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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 122

 

Nicht-EU-Bürger.

 

Ich möchte ganz kurz auch das darlegen: Es ist nun einmal so, dass die österreichische Bundesverfassung hier Schwerpunkte festgesetzt hat. Man könnte also nur mit einer Verfassungsänderung dieses Wahlrecht nach unserer Meinung durchsetzen, anders ist das nicht möglich. Warum? - Weil die österreichische Bundesverfassung natürlich vom Bundesvolk, vom Landesbürger und Staatsbürger spricht, nämlich als den Souverän. Das heißt, dass das Wahlrecht für Bund, Länder und Gemeinden einheitlich festgelegt ist, indem es an die Staatsbürgerschaft beziehungsweise an die Gegenseitigkeit angelehnt ist, wie das in der Europäischen Union der Fall ist, wo EU-Bürger, die hier eine Hauptwohnsitz haben, selbstverständlich auch in der Gegenseitigkeit auf Bezirksebene ein Wahlrecht besitzen, genauso umgekehrt ein Österreicher, der in ein anderes EU-Land übersiedelt und dann dort hauptwohngemeldet ist, auf Bezirksebene ein Wahlrecht genießt. Es beinhaltet letztlich auch die Gebietskörperschaften, was entscheidend ist, denn würde man dieses fundamentale Recht des aktiven und passiven Wahlrechts aus dem Staatsbürgerschaftsrecht herausnehmen, dann käme es zu einem Missverhältnis von Rechten und Pflichten gegenüber den Gebietskörperschaften, nämlich von mehr Rechten und weniger Pflichten.

 

Das Wahlrecht ist eben Ausdruck und Akt des Souveräns, die Identität letztlich auch der Bevölkerung, der Staatsbürger, wie das auch dargelegt ist, und das ist eben etwas, das man nicht so ohne weiteres antasten sollte.

 

Deshalb haben wir hier eine klare Meinung, haben in der Vergangenheit klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass wir so etwas in einer Bundesregierung über den Ministerrat zu Fall bringen würden, letztlich auch den Verfassungsgerichtshof anrufen würden.

 

Ich denke, wenn Sie jetzt eine Nachdenkpause einlegen, dann wäre das schön und wünschenswert. Sie sollten auf alle Fälle bei so einer einschneidenden Entscheidung die Bevölkerung befragen, und da werden wir auch weiterhin klar und deutlich für eine Volksabstimmung eintreten. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau GRin Tomsik, bitte.

 

GRin Josefa Tomsik (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Unsere Nachdenkphase ist zu Ende. Ich kann Ihnen hier mitteilen - die Einladungen werden noch ausgesprochen -, dass wir im Wiener Landtag am 13. Dezember das Wahlrecht für alle einbringen werden. Somit ist die Nachdenkphase zu Ende, und ich sage es Ihnen gleich, dass Sie nicht noch mehr nachdenken müssen, weshalb Sie ein Wahlrecht für alle hier ablehnen. Ich meine jetzt für alle, die halt hier wählen gehen sollen, das sind nicht nur die 16-Jährigen, sondern auch die Menschen ausländischer Herkunft, die ihren Wohnsitz seit mehr als fünf Jahren in Wien haben. Hier wird es noch eine Nachdenkphase geben, ob man sagt ununterbrochen oder sieben Jahre und vielleicht nicht ununterbrochen. Das ist das Einzige, Herr Kollege Strache, wo wir noch nachdenken, wie das sein sollte.

 

Wenn Kollege Strache hier den Integrationsvertrag anführt und sagt, die Wähler haben ihm Recht gegeben, dann muss ich Ihnen sagen, aber vielleicht merkt man sich das halt nicht so gut: In Wien und im Burgenland und auch zum Teil in Kärnten haben die Wähler diesen Integrationsvertrag nicht so angenommen, wie Sie das meinen. Vielleicht sind es die zwei Bundesländer und das dritte, das ist sozialdemokratisch jetzt auch wieder an erster Stelle, dass dort Menschen mehr nachdenken als vielleicht Sie oder einige von uns hier in diesem Hause. Dass ein Integrationsvertrag nur dann ein Vertrag sein kann, wenn zwei Partner sind, das brauche ich Ihnen wahrscheinlich nicht zu sagen, Sie wissen das sehr genau.

 

Und wenn in diesem Integrationsvertrag vor allem auf den Spracherwerb Wert gelegt wird, von dem Sie ja meinen, dass das das Wichtigste ist, dass der Spracherwerb sein muss, nicht kann oder soll, sondern sein muss, sonst wird der ausländische Mitbürger, der hier arbeitet, hinausgeworfen, so habe ich unlängst ein Gespräch mit einem Wissenschaftler über Sprachforschung geführt. Der Geschäftsführer des Integrationsfonds ist mein Zeuge. Wissenschaftler meinen, eine Sprache kann man lernen in 3 000 Stunden und nicht in 100 Stunden. Und ich glaube, Norwegen ist das einzige Land, das den Spracherwerb so anbietet, dass man sagt: Dann kann jemand die Sprache genau lernen.

 

Natürlich wird es sehr wichtig sein, dass wir sagen, Sprachgebrauch ist etwas Wichtiges, dass man nicht stumm ist, denn hier kommt nämlich auch dann das Wahlrecht dazu.

 

Wenn Sie hier die Frauen so beweinen, die Migrantinnen-Frauen, die ja in den eigenen Familien so überhaupt nichts zum Reden haben oder nur zu Hause etwas reden dürfen und da wahrscheinlich keine politischen Dinge, dann möchte ich nur sagen: Frauen insgesamt, und ich wollte vor allem nur über unsere Frauenprojekte sprechen, wer, wenn nicht wir, haben vor zehn Jahren ein Frauenbüro - vor mehr als zehn Jahren - bei der Stadt Wien errichtet?

 

Wer, wenn nicht er, war schuld daran, dass es ein Frauenministerium nach drei Jahrzehnten nicht mehr gibt, sondern ein Männerministerium installiert wird? (GR Dr Helmut GÜNTHER: Aber einen Frauenminister!)

 

Wer, wenn nicht wir, haben hier auch wirklich alles dazu beigetragen, dass alle Frauen in dieser Stadt, egal von wo sie herkommen, lernen können, besser qualifiziert sind und hier eine bessere Berufsausbildung haben?

 

Wer, wenn nicht er, war auch zuständig, dass zum Beispiel Subventionen für verschiedene Fraueninitiativen gestrichen wurden, weil sie ach so unnütz sind?

 

Wer, wenn nicht wir, haben auch die Kosten des Bundes übernommen, damit Fraueninitiativen weiter bestehen können, die für alle Frauen, die in dieser Stadt wohnen, aufgemacht werden? (Beifall bei der SPÖ.)

 

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