Gemeinderat,
20. Sitzung vom 25.10.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 106
wenngleich ich es für sehr bedauerlich halte, dass es nicht,
bevor wir über Bezirksbudgets und über Zuweisungen diskutieren, eine inhaltliche
Auseinandersetzung dazu gibt, und so der Finanzpunkt dafür herhalten muss.
Ich war selbst, glaube ich, elf Jahre Bezirksrat in
der Josefstadt und schon damals im Finanzausschuss. Das Interessanteste dabei
war - und ich denke, da geht es den anderen Bezirken nicht anders -, dass es
sich bei den Bezirksbudgets über weite Bereiche um so genannte
Magistratsbudgets handelt. Denn der mit Abstand größte Teil der finanziellen
Mittel, die den Bezirken zur Verfügung gestellt werden, wird in der Regel für
tatsächlich Notwendiges durch die jeweiligen Magistratsabteilungen verplant.
Vieles, was in den letzten Jahren im Bereich der Dezentralisierung besprochen
wurde, ist in Wirklichkeit, wenn man es näher betrachtet, in vielen Bereichen
eine Augenauswischerei. Die realen Kompetenzen der Bezirksvertretung sind auf
ein Minimum beschränkt. Der Bezirksvorsteher, die Bezirksvorsteherin hat in weiten
Bereichen sogar erheblich mehr Kompetenzen als das Gremialorgan. Insofern wäre
eine weitere Mittelreduktion - und die Begründung dafür werde ich Ihnen gleich
nachliefern - ein weiterer Schritt zu einer noch stärkeren Einengung der
Möglichkeiten, die man als Bezirksvertretung unseres Erachtens zumindest haben
sollte.
Denn wir stehen zu einer Dezentralisierung. Wir stehen
zu der Übertragung bestimmter Aufgaben an die Bezirke. Wir glauben jedoch, dass
es falsch ist, diese Aufgaben nur scheinbar zu übertragen. Das heißt, es geht
um Bereiche wie den Bereich Kultur. Es geht selbstverständlich auch um
Weiterentwicklungen in wohnortnahen Grünraumanlagen, seien es Parkanlagen,
seien es in manchen Bezirken größere Parks, seien es Spielplätze.
Selbstverständlich soll die Bevölkerung auch im Verkehrsbereich
mitsprechen können. Das unterscheidet uns nämlich im Bereich der
Dezentralisierung und Demokratisierung innerhalb der Bezirke von den anderen
Fraktionen, dass wir, wenn wir von Demokratie sprechen, nicht nur die
Mitglieder der Bezirksvertretung meinen, sondern eine enge Miteinbeziehung der
Bevölkerung in die Entscheidungsprozesse der direkten Umgebung. Es ist dies in
der Regel ein Grätzel, oder es ist der Bezirk, je nach Größe des Bezirks. Man
kann wirklich nicht sagen, dass man da alles über einen Kamm scheren kann.
Doch um diese Beteiligung der Bevölkerung zu gewährleisten,
bedarf es auch einer finanziellen Ausstattung der Bezirke. Da kann man nicht
den Großteil der zur Verfügung stehenden Mittel für notwendige Maßnahmen
verwenden müssen - ich sage noch einmal dazu: Magistratsbudgets -, sondern da
muss man die Finanzmittel bereitstellen, die Demokratie gewährleisten, und man
muss die Finanzmittel bereitstellen, dass man dann in den übertragenen Bereichen
tatsächlich etwas machen kann, im Bereich Kultur, im Bereich Information,
teilweise im Bereich Bildung, Spielplätze - ich möchte jetzt nicht noch einmal
all das aufzählen, wo möglicherweise eine echte Kompetenz für die Bezirke
vonnöten wäre.
Doch was passiert? - Es passiert seit Jahren ein minimaler
Anstieg der Bezirksmittel. Seit Jahren kommt es zu explodierenden Kosten vor
allem im Bereich der baulichen Instandhaltung der Kindertagesheime und Schulen.
Gleichzeitig sollen jetzt sogar die Mittel für das Jahr 2003 gekürzt werden.
Zunächst haben wir geglaubt, mit der lokalen Agenda 21
zeigt sich auch das Interesse an BürgerInnen-Beteiligung und -Mitsprache. Wie soll
denn das funktionieren, wenn dafür keine Mittel zur Verfügung gestellt werden
können, weil diese Mittel nicht mehr vorhanden sind? - Das ist eine Illusion,
und es konterkariert viele Ansätze.
Erst gestern wurde in "Diagonale" in
Ö 1 wieder einmal über Möglichkeiten einer partizipativen
Budgetge-staltung berichtet, über Möglichkeiten, wie man über dieses Modell
Menschen wieder dafür gewinnt, sich an Politik zu beteiligen, Interesse an
ihrer direkten Lebensumgebung wahrzunehmen und über diesen Umweg auch bei
größeren, entscheidenderen Fragen wieder politischer zu agieren, als dies in
der Vergangenheit der Fall war. Mitgestaltung und BürgerInnen-Beteiligung
gerade im Bezirk ist auch ein Zeichen gegen Politikverdrossenheit. Daher dürfen
insbesondere auf dieser Ebene die Bezirksmittel unseres Erachtens nicht gekürzt
werden. (Beifall der GRin Dr Monika Vana.)
Wir werden daher der Post 40, welche real eine
Kürzung um 6,5 Millionen EUR vorsieht - längerfristig kann es natürlich
noch erheblich mehr sein, weil die Kennzahlen im Bereich der Kommunalsteuer und
Dienstgeberabgabe verändert werden -, nicht zustimmen. Denn gerade solche
prozentuelle Kürzungen beinhalten in beiden Seiten das Risiko. Gehen
Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe weiter zurück, dann bekommen die Bezirke
automatisch noch viel weniger Geld, obwohl ihre Aufgaben nicht kleiner, sondern
eigentlich mit jedem Jahr größer werden. Steigen jedoch Kommunalsteuer und
Dienstgeberabgabe, verlieren die Bezirke den ihnen jetzt zustehenden Anteil.
Was Sie in die Begründung für die Kürzung mit hineinschreiben,
zeigt auf der anderen Seite, dass diese Diskussion zum Teil um ein Jahr
verspätet erfolgt. Denn die wirklichen Kürzungen haben schon im Jahr 2002
stattgefunden. Es kam - wie ausführlich dargestellt - nicht von ungefähr, dass
es keine Zuweisungen für die bauliche Instandhaltung von Kindertagesheimen und
Schulen im Jahr 2002 gegeben hat. Wenn man sich in den Bezirken, bei
Bezirksvertretern und Bezirksvertreterinnen und auch bei den Bezirksvorstehern
und Bezirksvorsteherinnen umhört, dann klagen nach wie vor viele darüber, dass
es einer dramatischen Erhöhung dieser Zuweisungen und der Bezirksmittel
bedürfen würde, um endlich einmal unsere Schulen und Kindertagesheime baulich
sinnvoll instand zu setzen und anzupassen, anzupassen an Veränderungen im
Schulwesen, anzupassen auch an Veränderungen im Bereich der Kindertagesheime,
an Fortschritte, die sich entwickelt haben.
Was macht die Wiener Sozialdemokratie? - Sie kürzt diese
Beträge, obwohl, wie gesagt, die Fixausgaben der
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