Gemeinderat,
18. Sitzung vom 26.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 74
inakzeptabel finde: "das Historische Museum nimmt
diesen Prozess seiner grundlegenden Umstrukturierung aus einer Position der
Schwäche und der nicht der Stärke in Angriff" -, ist einfach unglaublich
und widerspricht allem, was Herr StR Mailath-Pokorny Herrn Dior Düriegl privat
und öffentlich gesagt hat!
Mit solchen Dingen muss man sich ja auch auseinander
setzen. Wie man über dieses Museum in den letzten Monaten spricht, das würde
man in der Privatindustrie als kreditschädigend bezeichnen. Es ist einfach
unvertretbar, wie hier eine renommierte Institution international heruntergemacht
und beschädigt wird, meine Damen und Herren! Das ist auch nicht zu vertreten gegenüber
den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Hauses, das sich in Jahren und
Jahrzehnten um das Gegenteil bemüht hat! (Beifall
bei der ÖVP.)
Jetzt komme ich - die Redezeit ist ja beschränkt -
auf das zurück, was Frau Unterreiner zu der Kommission gesagt hat. Dort haben
sie ein oder zwei Dinge gemeinsam, nämlich dass keiner praktische Erfahrung im
Museumsbereich hat und dass sie alle politisch mehr als eindeutig zuzuordnen
sind. Da ist nur erstaunlich, dass unter diesen Prämissen nicht auch noch Herr
Gusenbauer eingeladen wurde, dort Mitglied zu sein!
Ein Letztes: Ich glaube, dass es auch mehr als bedenklich
ist, wenn Herr Dior Düriegl einen Brief ohne Briefkopf bekommt, der drei
Unterschriften trägt und in dem steht: "Wir sollen jetzt Ihr Museum
untersuchen." Dann geschieht zunächst nichts, und auf einmal kommt eine
Mitteilung, wonach im Auftrag des Wissenschaftszentrums Wien eine solche Studie
erstellt werden soll. In dem Brief aber steht, es geschieht im Auftrag der
Kulturabteilung der Stadt Wien beziehungsweise des StR Mailath. Keiner kennt
sich also aus, wer eigentlich der Auftraggeber war, und keiner kennt sich aus,
wie dieser Auftrag hätte erfüllt werden sollen. Außerdem ist Dior Düriegl nicht
ein einziges Mal zu einer Stellungnahme zu dieser Evaluierung eingeladen
worden, meine Damen und Herren! Das ist nicht klug, weil er sehr viel weiß und
zu dieser Publikation auch, glaube ich, sehr viel zu sagen gehabt hätte.
Um zum Schluss zu kommen: Ich habe eine ganz andere
Sorge als jene, die hier ventiliert wurde, oder jedenfalls eine zusätzliche,
nämlich dass dieses Museum seine Internationalität und seine weltweite Beachtung
verliert. Tun Sie alles, meine Damen und Herren, dass das nicht der Fall ist
und dass hier nicht dem Provinziellen und dem rein Lokalen das Wort gesprochen
wird, sondern dass wir auch weiterhin Museen der Stadt Wien besuchen können,
von denen wir wissen, dass sie international beachtet und respektiert sind! -
Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Dr LUDWIG zum Wort
gemeldet.
GR Dr Michael LUDWIG (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter
Herr Stadtrat! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Für meine Fraktion und für mich ist einmal eines ganz
unbestritten, nämlich dass Dior HR Dr Düriegl und sein gesamtes Team - alle
Kuratoren, alle Restauratoren, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wissenschaftlichen,
technischen und administrativen Bereich - hervorragende Arbeit geleistet haben
und auch hervorragende Arbeit leisten. Das ist für uns unbestritten!
Dennoch gibt es eine Reihe von Notwendigkeiten, um
sich auf neue Herausforderungen einzustellen. Wir sind Herrn Dr Düriegl dankbar
dafür, dass er uns auch selbst auf diese Dinge aufmerksam gemacht hat, in
vielen Gesprächen und auch Studien, die er verfasst hat, nämlich dass die
Museumslandschaft in völliger Umstrukturierung begriffen ist. Das hat viele
Gründe. Zum Beispiel ist das in der Mobilität der Besucherinnen und Besucher zu
sehen, in der stärkeren Konkurrenz auf internationaler Ebene, in dem größeren
Wettbewerb zwischen den Städten um Besucherinnen und Besucher, aber beispielsweise
auch in der Ausgliederung der Bundesmuseen oder in dem zusätzlichen Wettbewerb,
der durch die Einrichtung des Museumsquartiers entstanden ist.
Es haben sich auch eine Reihe von Rahmenbedin-gungen
völlig geändert. Ich denke zum Beispiel an das Neuentstehen und
Neustrukturieren des Kunstplatzes Karlsplatz, wo eine neue, zeitgenössische
Ausstellungslandschaft mit einer stärkeren Positionierung von Secession und
Künstlerhaus, aber auch Kunsthalle entsteht. In diesen geänderten Rahmenbedingungen
ist es zweifellos sinnvoll und notwendig, auch darüber nachzudenken, wo das
Historische Museum der Stadt Wien auch in Zukunft einen neuen, adäquaten Platz
finden wird.
Die Stadt Wien hat auf diese Veränderungen durch mehr
Flexibilität reagiert. Das war auch der Grund dafür, dass wir im Oktober 2001
hier im Gemeinderat gemeinsam die Ausgliederung des Museums beschlossen haben.
Diese Einrichtung wird seit 1. Jänner dieses Jahres als eine
wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts geführt. Auch hier hat sich Dr
Düriegl große Verdienste bei der Ausgliederung erworben.
Aber da sehe ich schon auch einen Widerspruch, auch
bei Herrn Dr Marboe, dass man auf der einen Seite für die Ausgliederung ist und
sagt: Das Museum soll mehr Flexibilität zeigen, es soll ein Kuratorium geben,
es soll mehr Autonomie für die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter im Museum geben. Da bin ich ganz bei Ihnen. Aber gleichzeitig
bringt man dann im Gemeinderat eine Reihe von Anträgen ein, mit denen man im
Wesentlichen das will, was wir durch die Ausgliederung eigentlich nicht
bezweckt haben, nämlich eine stärkere politische Einflussnahme durch ein
politisches Gremium wie den Gemeinderat. (GRin Marie Ringler: Politische
Verantwortung und Gestaltung!)
Das ist schon ein Widerspruch, den man mir einmal erläutern
müsste: auf der einen Seite mehr Autonomie für die Organisation, gleichzeitig
aber auch zu sagen, wir wollen im Gemeinderat laufend weiter Einfluss darauf
nehmen, wie beispielsweise die Organisationsentwicklung ausschauen soll oder
wie die interne Struktur ausschauen soll. Meine lieben
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