Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 78
dir: Der, der nicht zu weinen scheint. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzende GR Renate Winklbauer: Zu
Wort gemeldet ist die Frau GRin Ringler. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Ich danke dem Herrn GR Salcher für diese künstlerische Einlage
am Ende und muss schon darauf hinweisen: Wenn die ÖVP von sozialer Verantwortung
und Absicherung der Künstlerinnen und Künstler spricht, dann hoffe ich, dass
Sie derartige feurige Reden auch gegenüber Ihrem Kunststaatssekretär halten,
denn der ist es, der eine schlechte Künstlersozialversicherung in dem Zustand
belässt, in dem sie sich befindet, mit der ein großer Teil der Kunstschaffenden
sehr unzufrieden ist und die nichts von den sozialen Problemen löst, die die
Kulturschaffenden in diesem Land tatsächlich haben. Also in diesem Fall muss
ich Sie doch darum bitten, genauer hinzuschauen, genauer hinzuhören und jene
Künstler, die Sie zu Recht zitieren, wenn es um die Kritik des Theaters an der
Wien geht oder auch um das Ronacher, zu fragen, wie es ihnen mit der
Künstlersozialversicherung geht. Das ist das eine.
Das andere ist tatsächlich die Diskussion darüber, ob
die Stadt Wien es sich leisten kann und soll, Musical in dem Umfang zu
subventionieren, wie wir das derzeit tun und wie wir es in Zukunft noch mehr
tun werden.
Ich verhehle nicht, dass auch ich sehr enttäuscht war
über die Beantwortung des Kulturstadtrats, was die konkreten Zahlen und Fakten
betrifft. Faktum ist: Wir haben offenbar keine. Es gibt eine Studie dieses
Herrn Koßdorff, der die Zahlen für den Umbau der Bühnentechnik im Ronacher
berechnet hat. Aber das, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht eine
Wirtschaftlichkeitsstudie, es ist auch keine Machbarkeitsstudie und es ist auch
nicht das, was man auf jeden Fall bräuchte, wenn man ein derartiges Großprojekt
angeht. Es gibt tatsächlich immer wieder Fälle, wo die Kultur lernen kann von
dem, was in der Wirtschaft passiert, nicht allzu oft, und ich würde das auch
nicht als Mittel der Wahl grundsätzlich anwenden wollen, aber bei Großprojekten
dieser Sorte ist es wohl eine Selbstverständlichkeit, dass man derartige
Zahlenmaterialien vorlegen können sollte. Und dass die Intendanten, deren es ja
mehrere gibt, das offenbar noch immer nicht können, und das, obwohl sie schon
viele Monate im Amt sind, lässt mich leider nicht allzu optimistisch in die
Zukunft schauen. Denn klar ist doch wohl, dass es das Allererste ist, was man
in so einem Fall tut, sich nämlich hinzusetzen und zu sagen: Was mache ich mit
dem Geld und wie rentiert sich das?
Und darüber hinaus, und das ist ein Punkt, den ich
für besonders wichtig halte, wissen wir nichts darüber, wie sich das Publikum
in Zukunft in diesen zwei neuen Musicalbühnen zusammensetzen wird. Das ist
schon angesprochen worden. Das Musical ist nicht im Aufwind. Es ist keine
Kunstsparte, die derzeit eine besonders große Zustimmung erfährt. Und es ist
wohl auch kein Zufall, dass Kathrin Zechner als Teil ihres Programmkonzepts
davon spricht, gerne eine Dinnersoap machen zu wollen. Denn sie spricht damit
einen wunden Punkt an, den wir in der darstellenden Kunst in allen Bereichen
kennen, dass nämlich die Aufmerksamkeitsmuster und die ästhetischen
Anforderungen der Zuschauerinnen und Zuschauer immer stärker auch durch die
elektronischen Medien in ihrer Vielfalt abgelöst werden und damit die
traditionellen Kunstformen nun einmal abgelöst werden, ob wir wollen oder
nicht.
Ob "Barbarella", das supersexy
Spacemusical, wenn ich den Untertitel richtig im Kopf habe, diesem Trend etwas
entgegensetzen kann, werden wir alle merken. Ich persönlich bezweifle, dass das
Musical tatsächlich jene Kunstform ist, die sich in den nächsten Jahren
explosionsartig weiterentwickeln wird.
Und daher ist es tatsächlich unsere Aufgabe
nachzufragen, ob die Investitionen ins Ronacher und – Andreas Salcher hat das
sehr schön ausgeführt – das Einbetonieren von 40 Millionen EUR
tatsächlich gerechtfertigt sind.
Und es verwundert mich auch, dass die Stadtregierung
offenbar nicht eine Sekunde darüber nachgedacht hat, jenen Platz auf der
Donauplatte zu nutzen, der vor vielen, vielen Jahren für kulturelle Nutzungen
bereitgestellt worden ist. Nämlich das, was heute als Parkplatz verwendet wird
auf der Donauplatte, war ursprünglich geplant als Ort für kulturelle Nutzung.
Da gab es schon Hunderte Konzepte, von Sience Centers über sonstige Museen, ein
"Haus der Weltmusik" und ähnliches mehr, aber es spräche tatsächlich
nichts dagegen, diesen Ort mit einem Neubau aufzuwerten. Wenn man das überhaupt
will.
Wir meinen, dass auch ein Neubau keine sinnvolle
Investition wäre, aber sie ist allenfalls sinnvoller und auf jeden Fall billiger
als der Umbau des Ronacher. Und wie Sie bereits aus der Diskussion am Vormittag
wissen, lehnen wir den dezidiert ab.
Mir bleibt an dieser Stelle nur, auf zwei Punkte
hinzuweisen.
Erstens: Ich erwarte mir, dass wir alle Studien, die
es zum derzeitigen Zeitpunkt zum Umbau, aber auch zur Rentabilität, zur
Machbarkeit gibt, baldigst als Mitglieder des Ausschusses vorgelegt bekommen.
Erstens.
Und zweitens, dass es bald zu der lang angekündigten
Einladung der Intendanten in den Kulturausschuss kommt, denn mir scheint, dass
es dringend notwendig ist, dass wir unsere Bedenken auch in persönlichen
Gesprächen, aber natürlich auch im Ausschuss den Damen und Herren zur Kenntnis
bringen und mit ihnen diskutieren.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich würde mir sehr
wünschen, dass die sozialdemokratische Stadtregierung diese falschen
kulturpolitischen Entscheidungen der letzten Monate noch einmal gut überdenkt
und ich würde mir sehr wünschen, dass Sie das Geld, das wir in der Kultur
tatsächlich gut brauchen können, dort anlegen, wo es notwendig ist, nämlich in
der Zukunft und in der Zukunftsgestaltung. - Danke. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Unterreiner. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Heidemarie Unterreiner
(Klub der Wiener
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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