Gemeinderat,
24. Sitzung vom 30.01.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 82
Wichtig: Die Agenda 21 gibt
es mittlerweile auch in Wien. Es gibt ein rot-grünes Projekt, dem hier
einstimmig zugestimmt wurde.
Wie aber geht es im 9.
Bezirk weiter? – Heute ist mehr oder weniger der letzte Tag der
Auseinandersetzung, heute machen wir – oder ich in diesem Fall – mehr oder
weniger einen Epilog hier heraußen, die anderen Oppositionsparteien werden
sich, denke ich mir, der grünen Argumentation sicher anschließen. Wir werden
dem Begehren der SPÖ und damit auch dem Begehren der
Bundesimmobiliengesellschaft nicht zustimmen. Warum? – Der Herr Kollege Driemer
hat es in seiner letzten Aussendung so kommentiert: "Die Grünen nehmen die Bürgerbeteiligung
nicht wirklich ernst." Oder, um genau zu sagen: "Der
Ausschussvorsitzende ..." (GR Johann Driemer: Lesen Sie es genau
vor!) Ich habe es eh da, Herr Kollege Driemer, es ist ja nicht so, dass ich
es nicht dahabe. "Der Ausschussvorsitzende erinnerte daran, dass ÖVP und
FPÖ seinerzeit im Bezirk dem ursprünglichen Entwurf zur Sensengasse die
Zustimmung gegeben haben."
Und genau da liegt auch
des Pudels Kern. Stimmt. Aber – und das sage ich jetzt natürlich ein bisschen
zur Entschuldigung – sie haben dazugelernt. Die Frage ist jetzt: Was hat die
SPÖ dazugelernt. Aber es kommt ja gleich. Da steht: "Die nunmehrige
Ablehnung des mit den AnrainerInnen erzielten Kompromisses kann ich daher nur
dahin gehend deuten, dass ihnen Bürgeranliegen nicht wirklich am Herzen
liegen."
Jetzt weiß ich nicht
wirklich, ob der ÖVP und der FPÖ die BürgerInnenanliegen am Herzen liegen,
Faktum ist, dass der SPÖ die BürgerInnenanliegen nicht am Herzen liegen, und
zwar deshalb, weil sie uns die ganze Zeit sagt: Wir haben die
BürgerInnenanliegen irgendwie umgesetzt, es gab einen Kompromiss, und hin und
her.
Na, mit wem gab es da
einen Kompromiss? Es gab einen Kompromiss, sagen Sie, mit der
Bundesimmobiliengesellschaft. Die Bundesimmobiliengesellschaft stellt hier
herinnen nicht die Mehrheit, sondern die SPÖ stellt hier die Mehrheit. Das
heißt, die SPÖ bestimmt Planungspolitik, die SPÖ bestimmt die Widmungen auch am
Alsergrund. Weil der Herr Bezirksvorsteher Benke nur 13 Mandate von 40
hat, kann er es nicht machen. Sie können das in Wien sehr wohl.
Da möchte ich jetzt aus
der Information der Agenda-Gruppe zitieren. Das ist jene Gruppe, mit der,
wohlgemerkt, ein Kompromiss zu diesem Verfahren abgeschlossen wurde. Noch
einmal muss ich vorausschicken: Wir haben in der letzten Gemeinderatssitzung –
oder in der vorletzten war es, glaube ich – ein Mediationsverfahren für den
Bezirk beschlossen. Ein Mediationsverfahren dauert nicht zwei Monate, ein
Mediationsverfahren wird nicht zeitlich terminisiert, und in einem
Mediationsverfahren gibt es spezielle Regeln. Ab jetzt spreche ich nicht mehr
von einem Mediationsverfahren, sondern von einem moderierten Verfahren. So war
es nämlich wirklich, weil sich die SPÖ über einen einstimmigen
Gemeinderatsbeschluss hinweggesetzt hat. Da stand nicht drinnen: Im Dezember
ist Sendepause, im Jänner geht es ein bisschen weiter, und dann machen wir, was
wir wollen, sondern es stand ein Mediationsverfahren drinnen, geführt von der
Wiener Umweltanwaltschaft. Lesen Sie die Aussendung der Wiener
Umweltanwaltschaft. Da steht drinnen: "Unter den herrschenden
Rahmenbedingungen war nicht mehr möglich als dieses."
Aber jetzt noch einmal
dazu, wie die Agenda-Gruppe diese von Ihnen so nett moderierten beziehungsweise
mediierten – sagen wir einmal – Verhandlungen sieht, und zwar zur
Mediationsgeschichte: "Das zentrale Charakteristikum der Ergebnisoffenheit
war bei den Verhandlungen nicht gegeben: Durch die Mediatoren wurde
ausdrücklich vermittelt, sollte es im Rahmen der Gespräche zu keiner Einigung
kommen, würde das alte Plandokument unverändert realisiert werden."
Frage: Wer regiert die
Stadt – die BIG oder die SPÖ? Das ist eine zentrale Frage, Herr Kollege
Driemer. Das sollten Sie sich überlegen für den Planungsausschuss.
Nächster Punkt: "Eine
Mitsprache an der Auswahl der Mediatoren" – und das ist ganz wichtig bei
einem jeden Mediationsprozess – war nicht gegeben – die Beiziehung einer von der
Agenda-Gruppe vorgeschlagenen Mediatorin wurde kategorisch abgelehnt." –
Das nennt man anderswo ganz anders.
Der dritte Kritikpunkt,
und zwar von der Gruppe, mit der Sie einen Kompromiss abgeschlossen haben,
heißt: "Darüber hinaus wurde der Rahmen für die 'moderierten Gespräche'
zeitlich sehr begrenzt, bis Dezember sollte eine Lösung gefunden werden. Dieser
Zeitdruck erschwerte die Rücksprachemöglichkeiten innerhalb der
BürgerInnengruppen erheblich."
Jetzt schauen wir uns
einmal die anderen Beteiligten an. Dort sitzt für die MA 21 die
Frau Nausch. Glauben Sie wirklich, dass die Frau Nausch das Pouvoir hatte,
allein für die MA 21 zu entscheiden? Ohne Rücksprache? Also im Wiener
Jargon heißt es normalerweise, das kann man unter Wasser erzählen. Niemand
glaubt das! Die BIG und die Herren dort können niemals allein bestimmen, aber
die Bürgerinitiative, die musste. Da ging es nicht anders.
Ein wichtiger weiterer
Punkt: "Weitere Interessensgruppen ..." Und da ist es jetzt
ganz, ganz wichtig festzuhalten: Sie haben nur zwei Interessengruppen
zugelassen. Was ist das für ein Mediationsverfahren? Das ist ein Schmafu! Es
ist nicht einmal ein moderiertes Gespräch, es sind Diktatverhandlungen. So
macht man Diktate! Am Schluss kommt heraus: Friss Vogel oder stirb! Ein
unmögliches Verhalten der SPÖ in Wien! So kann man nicht umgehen mit
Bürgerbeteiligung und vor allem nicht dann, wenn man es noch groß
herausstreicht.
Noch einmal: Die politische Vorgabe war: Entweder ihr
stimmt zu oder es passiert sowieso!
Dann gehen die Grünen
hinaus und sagen, die SPÖ hat die BürgerInnen an der Nase herum geführt. Und
das war noch ganz freundlich von mir, dass ich das nur so gesagt habe. In
Wirklichkeit werde ich der Hellseherei bezichtigt. Der Herr Stadtrat hat am
selben Tag, nachdem das letzte Gespräch stattgefunden hat, eine
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