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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 16.01.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 35

 

ÖVP.)

 

Ich sage Ihnen jedenfalls, dass diese Belastungswelle, die in den letzten Jahren in diesem Land vor allem auf die Klein- und Mittelverdiener geschwappt ist, auch Namen und Adresse hat. Einen nämlich könnt ihr euch teilen und das ist der Herr Grasser. Ich weiß nicht, wem der jetzt gerade näher steht. Ich habe nur gehört, er tut wieder mit dem Haider herum, das kann man nie genau sagen, also lauft er auf einem Doppelticket. Der Andere ist derjenige, der, wenn er „wir“ sagt, nicht Wien, sondern die Bundesregierung meint, der aber Vorsitzender der ÖVP Wien ist! (GR Dr Matthias Tschirf: Gott sei Dank!) Also das ist eine recht originelle Verquickung!

 

Tatsache ist, dass diese Belastungswelle, die ganz massiv auch vom Vorsitzenden der ÖVP Wien getragen wird, natürlich ganz besonders die Kleinverdienerinnen und Kleinverdiener getroffen hat. Wenn Sie... (GR Dr Matthias Tschirf: Haben Sie die Steuerreform verschlafen?) Ich komme darauf zu sprechen. Danke für das Stichwort, Herr Klubobmann. (GR Dr Matthias Tschirf: Ja bitte!)

 

Tatsache ist, und ich möchte hier jetzt nur einige Dinge vorlesen, weil ich glaube, Sie haben da eine kurzfristige Amnesie, was in den letzten Jahren passiert ist. Die Kürzungen... (StRin Karin Landauer: Nehmen Sie sich ein bisschen in acht mit Ihren Ausdrücken! Das ist eine schwere Krankheit, Amnesie! – Aufregung bei der ÖVP.) Die Kürzungen des Arbeitnehmer- und Pensionistenabsetzbetrags, höhere Steuern auf Urlaubs- und Kündigungsentschädigungen, Kürzungen des Arbeitslosengeldes, mehrmalige Erhöhung der Rezeptgebühr, Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages, Einführung der Unfallrentenbesteuerung - deren Aufhebung auf Grund eines Urteils des VfGH wurde als Sieg der Regierung gefeiert, auch sehr originell -, Kürzung der Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension, mehrmalige Erhöhung der Mineralölsteuer, Einführung der Studiengebühren, und so weiter, und so fort. Tatsache ist, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und die Pensionistinnen und Pensionisten dieses Landes jährlich um 1,8 Milliarden EUR mehr an Steuern, Abgaben und Gebühren zahlen als 1999 unter Finanzminister Edlinger! (GR Dr Matthias Tschirf: Ohje!)

 

Und jetzt, Herr Klubobmann Tschirf, komme ich sehr gerne zur Steuerreform (GR Dr Matthias Tschirf: Ja!), denn da kann man über die Form sprechen. Ihr Parteivorsitzender meinte, man könne sich das alles auf einem Bierdeckel ausrechnen. Also dieser Versuch ist offenbar gescheitert. (GR Dr Matthias Tschirf: Ja das können Sie sehr wohl im Internetzugang abrufen!)

 

Es ist der Bundesregierung gelungen, einen Tag sozusagen Nebel zu streuen und so zu tun, als hätte sie nachhaltig etwas verändert. Am zweiten Tag, als nämlich die ersten Informationen da waren, ist es schon allen gekommen, dass das Steuersystem in Wahrheit genauso kompliziert bleibt wie es bisher auch schon war (GR Dr Matthias Tschirf: Das stimmt ja nicht!), weil man auch bisher schon eine Liste von Durchschnittssteuersätzen austeilen konnte. Das wäre mir alles noch wurscht. Tatsache ist aber, dass die Prioritäten aus der Sicht der Sozialdemokratie vollkommen falsch gesetzt wurden. Es wurde nämlich hier vor allem von der ÖVP - die FPÖ war offenbar froh, dass sie dabei sein durfte - beinharte Klientelpolitik gemacht! Das kann man sich anschauen, wenn man sich einfach einmal nur das Volumen dieser Steuerreform anschaut und sieht, dass 1 150 Millionen EUR für die Unternehmensseite bereitgestellt werden und da aber wieder nur für 20 Prozent der Unternehmen, denn die vielen Klein- und Mittelbetriebe haben nämlich von dieser Steuerreform überhaupt nichts (GR Dr Matthias Tschirf: Arbeitsplätze! - StRin Karin Landauer: Arbeitsplätze!), und dass 1 380 Millionen EUR für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (StRin Karin Landauer: Arbeitsplätze!) zur Verfügung stehen. (StRin Karin Landauer: Arbeitsplätze! – GR Dr Matthias Tschirf: Arbeitsplätze!)

 

Tatsache ist auch, dass die, die bisher keine Steuer gezahlt haben und voll von dieser Belastungswelle, die ich vorhin erwähnt habe, getroffen wurden, jetzt überhaupt komplett durch Finger schauen. (GR Franz Ekkamp: Jawohl!)

 

Die Klientelpolitik möchte ich nur an einigen wenigen Beispielen ganz deutlich darstellen. Da ist einmal das Steuergeschenk an die Bauern, wo man einem ganz kleinen Bereich, der auch immer kleiner werdend ist, 50 Millionen EUR sozusagen schenkt, damit die Mineralölsteuer auf Agrardiesel verringert wird. Zusätzlich aber - und das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen - muss man wissen, dass das Landwirtschaftsbudget seit 1999 um 227 Millionen EUR gestiegen ist! Also die 50 Millionen EUR für die Bauern sind insbesondere deshalb interessant, weil das der Wiener ÖVP-Obmann ausverhandelt hat und die Bauern in Wien ja bekanntlich wirklich eine bedeutende Größe sind! Also danke, Herr Wiener ÖVP-Obmann! (GR Dr Matthias Tschirf: Das ist eine Hetze! – Aufregung bei der ÖVP.)

 

Ein zweiter Bereich, den ich sehr originell finde, sind die 30 Millionen EUR zusätzlich für die Absetzbarkeit der Kirchensteuer. Ich nehme das in Demut zur Kenntnis, möchte aber nur bemerken, dass das weniger ist als es dieser Bundesregierung wert ist, die Pendlerinnen und Pendler zu unterstützen. Da kann sich dann jeder selbst sein Bild darauf machen!

 

Und jetzt komme ich zum Kollegen Strobl, der heute hier ja sein Herz für die Kinder, für die ganztägige Betreuung entdeckt hat. (Heiterkeit bei der SPÖ. - GR Dr Matthias Tschirf: Ja!) 230 Millionen EUR in Familienförderung! 230 Millionen EUR in Familienförderung wären 60 000 Kinderbetreuungsplätze! Die lehnen Sie aber ab, denn diese Familienförderungen ist eine Förderung, die vor allem nur Alleinverdienerinnen und Alleinverdiener bekommen und das heißt auch: „Frauen an den Herd!“ Und ich erkläre Ihnen auch, warum das „Frauen an den Herd“ heißt und warum das Argument, das hier jetzt von Ihrer Seite strapaziert wird, dass man sagt, das ist für die AlleinerzieherInnen, nicht greift. Tatsache ist nämlich, dass das durchschnittliche Einkommen von Frauen bei 1 040 EUR liegt. Das heißt, die zahlen gar keine

 

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