Gemeinderat,
41. Sitzung vom 26.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 43 von 87
niemand schuld sein, es gibt keine politische
Verantwortung. Es wird das immer wieder auf jemand anderen abgeschoben, obwohl
man diese Zustände schon seit Jahren und seit Jahrzehnten kennt. Der
Rechnungshof hat Kritik geübt, das Kontrollamt hat Kritik geübt, die Revision
hat Kritik geübt, die Gewerkschaft hat kritisiert, unabhängige
Unternehmensberater haben Problemfelder aufgezeigt, der Ombudsmann hat Kritik
geübt, die Medien haben sich über die Missstände aufgeregt, und wir, die
Oppositionsparteien, haben seit Jahren auf Missstände hingewiesen und
Vorschläge zur Verbesserung eingebracht. Und was unternimmt die Stadtregierung?
(GR Mag Helmut Kowarik: Nichts!) Sie
hat all die Jahre viel zu wenig gemacht. Da gilt sowohl für den ehemaligen
Gesundheitsstadtrat Rieder als auch für die jetzige StRin Pittermann, denn auch
sie hätte jetzt in drei Jahren wesentlich mehr zustande bringen können. (Beifall bei der ÖVP.)
Beide aktuellen Kontrollamtsberichte zeigen daher
eindeutig, dass die politische Verantwortung eigentlich nie wahrgenommen wurde.
Und was macht der Herr Bürgermeister jetzt? Das will ich aber jetzt, bitte,
ohne Ironie sagen: Er ist ... (GR
Günther Barnet: Er sitzt im Buffet!) Er sitzt im Buffet? Na gut, da kann
ich nur sagen, es soll ihm anschlagen. (Heiterkeit
und Beifall bei ÖVP und FPÖ.) Und was macht der Herr Bürgermeister jetzt,
außer im Café zu sitzen?
Er hat die Erkenntnis gewonnen, man wolle die
Menschen so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung belassen. – Na net!
Das hat die ÖVP, das haben wir alle miteinander schon immer gefordert.
Er erteilt Monsterzentren eine Absage. – Da hat er
lange nachdenken müssen, bis ihm das eingefallen ist.
Er möchte eine Zusammenarbeit mit privaten
Organisationen. – Meine Damen und Herren der Opposition, wie oft haben wir das
gefordert? Das war nicht nur die ÖVP, das haben wir auch alle miteinander
gefordert.
Und was mir ja besonders gefällt: Im Vordergrund
werde die dezentrale Unterbringung stehen. – Also wenn ich jetzt nur daran
denke, wie ich betreute Wohngemeinschaften für Senioren gefordert habe, dann
höre ich jetzt noch die sehr temperamentvollen Zwischenrufe der damaligen GRin
Neck-Schaukowitsch. Die hat mir also wirklich erklären wollen, warum das nicht
geht, warum das schlecht ist, warum das mehr Geld kostet. Bitte, das kostet
nicht viel Geld und ist für die Menschen das wesentlich Bessere.
Und eine Trennung zwischen Heimen und geriatrischen
Spitälern ist ja auch keine neue Erkenntnis.
Weil der Herr Bürgermeister gesagt hat, er nimmt
alles in seine Hand, werde ich ihn jetzt ansprechen, auch wenn er nicht da ist.
Vielleicht hört er es oder vielleicht liest er es einmal. Ich habe Ihnen jetzt
bewiesen, Herr nicht anwesender Bürgermeister, dass diese Sachen, die Sie jetzt
durch langes eigenes Nachdenken zustande gebracht haben, eigentlich bisher
schon die Forderungen der ÖVP waren. Wenn Sie uns je zugehört hätten, dann
hätten Sie sich viel Ärger erspart, denn das haben wir Ihnen ja schon vorher
gesagt. Haben Sie uns nicht zugehört? Nein, haben Sie nicht, denn so ist die
geriatrische Versorgung die Hierarchie der Verantwortungslosigkeit geworden. (Beifall bei der ÖVP.)
Herr Bürgermeister – also es ist eigenartig, immer
mit jemandem zu reden, der nicht da ist, der aber die Ansprechperson ist; das
ist wirklich komisch –, auch wenn Sie nicht anwesend sind, ist Ihnen bestimmt
bekannt, dass 30 Prozent der Bewohner der geriatrischen Zentren nicht in
den medizinisch überversorgten Zentren wohnen müssten, wenn es alternative
Wohnformen gäbe, und zwar sind das die betreuten Seniorenwohngemeinschaften, wo
sie mit einer gewissen Hilfe selbstständig wohnen können. Ich hoffe, Sie haben
sich auch schon erkundigt, denn die ÖVP wird den Antrag stellen, dass in allen
neuen städtischen Wohnbauten bereits Vorsorge getroffen wird und Räumlichkeiten
eingeplant werden, dass betreute Wohngemeinschaften sozusagen wienweit
errichtet werden. (Beifall bei der ÖVP.)
Damit Sie nicht weiter nachdenken müssen, lieber Herr
Bürgermeister, möchte ich Ihnen unsere Vorschläge und Forderungen jetzt im
Kurzstil vortragen.
Die ÖVP hat weiters gefordert: Einen neuen
Geriatrieplan, ein Pflegeheimgesetz, ein Heimaufenthaltsgesetz, Patientenrechte
für Pflegeheimbewohner, mehr Pflegepersonal und eine Änderung oder zusätzliche
andere Möglichkeiten der Berufsausbildung, einheitliche Standards in allen
städtischen Geriatriezentren, 100 zusätzliche Nachbarschaftshilfezentren,
Ausbau der mobilen Seniorenbetreuung, Ausbau der Seniorenwohngemeinschaften in
allen Stadteilen, wohnortnahe überschaubare Geriatriezentren, flächendeckende
akutgeriatrische Versorgung in städtischen Spitälern, Einsetzung eines
Pflegeanwaltes und nicht eines Pflegeombudsmannes, denn ein Anwalt hat
wesentlich mehr Rechte, und – das ist jetzt bitte etwas Neues, das wir nur im
Gespräch, aber hier noch nicht gefordert haben – eine Definition der
freiheitsbeschränkenden Maßnahmen. Das ist unbedingt notwendig.
Herr Bürgermeister! Sie haben erklärt, eine
Umstellung wird viel Geld kosten, und Sie sind sich dessen bewusst. Herr
Bürgermeister, das haben wir Ihnen gesagt: Es gehört wesentlich mehr Geld in
den geriatrischen Bereich investiert.
Die ÖVP setzt sich für eine umfassende Reform der
derzeitigen geriatrischen Betreuung in Wien ein, und das heißt: Wir beginnen
nicht erst im Sommer, denn bis dorthin wird nachgedacht und dann dauert es
lange, sondern ein Beginn hat jetzt und sofort zu erfolgen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächste Rednerin ist Frau StRin Landauer gemeldet. Ich erteile ihr das
Wort.
StRin Karin Landauer (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Es ist weder der Herr
Bürgermeister anwesend noch die StRin Pittermann noch der Herr Finanzstadtrat.
Hier geht es immerhin um sehr große Beträge. Vor noch nicht sehr langer Zeit
haben wir die Garantie des
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