Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 78
etliche Politiker in diesem Land gibt, die das nicht
berücksichtigen und sich entweder auf Kinderpopscherl-Plakaten abbilden lassen
oder ihre eigenen Baby-Fotos ins Netz stellen, ist uns bekannt und stört uns
auch weiter nicht. - Die zweite Regel aber lautet: Du kannst deinem Publikum
alles zumuten, du darfst nur eines niemals tun: Es langweilen! - Ja, und ich
kann einfach dieses ewige Lamentieren um die vergangenen Zustände irgendwann
einmal vor längerer Zeit im Rabenhof nur mehr als langweilig empfinden. (GR Dr
Andreas Salcher: … Ermittlungen!) Es tut
mir Leid! "Quousque tandem, Dr Salcher, abutere patientia nostra?",
würden die Lateiner sagen.
Ich muss eines sagen: Wir haben morgen eine Aktuelle
Stunde zum Thema "Lebensqualität in Wien". Sie werden sich alle
erinnern, dass schon im Jahr 2001 die Mercer-Studie Wien in puncto
Lebensqualität an dritter Stelle geführt hat. Jetzt sind wir sogar um einen
Platz vorgerückt. Weltweit auf dem dritten Platz hinter Zürich und Vancouver
waren wir ursprünglich, jetzt sind wir ex aequo an zweiter Stelle.
Was heißt eigentlich Lebensqualität? - Das ist nicht
nur Fressen, da gehört auch die Moral dazu. Das ist nicht nur günstiges Wohnen,
das ist nicht nur öffentlicher Verkehr, das ist nicht nur Erholung, Grünraum,
Freizeit, Unterhaltung. (GR Gerhard
Pfeiffer: Schlechte Gesundheits...!) So gesehen muss ich sagen: Wien - das
rote, sozialdemokratische Wien - hat eine weltweit anerkannte hervorragende
Lebensqualität. Nun frage ich Sie: Woher rührt das? (GR Gerhard Pfeiffer: Von den Menschen, die hier arbeiten!) Ganz
bestimmt nicht vom schwarz-blau eingefärbten öffentlichen Regierungs-Rundfunk (GR
Gerhard Pfeiffer: Von den Menschen, die hier arbeiten! Doch nicht von Ihrer
Partei!), der uns - und da werde ich Ihnen aus der Seele sprechen - mit
altem Hollywood-Schrott zumüllt. Wien hält dagegen, gerade auf dem Sektor Kunst
und Kultur, denn die Sozialdemokratie sieht Kultur als Grundnahrungsmittel! (GR
Gerhard Pfeiffer: Doch nicht von Ihrer Partei! Von den Menschen! Von den
Menschen, die hier arbeiten! Nicht von der sozialistischen Partei!)
Bei Ihnen scheint das ein bisschen anders zu sein.
Wir haben ja von Herrn Dr Salcher erfahren, dass er - ich weiß nicht -
eine linke Vergangenheit hat, aber jetzt empfindet er uns als reaktionär. - Wir
haben unsere Position nicht geändert! Ich denke da etwa an Rosa Jochmann, die
man einmal gefragt hat, warum sie Sozialdemokratin ist, und sie hat gesagt:
Weil ich die Menschen mag, weil ich die Menschen lieb habe. - Und diese
Humanität steht auch als oberstes Transparent über der sozialdemokratischen Kulturpolitik!
(Beifall bei der SPÖ. – GR Gerhard
Pfeiffer: Das ist nicht sozialdemokratisch!)
Ich muss schon darauf hinweisen, dass wir eben nicht
irgendeine elitäre Hochkultur für die Crème de la Crème (ironische Heiterkeit der GRe Georg Fuchs und Gerhard Pfeiffer),
eine schwer leistbare, verlangen, sondern wir verlangen ein Theater, einen
Film, eine Kultur für alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes und dieser
Stadt. (GR Dr Matthias Tschirf: Trash!
Trash!)
Ich möchte zum Abschluss vielleicht noch ganz kurz
einen - wohl Ihrer Fraktion eher näher stehenden - berühmten Dandy zitieren.
Oscar Wilde hat einmal gesagt: "Vom Erlös meiner Bücher kann ich mir zwar
Champagner und Kaviar leisten, aber wovon soll ich meine Miete bezahlen?"
- Ich könnte ihm posthum nur raten: Kommen Sie ins rote Wien, da wird das kein
Problem sein - auch wenn es hier vielleicht nicht Champagner und Kaviar,
sondern drei Wurstsemmerl sind! - Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Ringler. Ich
erteile es ihr.
GRin Mag Marie Ringler
(Grüner Klub im Rathaus): Liebe Frau
Vitouch!
Angesichts der Tatsache, dass gerade gerichtliche
Vorerhebungen gegen Herrn Welunschek eingeleitet worden sind, unter anderem
wegen zweifelhafter Barbesuche auf Kosten der Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler, hätten Sie sich den Vergleich mit dem Kaviar eher sparen sollen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)
Eigentlich wollte ich zum Rabenhof heute tatsächlich nichts
sagen. Wir werden dieser Subvention zustimmen, und zwar deshalb, weil wir das
Vertrauen in die neuen Betreiber haben, dass sie aus dem Theater in den
nächsten eineinhalb Jahren den Ort machen, von dem wir alle gehofft haben, dass
er es wird. Dann wird die Theaterreform darüber entscheiden, wie weiter
vorzugehen ist. Ich denke, dieses Vertrauen setze ich in Thomas Gratzer und
sein Team.
Aber, liebe Frau Vitouch, dass hier behauptet wird,
dass das alles Schnee von gestern wäre und dass das im Show-Business nun einmal
so ist, dass Leute 2,5 Millionen EUR in den Sand setzen, das haben
sich die Kulturschaffenden in dieser Stadt nicht verdient. Sie mögen die Leute
in dieser Stadt noch so lieb haben, das geht trotzdem nicht! Man kann nicht mit
Steuergeldern tun, was man will.
Ich darf Ihnen im Folgenden kurz aus der APA von
heute zitieren; dann werden Sie, glaube ich, die Schwere der Vorwürfe, um die
es sich hier handelt, noch einmal vor Augen geführt bekommen:
"Um zu klären, ob sich der Theatermann strafrechtlich
etwas zu Schulden hat kommen lassen, hat die zuständige Staatsanwältin Gabriele
Müller-Dachler nicht weniger als 13 konkrete Ermittlungsschritte in die Wege
geleitet. Sie will ganz genau wissen, wofür die Subventionen verwendet und wem
diese in welcher Form übergeben worden sind. Auch unklare Kartenabrechnungen
und Überstunden-Pauschalen sollen überprüft werden.
Weiters werden Welunscheks Rechnungen für zahlreiche
Barbesuche, Taxifahrten und Hotelnächtigungen näher in Augenschein genommen.
Die Finanzierung einer Probebühne, wo der Rabenhof-Leiter später eine
Wohneinheit integrierte, ist für die Anklagebehörde ebenfalls von Interesse:
Wer hat dafür Heizung und Strom bezahlt? Offen ist auch, welche Leistungen
Welunscheks Lebensgefährtin für vom Verein bezogene Gelder erbracht hat."
Liebe Frau Vitouch! Ich glaube,
man kann sagen:
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