verringerten Personalstand
gab es ein Einsparungsvolumen von insgesamt 26,8 Millionen. - Und dann
kommt man und sagt: Das ist alles nichts! Ihr wirtschaftet schlecht! Ihr könnt
nichts!
Meine Damen und Herren! Wenn man sich die
Verwaltungskostenquote der Wiener Gebietskrankenkasse im Vergleich mit allen
anderen Krankenkassen ansieht, wird man draufkommen, dass die Wiener
Gebietskrankenkasse im Spitzenfeld jener Krankenkassen liegt, die die
niedrigsten Verwaltungskosten haben - obwohl es nachweisbar im Raum Wien die
meisten Versicherten gibt, obwohl es nachweisbar im Raum Wien die größte
Ärztedichte gibt, und und und.
Und dann hat sich die Wiener Gebietskrankenkasse
bemüht - gegen viele Unkenrufe -, den Vertrag mit der Wiener Ärztekammer zu
kündigen und diesen Vertrag auf neue Beine zu stellen. Und all das, was zum
Wohle der Versicherten ist, was zum Wohle auch der Finanzen der Wiener
Gebietskrankenkasse ist, soll auf einmal nicht mehr zählen! - Das wird vertreten
von einer ÖVP, von Repräsentanten von Parteien, die selbst
Krankenversicherungen repräsentieren, wo es höhere Honorarsätze gibt, wo es
höhere Abrechnungssätze für Ärzte gibt. All das zählt auf einmal nicht, die
Honorarsätze der Selbstständigen-Versicherung sind völlig uninteressant.
Es geht Ihnen schlicht und einfach nur darum - so
sagen Sie doch der Bevölkerung die Wahrheit, meine Damen und Herren von der
ÖVP, noch dazu, wenn Sie sich dem ÖAAB zugehörig fühlen, der ja in Wahrheit in
dieser Bundesregierung keinen Stellenwert mehr hat! -, es geht Ihnen im Verein
mit der Wirtschaftskammer um nichts anderes als darum, unser Gesundheitssystem,
welches aufgebaut ist auf Solidarität, auf einer breiten
Beitragseinnahmenstruktur und darauf, dass der Einzelne, wenn er krank ist und
dieses System braucht, solidarisch aufgefangen wird, solidarisch betreut wird -
darauf ist unser Krankenversicherungssystem aufgebaut! -, zu zerstören! Sagen
Sie das doch! Sie wollen der Ellbogengesellschaft den Vortritt lassen, jener Ellbogengesellschaft,
in der derjenige, der es sich leisten kann, krank sein darf, und derjenige, der
es sich nicht leisten kann, nicht mehr krank werden darf und einen schnellen
Abgang machen soll. Das ist die Philosophie, die dahinter steht! (Beifall bei der SPÖ.)
So erklären Sie doch - gerade Sie, die Sie angeblich
auch Repräsentanten von vielen Pensionisten sind -, wie ein Pensionist mit 700,
mit 800, mit 900, mit 1 000 EUR Pension die 100 Prozent
vorfinanzieren soll, um dann nach vier Wochen - von mir aus auch nach vierzehn
Tagen - die 80 Prozent zurückzubekommen! Wie soll denn das funktionieren?
Wie soll denn das bei jemandem, der 700, 800, 900 EUR Pension hat - und
viele haben ja auch nur 900 EUR Einkommen, viele junge Menschen, aber auch
viele ältere Arbeitnehmer -, funktionieren?
Die Strategie, die dahinter steht, meine Damen und
Herren, wird Ihnen weiterhin auf den Kopf fallen: Am 14. Mai wird es eine
weitere Abrechnung geben.
Ich darf Sie nur aufrufen: Sorgen wir alle gemeinsam
dafür, dass unser solidarisch finanziertes Gesundheitssystem erhalten bleibt!
Sorgen wir dafür, dass Menschen wie Herr Dr Gleitsmann wieder dorthin
verschwinden, wo sie hergekommen sind, nämlich in die Versenkung. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Als nächste Rednerin hat sich Frau StRin
Mag Vassilakou zum Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort. Ihre Redezeit
beträgt 5 Minuten.
StRin Mag Maria Vassilakou:
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Verehrte Damen und Herren - und insbesondere
verehrte Damen und Herren von der ÖVP!
Ganz zu Beginn hätte ich schon eine Frage. Bitte
erklären Sie mir - der nächste Redner kommt ja aus der ÖVP -: Wie kann man in
wenigen Wochen so viel Chaos anrichten? Wie ist das überhaupt möglich?
Rekapitulieren wir vielleicht kurz, was die ÖVP, also
Ihre Vertreter im Hauptverband innerhalb von wenigen Wochen erreicht haben: Sie
haben zwei Abstimmungen gekippt. Sie haben der Wiener Gebietskrankenkasse eine
Sonderprüfung eingebrockt. Sie haben einen massiven Anschlag, eine massive
Verunsicherung der Bevölkerung und einen Anschlag auf die Versorgungssicherheit
in Wien erreicht. - Sie müssen sich einmal vorstellen, wie man sich fühlt, wenn
man älter ist, wenn man chronisch krank ist, wenn man behindert ist. Wie geht
es jetzt Menschen in dieser Stadt, die auf einen häufigen Arztbesuch angewiesen
sind und die jetzt - im 21. Jahrhundert! - überlegen müssen: Kann ich mir
den Arztbesuch noch leisten? Werde ich ihn mir in ein paar Monaten noch leisten
können?
Sie haben es tatsächlich geschafft, eine soziale
Errungenschaft des 20. Jahrhunderts - nämlich genau das, dass man sich
diese Frage, ob man es sich leisten kann, krank zu sein, nicht mehr stellen
musste - in Wien rückgängig zu machen.
Sie haben es geschafft, eine
Systemreform, die in der Wiener Gebietskrankenkasse geplant war, de facto
rückgängig zu machen: Sie ist gestorben. - Im Übrigen: Dass sie gestorben ist,
hat Auswirkungen in der Stadt, denn durch diese Systemreform hätten
Gruppenpraxen gefördert werden sollen, die Versorgung in strukturschwachen
Randgebieten hätte verbessert werden sollen, spezialisierte Praxen hätten viel
mehr gefördert werden sollen. Das alles ist de facto gestorben - und es kostet
Geld, denn dass diese Strukturreform gestorben ist, kostet den Berechnungen von
Herrn Bittner zufolge
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