Gemeinderat,
20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 106
Bezirke nicht weniger, sondern mehr werden! Wir stellen aus
diesem Grund zunächst einmal zur Post 44 einen Abänderungsantrag, welcher
beinhaltet, dass der Antragstext für die zu gewährende Zuweisung an die Bezirke
folgendermaßen lauten soll:
"Für die bauliche Instandhaltung der Kindertagesheime
und allgemein bildenden Pflichtschulen wird für das Jahr 2003 im Sinne des
Magistratsberichts, ausgenommen der darin festgelegten Höhe der Zuweisung an
die Bezirke, eine Zuweisung an die Bezirke in der Höhe von 6 Millionen EUR
genehmigt.
Für die Bedeckung dieses Erfordernisses ist im Voranschlag
des Jahres 2003 Vorsorge zu treffen."
Wir glauben, dass dies eine Erstmaßnahme ist, die
notwendig ist. Wir werden auch dem Antrag, den die Volkspartei einbringen wird,
auf Erstellung eines Generalsanierungsplans mit einer Dotation von
102 Millionen EUR für den Zeitraum 2003 bis 2007 zustimmen, weil wir
glauben, dass es keine leeren Worthülsen bleiben dürfen, dass Bildung im
umfassenden Begriff - und in der Bezirkskompetenz umfasst dies eben unter
anderem die Pflichtschulen und die Kindertagesheime - gefördert werden soll,
dass auch die baulichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen und dass
neben diesen baulichen Voraussetzungen noch genug Spielraum übrig bleibt, um in
diesen beiden Bereichen für die Schüler und Schülerinnen, für die
Kindergartenkinder tatsächlich Fortschritte sicherzustellen. Das ist unbedingt
notwendig, aus diesem Grund bringen wir unseren Abänderungsantrag ein.
Wir
werden einem zweiten Antrag, den die Volkspartei einbringen wird, nicht
zustimmen, und ich möchte vorweg erläutern, warum wir das nicht tun. Dieser Resolutionsantrag
vermischt unseres Erachtens verschiedene Formen. Da ist zum Beispiel zu lesen:
Der Wiener Gemeinderat bekennt sich zu einer bürgernahen Verwaltung und einer
damit verbundenen Stärkung der Bezirksautonomie. - Ja, die bürgernahe
Verwaltung ist selbstverständlich, ganz klar! Aber was bedeutet
"Bezirksautonomie"? Ich denke, das ist eher ein Irrtum, und es sollte
"Bezirksdemokratie" dort stehen, oder es sollte "Dezentralisierung"
dort stehen, "verstärkte Dezentralisierung". Aber niemand will doch
eine Situation wie in Brüssel, wo es 14 autonome Bezirke gibt und die
Straßenbahn in Schlangenlinien hin- und herfährt, weil der eine Bezirk sagt:
Nein, durch meinen Bezirk fährt keine Straßenbahn! Ich glaube, es geht um die
Zusammenarbeit der Bezirke, es geht um Dezentralisierung, und es geht darum,
gerade auf Bezirksebene die Möglichkeit der Teilhabe von Bürgern und
Bürgerinnen an der Gestaltung ihrer Umwelt ernsthaft zu fördern. Das ist unseres
Erachtens der entscheidende Ansatzpunkt im Bereich der Bezirksdemokratie.
Der
dritte Punkt: Die ÖVP fordert und setzt sich dafür ein, den Bezirken im Sinne
dieses Bekenntnisses zusätzliche Kompetenzen zu übertragen, "wo es
sinnvoll ist". Bitte, was bedeutet denn das? Entweder schreibe ich das
hin, von dem ich als Volkspartei glaube, dass es sinnvoll ist, und dann können
alle anderen darüber mitdiskutieren. Aber eine Generalkompetenz zu verlangen -
zu sagen, wir wollen Kompetenzen übertragen, "wo es sinnvoll ist" -
und dann eine sofortige Abstimmung darüber zu verlangen, ist unseres Erachtens
absurd.
Wir
sind jederzeit gerne bereit, mit Ihnen über weitere Möglichkeiten der
Dezentralisierung zu diskutieren. Wir sind jederzeit gerne bereit, die
bisherige Dezentralisierung zu bewerten und zu überlegen, wie wir in puncto
Teilhabe und BürgerInnen-Mitgestaltung mehr Möglichkeiten für die Bevölkerung
sicherstellen können. Aber bitte nicht mit einem Antrag, der an
Oberflächlichkeit und Schwammigkeit nicht zu überbieten ist! - Ich danke Ihnen
sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende
GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau
StRin Dipl Ing Dr Rothauer gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
StRin
Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die
technokratische und finanztechnische Begründung für die Herabsetzung der
Bezirksmittel geht aus dem Akt hinreichend hervor. Daher brauche ich das nicht
mehr im Detail zu behandeln, wiewohl Herr Klubobmann Oxonitsch nicht müde wird,
mir über die Presse immer wieder auszurichten, dass ich das offensichtlich
nicht genau kenne, weil ich die Vorgangsweise schlecht mache, ohne die neuen
Rahmenbedingungen wirklich zu kennen. Ich glaube, wirklich sagen zu können,
dass hier in diesem Haus oder in diesem Raum niemand ist, der zu den
15 Prozent der Bevölkerung gehört, die nicht lesen können - Gott sei Dank!
Wir haben das sehr wohl genau studiert und genau gelesen.
Finanztechnisch
kann man das durchaus so sehen, wie Sie es sehen und wie es im Akt dargestellt
ist. Politisch ist es falsch, meine sehr geehrten Damen und Herren, und daher
werden wir dem selbstverständlich nicht zustimmen! (Beifall bei der ÖVP.)
Es
ist erstens ein ganz schwerer Rückschlag für die eingeschlagene Dezentralisierungspolitik.
Ich darf nicht ohne Stolz erwähnen, dass hier in der vorigen Periode, in der
Zeit der Koalitionsregierung mit der ÖVP, wesentliche Fortschritte erzielt wurden.
Das hätte nicht das Ende gewesen sein sollen, sondern in dieser Art und Weise
wurde noch einiges angepeilt, was jetzt offensichtlich nicht nur nicht
verwirklicht wird, sondern wo wieder die Gangschaltung nach rückwärts eingelegt
wird.
Es
besteht kein Zweifel daran, dass durch Dezentralisierungsmaßnahmen in den
letzten Jahren die Bezirke auch beweisen konnten, dass es richtig war, die
Bezirke mit mehr Bürgernähe und Verwaltungseffizienz zu betreuen. Wenn also die
weitere Aufwertung und Stärkung der Bezirke und die Ausweitung ihrer Kompetenz
mehrfach angekündigt war, dann ist das natürlich nur als scheinheiliges Lippenbekenntnis
oder nicht einmal als das zu bezeichnen, wenn auf der anderen Seite die
Budgetmittel dafür überhaupt nicht zur Verfügung gestellt werden!
Wenn Sie mir darauf sagen, dass der Gürtel durchwegs enger
geschnallt wird und das Budget sich nicht
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular