Gemeinderat,
17. Sitzung vom 24.06.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 140 von 145
Den niedergelassenen Bereich haben Sie von der SPÖ
noch nie gefördert. Prävention in einem Ausmaß, dass die nächsten Generationen
tatsächlich davon profitieren werden, haben Sie in Wien auch noch nie
durchgeführt. Ihre Gesundheitspolitik war und ist ausgerichtet auf
Apparatemedizin, Ambulanzen und Spitäler. Und wenn Sie jetzt die Spitäler
kaputt sparen, was bleibt dann noch übrig?
Sehr geehrte Damen und Herren! Die sozialistische
Gesundheitspolitik ist am Ende, weil Sie nicht Haus halten können, weil Sie
nicht steuern, weil Sie Reformen blockieren und verhindern. Das ist die
traurige Bilanz, die sich in diesem Rechnungsabschluss wieder findet.
Wir Freiheitliche werden diesem Rechnungsabschluss
nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau GRin Dr Laschan hat sich zum Wort gemeldet. Ich
erteile es ihr.
GRin Dr Claudia Laschan
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte
Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wenn man meiner Vorrednerin jetzt zugehört hat, ohne
zu wissen, wo man sich befindet, könnte man glauben, es handelt sich um einen
Bericht über die Waneck’sche und Haupt’sche Gesundheitspolitik in Österreich.
Aber wir befinden uns hier in Wien, und ich werde versuchen,
sozialdemokratische Gesundheitspolitik zu skizzieren, nämlich ausgehend von
einem Gesundheitsbegriff, der nicht nur das Freisein von Krankheit beschreibt,
sondern auch psychisches und soziales Wohlbefinden ist aus meiner Sicht
Gesundheitspolitik, vor allem Sozialpolitik, und nicht das Herumschieben von
irgendwelchen Krankenkassenüberschüssen von Bundesland zu Bundesland. (Beifall bei der SPÖ.)
So wie Politische Bildung Unterrichtsprinzip an
unseren Schulen ist, ist die soziale Frage oberstes Prinzip
sozialdemokratischen Handelns. Hier unterscheiden wir uns grundsätzlich von
anderen, die zum Beispiel ein so genanntes Nulldefizit zum obersten Prinzip
ihres Handelns gemacht haben, zum Schaden der Menschen.
Die Wiener Rechnungsabschlussdebatte gibt
Gelegenheit, aufzuzeigen, dass sozialdemokratische Gesundheitspolitik die
Menschen in den Mittelpunkt stellt und dass sozialdemokratische Politik die
Voraussetzungen für physisches, psychisches und soziales Wohlergehen der
Bevölkerung schafft.
Erstes Beispiel: die Wiener Drogenpolitik. (StRin Karin Landauer: Oh je!) Das Thema
Sucht ist ein differenziertes Problem - offensichtlich für Sie nicht - mit
multifaktorellen Ursachen und erfordert daher differenzierte Lösungsansätze.
Der Fonds "Soziales Wien" ist
hervorgegangen aus der Wiener Drogenkoordination und umfasst alle Aktivitäten
in Sachen Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe der Stadt Wien: das Institut
für Suchtdiagnostik als Kompetenzzentrum, als Sachverständigenstelle zur
Begutachtung und Weiterleitung von Klientinnen und Klienten in eine
weiterführende Betreuung, das Institut für Suchtprävention, das für die
Koordination und Qualitätssicherung präventiver Maßnahmen zuständig ist, das
Projektcenter des Fonds "Soziales Wien" mit den einzelnen konkreten
Projekten, ich nenne nur zwei, zum Beispiel "Kontakt" als Spitalsverbindungsdienst
oder das "Team Focus", das Erhebungen zur sozialen Situation von
Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Wien durchführt.
Die Aufgaben der Wiener Drogenpolitik sind die
Förderung von Projekten der Prävention, Integration, Rehabilitation, Behandlung
und Betreuung von Suchtgefährdeten und Suchtkranken. Die Förderung der
Behandlung und Betreuung von Personen in stationären Einrichtungen der
Suchkrankenhilfe und die Durchführung und Initiierung von wissenschaftlichen
Studien zur Erarbeitung von Grundlagen und Entwicklung innovativer Ansätze und
die Unterstützung regionaler Vernetzungs- und Kommunikationsinitiativen.
Grundsatz dieser Maßnahmen ist, dass der Konsum aller
Drogen aus gesundheitspolitischer Sicht abzulehnen ist.
Ziel der Wiener Drogenpolitik ist Suchtprävention,
Integration der Arbeit mit Drogenabhängigen in das soziale und medizinische
Netz der Stadt und Integration von Suchtgefährdeten und Süchtigen in die
Gesellschaft.
Demgegenüber steht die Haltung der FPÖ zur
Drogenfrage, die immer, wenn es um das Thema Drogen geht, als Quintessenz den
Ruf nach mehr Polizei erschallen lässt, obwohl sie selber in einer Koalition
ist mit einer Partei, die Personal reduziert bei der Polizei. Sie sind alle
betroffen. Ich komme auf die ÖVP auch noch zu sprechen.
ÖVP-Vorschlag: Änderung der Straßenverkehrsordnung,
indem Drogenschnelltests gefordert werden. Das ist ein Kukacka-Vorschlag, der
an Aussagekraft und Sinnhaftigkeit von den meisten Experten negiert wird. Hier
handelt es sich offensichtlich, wie so oft, um eine Anlassgesetzgebung. Man
will den Eindruck erwecken, handlungsfähig zu sein.
Peter Hacker hat einmal in einer hitzigen
Drogendiskussion auf die Frage, wieso denn die Stadt Wien für die paar
Süchtigen so viel Geld ausgibt, gesagt: Der Zivilisationsgrad einer
Gesellschaft lässt sich daran messen, wie sie mit ihren Randgruppen umgeht. Und
dieser Meinung schließe ich mich an. (Beifall
bei der SPÖ.)
Die Wiener Drogenpolitik ist beispiellos in ihrer
Fülle an Maßnahmen und in ihrer Differenziertheit und Professionalität.
Zweites Beispiel: die psychiatrische Versorgung in Wien. Vor
dem Hintergrund der Gräueltaten, die Angehörige des widerlichen NS-Regimes auch
an Wiener Psychiatriepatienten verübt haben, gewinnt die Psychiatriereform noch
mehr an Bedeutung. Wir haben in Wien ein vernetztes Betreuungssystem, bei dem
stationär und ambulant vorgegangen wird. Nach
dem Prinzip Ambulanz, vorstationär, wohnortnahe Organisation Psychiatrischer
Dienste werden psychiatrisch und psychisch Kranke in die Gesellschaft
integriert und nicht in Anstalten
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