Gemeinderat,
19. Sitzung vom 26.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 70
wieder auf ein sozial verträgliches Maß herabsetzen werde.
Ich glaube, Sie kennen mich lange genug, um zu wissen, wenn ich dem Gemeinderat
einen Akt zur Beschlussfassung vorlege, dass dieser sehr gut überlegt und aus
meiner Sicht auch sozial sehr ausgewogen ist.
Ich
kann Ihrer Argumentation daher überhaupt nicht folgen und sage Ihnen daher,
dass ich nicht die Absicht habe, dem Gemeinderat einen neuerlichen Akt zur Beschlussfassung
vorzulegen, der sich mit einer Veränderung der jetzt festgelegten
Kindergartenbeiträge beschäftigt.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke. - Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Ingrid Lakatha
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Stadträtin!
Ich
müsste lügen, wenn ich sage, dass ich eine andere Antwort von Ihnen erwartet
habe, ja! Es ist aber sicher nicht sozial verträglich, ja! Und wenn Sie sagen,
es sind zum Teil auch minimale Erhöhungen, so haben Sie und ich einen Brief
bekommen von einer Alleinerzieherin, die ein Einkommen von 11 400 S
hat und wo man ihr erklärt hat, es ist eine minimale Erhöhung und sie muss
531 S mehr zahlen. Ich sage das jetzt bewusst in Schillingen, weil wir da
noch ein bisschen mehr wissen, was es ist.
Frau
Stadträtin, Vollzahler beginnen ab 2 170 EUR, das sind fast
30 000 S. Es ist erwiesen, dass die monatlichen Verbrauchsausgaben
für private Haushalte bei 2 437 EUR, also etwa bei 33 000 S
liegen. Ab dem Vollzahlereinkommen, das Sie augenscheinlich als mittelständiges
Einkommen betrachten, ist meine Fraktion der Meinung, dass eine Familie mit
einem Nettoeinkommen von etwa 30 000 S garantiert nicht dem
Mittelstand angehört, sondern sich eher an der Armutsgrenze befindet. Denn wenn
vier Leute zum Beispiel von so einem Gehalt leben müssen, ist es bestimmt etwas
anderes, als wenn es zwei Personen sind.
Meine
Frage an Sie, Frau Stadträtin, ist die: Sind Sie wirklich der Meinung, dass man
eine Familie mit einem Einkommen von etwa 30 000 S nicht unterstützen
muss, weil sie Ihrer Meinung nach dem Mittelstand angehört?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
VBgmin Grete Laska:
Ich bedanke mich sehr für den Hinweis der Aufschlüsselung der Kosten für die
Familien. Hätte mich gefreut, wenn Sie hier noch mehr ins Detail gegangen
wären, dann hätte man nämlich genau gesehen, welche Belastungen die Familien in
den letzten zweieinhalb Jahren durch die Erhöhung von Steuern, Abgaben, sonstigen
Kosten, die eine solche lange Liste bildet, die ich Ihnen jetzt gar nicht
vorlegen will (GR Johannes Prochaska:
Aber geh!), und wodurch sich natürlich
auch die Belastung ergeben hat.
Wir haben im Gegensatz dazu mit sehr viel Augenmaß (GR Johannes Prochaska: Aber bitte!), und ich brauche Ihnen das nicht alles
sagen, weil wenn Sie den Akt gelesen haben, wovon ich ausgehe, dann wissen Sie
genau, dass sich die Erhöhungen teilweise unter dem Index befinden und sich
teilweise durch die Veränderung der Aufenthaltsmöglichkeiten, wie dem
Zweidrittel-Kindergarten, für die Familien eine entscheidend verbesserte
Situation ergeben hat. Und da gehe ich auch noch gar nicht darauf ein, dass wir
in Wien, und das beweisen alle Statistiken, egal von wem sie gemacht werden,
selbst von denen, die so orientiert sind, dass Wien einfach nicht gut sein
darf, aber gerade bei den Kinderbetreuungsplätzen kann man darüber einfach
nicht hinwegsehen, dass sehr viele, oder eigentlich alle anderen Bundesländer,
froh wären, wenn sie diese Kinderbetreuungszeiten hätten und die damit verbundenen
natürlich auch zu entrichtenden Entgelte, aber auch die damit verbundene soziale
Staffelung.
Ich
meine, dass unser System ein gutes ist. Wir haben mit der Erhöhung der Grenze
auf 1 000 EUR - und daher stimmt Ihr Beispiel mit der
Alleinerzieherin nicht, das haben wir auch dementsprechend dargelegt - und auch
mit der Berücksichtigung von mehreren Kindern in der Familie ein System, das
sozial gestaffelt auch gerechtfertigt ist. Grenzen kann man immer ziehen und
diejenigen, die sich an Grenzen, wo dann höhere Beiträge zu zahlen sind,
befinden, werden immer unzufrieden sein.
Ich meine, dass wir mit dem Wiener System ein flächendeckendes,
ein gutes und vor allem auch ein familiengerechtes haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke schön. - Herr GR Ing Rudolph, bitte.
GR Ing Herbert Rudolph (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vizebürgermeisterin!
Sie haben jetzt in Ihrer Anfragebeantwortung
auf eine Flut von Gebührenerhöhungen hingewiesen. Ich danke Ihnen schön für den
Hinweis. Es erinnert uns alle hier im Haus daran, dass es ja die Sozialdemokratie
hier in diesem Hause war, die die Wienerinnen und Wiener in dem letzten Jahr
eben mit einer Flut von Belastungen überzogen hat, darunter eben auch diese
Erhöhung der Kindergartenbeiträge. Sozialpolitik ist Gesinnungspolitik, keine
Frage. Und wie man es mit Kindern hier in der Stadt hält, kann man natürlich
auch an der Tarifpolitik für die Kindertagesheime ablesen.
Und daher frage ich Sie, vielleicht können
Sie doch in sich gehen und sich an dem orientieren, was auch woanders möglich
ist, nämlich, dass man den Besuch des Kindergartens an sich kostenfrei stellt?
Ich glaube, dass das eine grundsätzliche Haltungsänderung wäre, die auch einem
Prinzip zum Ausdruck verhelfen würde, nämlich dass jedes Kind gleich viel wert
ist.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
VBgmin Grete Laska:
Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Wenn Sie das niederösterreichische Beispiel ansprechen, dann
würde ich Ihnen empfehlen, mit jenen Familien zu diskutieren, die nach Wien
kommen und ihre Kinder in Wiener Kindertagesheimen unterbringen wollen, weil
die Öffnungszeiten der Kindertagesheime in Niederösterreich so sind, dass sie
für berufstätige Eltern nicht machbar sind. Darüber hinaus ist der
Kindergartenbesuch dort keinesfalls, wenn man ihn ganztags benötigt,
kostenfrei. Und das System ist insgesamt eines, das als familienergänzende
Einrichtung nicht den Zweck erfüllt,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular